# taz.de -- Neue Wasserstraße in Mittelamerika: Nicaragua will eigenen Panamá-Kanal
       
       > Das Parlament in Managua segnet das Bauvorhaben ab. Ob sich das
       > Mammutprojekt rentieren wird, ist zweifelhaft. Aber dem Nachbarn Costa
       > Rica zeigt man damit die Zähne.
       
 (IMG) Bild: Oh, wie schön ist Panama! Nicaragua will nachziehen, mit einem eigenen Kanal.
       
       Seit über 200 Jahren träumt Nicaragua diesen Traum – und er ist immer
       wieder geplatzt. Jetzt soll das verwegene Vorhaben Wirklichkeit werden: In
       der Nacht zum Mittwoch beschloss das Parlament in Managua, eine eigene
       künstliche Wasserstraße in Konkurrenz zum Panamá-Kanal zu bauen. Bereits
       2019 soll das Mammutprojekt vorläufig in Betrieb gehen, 2023 voll
       funktionsfähig sein. 30 Milliarden US-Dollar darf der Kanal zwischen
       Atlantik und Pazifik kosten. 51 Prozent der Kanalanteile werden dem Staat
       gehören, 49 Prozent können an Privatinvestoren oder Partnerländer verkauft
       werden. So steht es in dem mit 85 von 91 möglichen Stimmen verabschiedeten
       Gesetz.
       
       Bislang ist allerdings noch nicht einmal klar, wo der Kanal verlaufen soll.
       Sechs mögliche Routen hat die Regierung identifiziert, festgelegt ist sie
       noch nicht. Am wahrscheinlichsten ist der Weg vom Nicaraguasee über den Río
       San Juan ins karibische Meer. Diese rund 250 Kilometer lange Route würde
       einen Durchstich vom Nicaraguasee in den Pazifik erfordern – nicht mehr als
       20 Kilometer. Dazu kämen Schleusen, um die Schiffe auf den in 31 Meter Höhe
       gelegenen See zu heben, sowie ein Ausbau des Río San Juan, in dessen
       Verlauf man heute wilde Stromschnellen und romantische Wasserfälle
       passiert.
       
       Unklar ist, wo das Geld herkommen soll. Nicaragua ist das nach Haiti ärmste
       Land des Kontinents. Das Außenministerium spricht vage von „großen Freunden
       wie Russland, China, Brasilien und Venezuela“. Konkrete Zusagen oder gar
       Verträge gibt es nicht. Dem oppositionellen Abgeordneten Pedro Joaquín
       Chamorro kamen in der Debatte vor der Verabschiedung des Gesetzes deshalb
       Zweifel: „Es erscheint mir unwahrscheinlich, dass man Partner finden kann,
       die 100 Prozent des Baus bezahlen, dafür aber nur 49 Prozent der
       Kapitalanteile erhalten.“
       
       Zumal der finanzielle Erfolg des Projekts zweifelhaft ist: Panamá erweitert
       derzeit seinen mit 80 Kilometern deutlich kürzeren Kanal. Bislang passen
       nur Schiffe in die Schleusen, die bis zu 4.000 Container laden können. Ab
       2014 werden auch Ozeanriesen mit über 10.000 Containern die Wasserstraße
       passieren können, die Kapazität wird von 30 auf 60 Frachter pro Tag
       steigen. Braucht man da einen zweiten Kanal?
       
       Selbst wenn er nie gebaut werden sollte, er hat schon jetzt einen Nutzen:
       Der Beschluss zum Bau erschreckt den Nachbarn Costa Rica. Seit Monaten
       fechten die beiden Länder einen Grenzstreit um den Río San Juan aus. Der
       Fluss gehört zu Nicaragua, sein südliches Ufer aber zu Costa Rica. Nur im
       Mündungsdelta mit seinen unbewohnten Inselchen ist der Grenzverlauf
       umstritten. Erst in der vergangenen Woche hat der zentralamerikanische
       Gerichtshof in Managua Costa Rica wegen Umweltschäden verurteilt, die beim
       Bau eines Uferwegs entlang des Flusses entstanden sein sollen. Costa Rica
       erkennt diesen Gerichtshof nicht an und reagierte nicht.
       
       Nach dem Kanalbeschluss dagegen reagierte die Regierung sofort und berief
       ihre Botschafter in den Hauptstädten Zentralamerikas zu Beratungen nach San
       José.
       
       5 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Toni Keppeler
       
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