# taz.de -- Streit um Bau der Elbphilharmonie: Vielleicht bald Harmonie an der Elbe
       
       > Hamburg und Hochtief einigen sich auf Regeln für den Weiterbau des
       > Konzerthauses. Baufirma und Architekten sollen gemeinsam planen. Mitte
       > 2015 soll es fertig sein.
       
 (IMG) Bild: Neues Wahrzeichen: Beeindruckend sind bisher die Kosten für die Elbphilharmonie.
       
       HAMBURG taz | Nach acht Monaten Stillstand kann es weitergehen mit dem Bau
       der Hamburger Elbphilharmonie. Auf den letzten Drücker einigten sich der
       Baukonzern Hochtief und der Senat am Mittwochabend darauf, das Projekt neu
       zu ordnen. Um Mitternacht wäre ein Ultimatum der Stadt an den Konzern
       abgelaufen - ein erstes Ultimatum war Ende Mai folgenlos verstrichen. „Mit
       der Vereinbarung konnten wir einen Geburtsfehler des Projekts beheben“,
       sagte Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos).
       
       Das Eckpunktepapier verpflichtet Hochtief als Generalunternehmer und das
       Architekturbüro Herzog de Meuron als Generalplaner darauf, in einem Team
       zusammenzuarbeiten. Strittige Forderungen sollen einem Schiedsgericht
       übergeben werden, um gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
       
       Über das Absenken des Dachs für den großen Konzertsaal, das den Baustopp
       ausgelöst hatte, sollen Gutachter wachen. Hochtief behauptet, die bisherige
       Konstruktion sei zu schwach, um das schwere Dach zu tragen. Nach einem neu
       vereinbarten Zeitplan soll das Konzerthaus im Sommer 2015 fertig sein.
       
       Die Elbphilharmonie ist als neues Wahrzeichen für die Hansestadt geplant
       und soll ihr einen Effekt verschaffen, wie ihn die Oper in Sydney bewirkt.
       Bezeichnenderweise explodierten in Hamburg die Kosten ähnlich, wie sie sich
       in Sydney vervielfacht hatten.
       
       ## Ob das Geld ausreicht, weiß niemand
       
       Der ersten Idee nach sollte das Konzerthaus an prominenter Stelle gegenüber
       den Landungsbrücken die Stadt 77 Millionen Euro kosten. Vereinbart hat sie
       mit Hochtief einen „Festpreis“ von 214 Millionen Euro. Inzwischen soll es
       die Stadt 351 Millionen kosten. Ob das reicht, weiß niemand. Senat,
       Bürgerschaft und Öffentlichkeit haben diese Entwicklung wie hypnotisiert
       verfolgt.
       
       Die Idee, einen luftigen Glasbau auf einen wuchtigen, kantigen
       Backsteinspeicher aus den 60er Jahren zu setzen, hatte eine breite Welle
       der Begeisterung hervorgerufen. Die große und prominente Architekten- und
       Projektentwicklerszene rechnete angesichts des Überschwangs erst gar nicht
       nach oder traute sich nicht, die Luft aus dem Traumschloss zu lassen.
       
       Dabei hat sich ziemlich früh die ursprüngliche architektonische Idee
       zerschlagen, die Last, die der Speicher in Form von Kaffeesäcken einmal in
       sich trug, in Form eines Konzerthauses auf den Speicher zu verlagern. Der
       Altbau wurde entkernt und mit viel Aufwand die dünne Ziegelwand der Fassade
       vor dem Einsturz bewahrt. 660 Pfähle für die Gründung mussten neu gesetzt
       werden.
       
       Der Anspruch, Spitzenarchitektur zu bauen und dazu noch den besten
       Konzertsaal der Welt, trieb die Kosten in die Höhe. Für die einschalige
       Glasfassade, auf der die Architekten bestanden, mussten zwei Jahre lang
       tonnenschwere Scheiben entwickelt werden. Die Rolltreppe, die auf das Dach
       des ehemaligen Speichers führt, wird angeblich die längste der Welt sein
       und auch noch über einen Buckel führen.
       
       ## Ein Jahr lang durchplanen
       
       Jedes Element des Wandbelags für den großen Saal wird auf der Basis
       akustischer Erwägungen individuell aus Gips gefräst. Nach dem Zeitplan, den
       die Stadt, die Architekten und die Baufirma jetzt vereinbart haben, werden
       Hochtief und Herzog de Meuron die Elbphilharmonie ein Jahr lang bis zur
       letzten Leuchte durchplanen. „Die volle Bautätigkeit wird erst in einem
       Jahr aufgenommen, wenn man weiß in welchen Raum was kommt“, sagt
       Hochtief-Sprecher Bernd Pütter.
       
       Als nächstes werde die Fassade wieder eingerüstet und die Weiterarbeit am
       Saaldach vorbereitet. Hochtief auf der einen sowie die Stadt und die
       Architekten auf der anderen Seite sind sich immer noch uneins darüber, ob
       das Saaldach die geplante Last tragen kann. Der Baukonzern wird das Dach
       jetzt verstärken.
       
       Gutachter sollen klären, ob die Verstärkung wirklich notwendig war. Die
       Bürgerschaftsfraktion der Linken kritisierte den Entschluss des Senats, mit
       Hochtief weiterzubauen. „Es ist ein schwerer Fehler, auf die neuesten
       Absichtserklärungen von Hochtief zu vertrauen“, sagte der Abgeordnete
       Norbert Hackbusch. Dem Projekt fehle nach wie vor jegliche
       Kostentransparenz. Kein Schiedsgericht könne den Konzern davon abhalten,
       seine Mehrkosten-Forderungen mit allen Mitteln durchzusetzen.
       
       Die Grünen kritisierten die Einigung als schwammig. „Angesichts der
       harschen Ankündigungen der Stadt wirkt die Einigung kraftlos, beinhaltet
       Formelkompromisse und setzt auf Goodwill“, sagte die Vize-Fraktionschefin
       Anja Hajduk. Es sei kaum ein Fortschritt beim Thema Saaldach zu erkennen;
       dass das Schiedsgericht bis ein Jahr nach Fertigstellung Zeit haben solle,
       mögliche Nachzahlungsforderungen zu klären, stelle „ein inakzeptables
       Transparenzproblem dar“.
       
       5 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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