# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Deppen – wie gehabt
       
       > Die FIFA beschließt, dass Torlinien ab sofort technisch überwacht werden
       > dürfen. Eine Revolution ist das nicht, die Technologie wird das Spiel
       > nicht beeinflussen.
       
 (IMG) Bild: Drin oder nicht? Mit Hilfe der Torlinientechnologie will die FIFA in Zukunft für fehlerfreie Entscheidungen sorgen.
       
       Von Revolution wurde am Donnerstag gesprochen, von der größten
       Regeländerung im Fußball, seitdem Torhütern vor 20 Jahren verboten wurde,
       Rückpässe mit der Hand aufzunehmen. Große Worte für die Entscheidung des
       International Football Association Board, des Gremiums der Regelhüter im
       Weltfußball, in Zukunft technische Hilfsmittel zur Überwachung der Torlinie
       zuzulassen.
       
       Außerhalb des Fußballs würde wohl keiner auf die Idee kommen, die
       Entscheidung eines Regierungsgremiums als Revolution zu bezeichnen. Und im
       Gegensatz zur Rückpassregel wird die Zulassung der Torlinientechnologie das
       Spiel auf dem Feld nicht beeinflussen. Keine Mannschaft wird anders
       spielen, wenn sie weiß, dass ein Chip im Ball ist oder das Tor von
       speziellen Kameras überwacht wird.
       
       Die Revolution ist in Wahrheit ein Reförmchen. Umso interessanter ist es,
       warum sich der Internationale Fußballverband so schwer getan hat mit der
       Entscheidung, warum die Europäische Fußballunion immer noch gegen jede
       Technik auf dem Platz ist. Lange hat sich auch die Fifa, allen voran ihr
       Chef Joseph („Sepp“) Blatter gegen die Technik an der Torlinie
       ausgesprochen.
       
       Eine krasse Fehlentscheidung bei der WM 2010 in Südafrika, als Frank
       Lampards Tor für England im Achtelfinale gegen Deutschland von den
       Schiedsrichtern übersehen worden war, hat den Populisten in ihm geweckt. Er
       hat für sich entschieden, dass es so nicht weitergehen kann, dass so krasse
       Fehlentscheidungen in derart wichtigen Spielen vermieden werden müssten.
       
       ## Blatters neuer Sinn
       
       Ein Jahr später hat das angeblich so unabhängige Regelhütergremium, dem
       vier Fifa-Gesandte und Vertreter der vier britischen Fußballverbände
       angehören, eine Entscheidung ganz in Blatters neuem Sinne getroffen. Und es
       hat dabei gleichzeitig deutlich gemacht, dass es gar nicht so weit entfernt
       ist von Uefa-Chef Michel Platini.
       
       Der ist immer noch, auch nach dieser EM, als ein Tor der Ukrainer von allen
       sechs Unparteiischen übersehen worden ist, gegen jede Technik beim
       Schiedsrichtern. Zwar sollen die Tore technisch überwacht werden dürfen,
       aber weiter soll es nicht gehen.
       
       Ein Videobeweis, mit dem strittige Abseitsentscheidungen überprüft werden
       könnten, mit dem fiese Schwalbendarsteller überführt werden könnten, das
       Hände Gottes als mieses Menschenwerk erkennen würde, soll es auch weiterhin
       nicht geben.
       
       Davor scheut die Fifa genauso zurück wie die Uefa. In ein paar ganz, ganz
       wenigen Situationen in ein paar ganz wichtigen Spielen wird die Torkamera
       für mehr Gerechtigkeit im Fußball sorgen. Mehr nicht. Die Regelhüter haben
       der Torlinientechnik nur deshalb zugestimmt, weil sie nicht wirklich ins
       Spielgeschehen eingreift.
       
       ## Umgehendes Signal
       
       Das Spiel muss nicht zum Videostudium unterbrochen werden. Die
       Schiedsrichter bekommen umgehend signalisiert, ob der Ball ganz hinter der
       Linie war oder nicht. Beim großen Videobeweis wäre das anders. Da müssten,
       über die Zulassung der Technik hinaus, neue Bestimmungen eingeführt werden.
       Etliche Fragen müssten beantwortet werden: Wie oft darf ein Spiel für ein
       Videostudium unterbrochen werden?
       
       Wer kann eine Videoüberprüfung beantragen – der vierte Offizielle, der
       Trainer, der sein Team benachteiligt sieht, der Mannschaftskapitän? Wird
       die Spielzeit angehalten, solange das Videostudium läuft? Wie lang darf ein
       Spiel dann insgesamt dauern?
       
       Oder soll ein fünfter Offizieller in einem Videoraum sitzen, der sich immer
       dann einschaltet, wenn er eine Fehlentscheidung entdeckt hat? Aber darf der
       sich auch dann noch einschalten, wenn das Spiel schon wieder läuft? Diesen
       Fragen will sich niemand stellen in den großen Fußballverbänden.
       
       ## Videobeweis als echte Revolution
       
       Die Einführung des Videobeweises ließe sich wahrscheinlich wirklich nur
       gegen die herrschende Fifa, in einer echten Revolution herbeiführen. Aber
       all diese Diskussionen betreffen ohnehin nur den Spitzenfußball. Auch die
       Torlinien-technologie muss nicht jeder Verband einführen.
       
       Die es nicht wollen, denen es zu teuer ist, die dürfen es machen wie
       gehabt. Und unten, in den Ligen, in denen echte Amateure kicken, ändert
       sich eh nichts. Da bleibt der Fußball so einfach, wie er immer war, und der
       Schiedsrichter, der eine Fehlentscheidung trifft, der gleiche Depp wie eh
       und je.
       
       6 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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 (DIR) Fußball
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