# taz.de -- Kommentar Assad-Interview: Der freundliche Herr Assad
       
       > Jürgen Todenhöfer hat für die ARD ein Interview mit Baschar al-Assad
       > geführt. Kritische Fragen stellt er keine. Wenigstens analysieren
       > Experten hinterher Assads Antworten.
       
       Am Ende des Interviews blickt Jürgen Todenhöfer seinem Gesprächspartner
       tief in die Augen, und Baschar al-Assad lacht glücklich auf. Das Interview
       ist gut für ihn gelaufen. Das Publikum schüttelt sich, so viel Zynismus war
       lange nicht im Fernsehen. Schnitt.
       
       Warum versuchen sich die Journalisten immer wieder an den Diktatoren? Noch
       keinem ist es gelungen, die Propaganda im laufenden Gespräch bloßzustellen.
       Todenhöfer selbst verlegt sich aufs Persönliche und erklärt, er wolle, dass
       die Menschen „ihren Hauptfeind“ besser kennenlernten. Allen unangenehmen
       Nachfragen zum Trotz sei der syrische Präsident immer so freundlich
       geblieben, sagt er tags darauf der Bild und ist offenkundig entzückt von
       der Höflichkeit der Macht.
       
       Wir lernen also: Assad weiß sich zu kontrollieren. Und wir lernen auch:
       Todenhöfer stellt keine einzige kritische Nachfrage, sondern suhlt sich in
       der Aufmerksamkeit, die Assad ihm gewährt. Das ist Aufklärung wider Willen.
       Aber macht sich die ARD mit dieser Dialektik nicht zum Spielball des
       syrischen Diktators? Skandal? Ein bisschen.
       
       Denn ganz einfach macht es sich der „Weltspiegel“ ja nicht. So wagt die
       Redaktion einen sehr ungewöhnlichen Schritt: Sie zeigt sich selbstkritisch.
       Im Anschluss an das unsägliche Interview nehmen der hauseigene
       Korrespondent und ein Kollege vom Spiegel sämtliche Aussagen von Assad
       auseinander. Sie klären dort auf, wo Todenhöfer im Dienste der Eitelkeit
       schamlos verdunkelt. Mit diesem Verfahren macht die ARD ihr Problem, das
       ein allgemeines ist, öffentlich.
       
       Denn Diktatoren sprechen nur mit Leuten, die keine lästigen Fragen stellen.
       Das weiß die ARD natürlich und zerpflückt die Aussagen von Assad nicht
       direkt im Interview, sondern eben direkt danach. Todenhöfer aber laden sie
       nicht zur anschließenden Analyse ein. Ihn, den Kollegen, ihn, die lange
       Leitung zu Promischurken, mit Fakten zu konfrontieren, das trauen sie sich
       dann doch nicht.
       
       9 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ines Kappert
       
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