# taz.de -- Kommentar Urteil gegen Lubanga: Entzauberung in Den Haag
       
       > Der Prozess ist wegweisend, weil Den Haag sich nicht zu einem emotional
       > begründeten Höchsturteil hinreißen ließ. Chefankläger Ocampo hingegen
       > gestand sein Scheitern ein.
       
       Vorbildcharakter sollte es haben, das allererste Verfahren vor dem
       Internationalen Stafgerichtshof in Den Haag. Und vorbildlich gelaufen ist
       der Prozess gegen den kongolesischen Warlord Thomas Lubanga, der am
       Dienstag zu Ende ging. Lubanga wurde zu 14 Jahren Haft verurteilt.
       
       Mehrfach wäre der Prozess wegen gravierender Verfahrensfehler fast
       geplatzt. Die Methoden der Anklage wurden zu Recht gerügt und führten zu
       langen Unterbrechungen. Die Richter hoben am Dienstag hervor, dass, anders
       als die Anklage, der Angeklagte immer mit dem Gericht kooperiert habe. Sie
       verurteilten Lubanga wegen des Einsatzes von Kindersoldaten zur Hälfte der
       vom Chefankläger Luis Moreno Ocampo geforderten Höchststrafe von 30 Jahren.
       Unter Anrechnung der Untersuchungshaft ist Lubanga damit im Jahr 2020
       wieder frei.
       
       Gerade weil Den Haag sich nicht zu einem emotional begründeten Höchsturteil
       – Stichwort Kindersoldaten! – hinreißen ließ, ist dieser Prozess
       wegweisend. Er zeigt, wie wichtig es ist, dass Richter sich nicht vom
       weltweiten Erwartungsdruck, der auf ihnen lastet, zu unsachlichen
       Entscheidungen hinreißen lassen. Chefankläger Luis Moreno Ocampo, dessen
       Plädoyer der letzte große Auftritt vor seinem Abtritt nach zehn Jahren im
       Amt war, steht hingegen nicht mehr im allerbesten Licht dar.
       
       Im Grunde gestand Moreno Ocampo sein Scheitern ein. Er bat in seinem
       Abschlussplädoyer Lubanga, er möge seine „Führungsposition“ geltend machen,
       um zukünftige Generationen im Kongo über die Bedeutung des
       Strafgerichtshofs und über die Schändlichkeit der Kinderrekrutierung
       aufzuklären. Dachte man nicht einst, eine Weltjustiz würde
       Kriegsverbrechern den politischen Einfluss und vor allem die Aura der Macht
       nehmen? Stattdessen wurden jetzt beide, Angeklagter und Anklage,
       entzaubert. Letztendlich ist auch das gut für den Ruf dieses oft als
       Kolonialjustiz verunglimpften Gerichts.
       
       10 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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