# taz.de -- Debatte um Beschneidungsverbot: Vorhautgegner machen Druck
       
       > Gesundheitsminister Bahr will die rituelle Beschneidung schnell
       > gesetzlich regeln. Der Druck von Juden und Muslimen hatte zuletzt
       > zugenommen. Die Linkspartei dagegen ist skeptisch.
       
 (IMG) Bild: Alle noch mit Vorhaut: Penisse.
       
       BERLIN dpa | Die Bundesregierung will die rituelle Beschneidung von Jungen
       möglichst bald gesetzlich regeln. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP)
       plädiert für eine schnelle Lösung und prüft, ob diese über eine Änderung
       des Patientenrechts machbar ist.
       
       Der Druck ist groß: Der Zentralrat der Juden warnt vor drastischen Folgen
       für den Fall, dass die Beschneidung weiterhin als rechtswidrig eingestuft
       wird. Auch die Bundesärztekammer ermahnt die Politik.
       
       Das Landgericht Köln hatte die Beschneidung von Jungen im Juni als
       strafbare Körperverletzung gewertet. Das Urteil sorgte hierzulande wie
       international für Empörung. Die Beschneidung hat sowohl im Judentum als
       auch im Islam eine lange Tradition. Die Kölner Richter argumentierten
       jedoch, in der Bewertung überwiege das Grundrecht eines Kindes auf
       körperliche Unversehrtheit in Abwägung mit der Religionsfreiheit und dem
       Erziehungsrecht der Eltern.
       
       Bahr sagte, dass er die Beschneidung als Ausdruck religiöser
       Selbstbestimmung straffrei halten wolle. „Für mich ist die freie Ausübung
       der Religion ein ganz hohes Gut“, sagte der FDP-Politiker der Welt. Deshalb
       sei die Unsicherheit nach dem Gerichtsurteil schnellstens abzubauen. Es
       werde nun diskutiert, „ob eine Legalisierung religiös begründeter
       Beschneidungen im Patientenrecht geregelt werden kann“, erklärte Bahr. Man
       müsse aber „abwarten, ob dieser Weg rechtlich überhaupt gangbar ist“.
       
       ## „Dann müssen wir gehen“
       
       Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, ermahnte die
       Politiker per Brief zur Eile. Er habe Bundeskanzlerin Angel Merkel (CDU),
       alle Fraktionschefs im Bundestag und die Ministerpräsidenten schriftlich
       gebeten, ein Gesetz direkt nach der Sommerpause auf den Weg zu bringen,
       sagte er dem Focus.
       
       Falls es bei der Rechtsauffassung des Kölner Gerichts bleibe, sei das
       jüdische Leben in Deutschland bedroht. „Dann müssten wir gehen“, sagte
       Graumann. Das sei „kein rhetorischer Trick“.
       
       Der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz in Deutschland, Henry
       Brandt, wies in einem Gastbeitrag für die Bild am Sonntag darauf hin, dass
       die Beschneidung im Judentum und im Islam „fundamental“ sei. Er verlangte,
       die Beschneidung gesetzlich zu erlauben. Nur so könne Religionsfreiheit
       glaubwürdig Bestand haben. Es reiche nicht, den Eingriff lediglich
       straffrei zu stellen.
       
       ## CSU wirbt für Straffreistellung
       
       Genau das befürwortet jedoch der CSU-Politiker Thomas Silberhorn. „Jede
       Ohrfeige“ erfülle den Straftatbestand der Körperverletzung, also treffe
       dies auch auf die Beschneidung zu, sagte der Rechtsexperte der Frankfurter
       Allgemeinen Sonntagszeitung. Silberhorn warb für eine Straffreistellung
       unter Verweis auf die geltende Regelung für die Abtreibung: „Sie bleibt
       rechtswidrig, wird aber unter bestimmten Voraussetzungen nicht bestraft.“
       
       Zustimmung zu dem umstrittenen Kölner Urteil kam von der Linksfraktion. Der
       religionspolitische Sprecher Raju Sharma sagte der Zeitung, eine
       Beschneidung sei „ein schwerer Eingriff“ in die körperliche Unversehrtheit
       eines Kindes. Diese habe der Staat zu schützen. Dagegen müssten die auf
       religiösen Traditionen begründeten Wünsche der Eltern zurückstehen.
       Insofern sei das Kölner Urteil „im Kern eine zutreffende Güterabwägung“.
       
       Wegen der unklaren rechtlichen Lage rät die Bundesärztekammer ihren
       Mitgliedern derzeit davon ab, rituelle Beschneidungen vorzunehmen. Das
       Urteil des Kölner Landgerichts halte man zwar für „sehr kulturunsensibel
       und falsch“, sagte Kammerpräsident Frank Ulrich Montgomery dem Berliner
       Tagesspiegel. Gleichwohl müsse die Kammer derzeit jedem Mediziner davon
       abraten, den Eingriff vorzunehmen. Wer dies dennoch tue, laufe Gefahr,
       strafrechtlich belangt zu werden.
       
       15 Jul 2012
       
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