# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Operation „Vulkan Damaskus“
       
       > Die syrischen Rebellen greifen das Herz des Regimes an: Zwei enge
       > Assad-Vertraute sterben bei einer schweren Bombenexplosion in der
       > Hauptstadt Damaskus.
       
 (IMG) Bild: Angriff auf die Führung: Verteidigungsminister Daud Radschha (vorne rechts) ist tot. Bild aus dem Jahr 2011.
       
       BERLIN taz | Was genau am Mittwoch in der Behörde für Nationale Sicherheit
       in Damaskus geschah, ist bislang unklar. Es kursieren Gerüchte, dass einer
       der Bodyguards den Anschlag verübt hat. Doch was genau Festzustehen scheint
       nur, dass sowohl Assef Schaukat, der mächtige Schwager von Präsident
       Baschar al-Assad, als auch Verteidigungsminister Daud Radschha tot sind.
       
       Zumindest haben sowohl das syrische Staatsfernsehen als auch oppositionelle
       Aktivisten bestätigt, dass beide Männer ermordet wurden. Demnach hat sich
       offenbar ein Selbstmordattentäter in oder an dem Gebäude im Stadtteil Rawda
       in die Luft gesprengt, während sich dort Kabinettsmitglieder und führende
       Sicherheitsbeamte zu Krisengesprächen getroffen hatten.
       
       Insgesamt sollen dabei fünf Menschen ums Leben gekommen sein, Innenminister
       Mohammed Ibrahim al-Schaar und der Leiter der Nationalen Sicherheitsbehörde
       erlitten offenbar schwere Verletzungen. Daud Radschha, ein orthodoxer
       Christ, hatte sein Amt erst im Oktober letzten Jahres angetreten. Assef
       Schaukat, der mit Baschar al-Assads Schwester Buschra verheiratet war,
       zählte nach Einschätzung von Experten zu den Schlüsselfiguren innerhalb des
       Sicherheitsapparats und zum inneren Kreis des Regimes.
       
       Es ist das erste Mal seit Beginn des Aufstands vor rund 17 Monaten, dass
       den Rebellen ein Mordanschlag auf ranghohe Vertreter der Führung in
       Damaskus gelungen ist. Eine islamistische Gruppe, die sich „Liwa al-Islam“
       nennt, „Brigaden des Islam“, hat sich auf Facebook zu der Tat bekannt; doch
       zugleich erklärte sich auch die Freie Armee Syriens (FSA) verantwortlich.
       Schaukat soll bereits Ende Mai ein Attentat überlebt haben: Damals hatte
       ein Koch Berichten zufolge ihm und anderen Sicherheitsbeamten vergiftetes
       Essen serviert.
       
       ## Staatsfernsehen spricht wieder von „Terroristen“
       
       Im staatlichen Fernsehen hieß es, vom Ausland unterstützte „Terroristen“
       hätten das Attentat verübt. Die Streitkräfte teilten in einer Stellungnahme
       mit, Syrien sei „entschlossener denn je, allen Formen des Terrorismus zu
       begegnen und die Hand abzuschlagen, die der nationalen Sicherheit schadet“.
       Ein Sprecher der Rebellen wertete den Anschlag unterdessen als
       entscheidenden Erfolg: „Das ist der Vulkan, von dem wir gesprochen haben“,
       sagte Qassim Saaedine der Agentur Reuters.
       
       Am Montag hatte die FSA eine groß angelegte Offensive unter dem Titel
       „Damaskus Vulkan“ mit einer Serie von Angriffen in der syrischen Hauptstadt
       begonnen. Seither ist es im Zentrum von Damaskus erstmals zu schweren
       Gefechten zwischen Rebellen und Regierungstruppen gekommen.
       
       Doch aus den Reihen der Regimegegner kommt auch Kritik an den Attentätern:
       „Das sind keine guten Nachrichten“, sagt eine Aktivistin in dem Viertel
       al-Tadhamen, die sich Sofie nennt. „Selbst wenn diese Leute nun tot sind –
       was bringt uns das? Das Regime wird blutige Rache an uns nehmen. Wir
       rechnen damit, dass sie jetzt mit noch viel mehr Gewalt gegen uns vorgehen
       werden.“
       
       Unterdessen wurden auch mehrere Explosionen aus dem zentralen Viertel
       Muhajereen gemeldet, wo die gefürchtete Vierte Division der Armee
       stationiert ist. Assads Bruder Maher leitet diese Einheit, die bei der
       Niederschlagung des Aufstands eine wichtige Rolle spielt. Nach
       unbestätigten Berichten kam es erneut zu schweren Kämpfen in den Vierteln
       Midan, Qaboun und Jobar.
       
       ## Ein Helikopter wurde abgeschossen
       
       In der Nacht zum Mittwoch soll die Armee in Jobar mit Panzern und
       Kampfhubschraubern auf Wohnsiedlungen gefeuert haben, in denen sich die
       Rebellen verstecken. Nach Angaben von Aktivisten soll die Armee Verstärkung
       in die umkämpften Viertel gebracht haben. Am Dienstag ist es den Rebellen
       nach eigenen Angaben gelungen, einen der Helikopter abzuschießen.
       
       Auf Videos im Internet ist zu sehen, wie schwarze Rauchschwaden über
       Damaskus aufsteigen. Einige der Clips zeigen nach Angaben von Aktivisten
       Armeebaracken am Hang des Berges Kassioun, die von den Kämpfern der Freien
       Armee Syriens in Brand gesteckt wurden. Im staatlichen Fernsehen liefen
       unterdessen Bilder von Truppen, die in den Straßen vom Midan Position
       beziehen.
       
       Die FSA hatte Anfang der Woche die „finale Schlacht um Damaskus“ ausgerufen
       und die „Befreiung“ der Hauptstadt angekündigt. Doch ob die Kämpfe im
       Zentrum der Metropole tatsächlich den Sturz des Regimes einleiten, ist noch
       nicht abzusehen: „Das wird sich bald zeigen“, sagt ein renommierter
       westlicher politischer Analyst in Damaskus.
       
       „Auf militärischer Ebene ist die bewaffnete Opposition längst nicht so
       weit, dass sie das Regime besiegen könnte. Allerdings sind die Kämpfe in
       Damaskus von hoher symbolischer Bedeutung: Wenn sich der Eindruck
       einstellt, dass das Regime die Hauptstadt verliert, könnte dies einen
       Prozess des Zerfalls einleiten, der letztlich zu seinem Niedergang führt.“
       
       18 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriela M. Keller
       
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