# taz.de -- Kommentar Israelis in Bulgarien: Wer steckt hinter dem feigen Anschlag?
       
       > Eigentlich kommen nur zwei Gruppen in Frage, den Anschlag auf Israelis
       > verübt zu haben. Die Nahostregion steht gefährlich nahe an einer
       > gewaltigen Eskalation.
       
       Als stünde die Lage in der gesamten Nahostregion nicht ohnehin schon Spitz
       auf Knopf. Jetzt kommt auch noch ein [1][Anschlag auf israelische Urlauber
       in Bulgarien] dazu. Die [2][israelische Regierung hat sofort den Iran als
       Drahtzieher] dieser mörderischen Aktion benannt, der Anschlag sei über
       Mittelsmänner der libanesischen Miliz Hizbolllah ausgeführt worden.
       
       Es gibt bis jetzt noch kein Bekennerschreiben für diese Tat. Und die
       Ermittlungen sind noch im Gange, auf bulgarischer wie auf israelischer
       Seite. Da scheint es doch reichlich früh für eine so dezidierte
       Stellungnahme zu sein.
       
       Und doch. Wenn man einmal die Region darauf abklopft, wer über die
       erforderliche Infrastruktur für einen solchen Anschlag verfügt, über die
       notwendigen Materialien und die rücksichtslose Entschlossenheit, dann
       kommen dafür eigentlich nur zwei Gruppen in Frage. Da sind zum einen
       al-Qaida-nahe terroristische Zellen, die aus eigener Motivation weiche
       Ziele angreifen, um den verhassten Westen, Amerika, den Judenstaat und alle
       mögliche Ungläubigen anzugreifen.
       
       Normalerweise läge dann allerdings innerhalb von Stunden eine entsprechende
       Erklärung oder ein Bekennerschreiben vor, das sich dieser Barbarei rühmt
       und den blutigen Erfolg mit religiösen Sprüchen garniert. Bislang ist dies
       nicht der Fall.
       
       ## Die Feigheit der Tat weist auf Staatsnähe
       
       Die andere Organisation, die über eine ausreichende Vernetzung in
       islamische „Widerstandskreise“ verfügt, ist tatsächlich die libanesische
       Hizbollah. Sie hat viele Gründe, sich an Israel für diverse Angriffe und
       Morde zu rächen. Und sie hat, soweit ist dies jedenfalls aktenkundig
       geworden, schon mehrfach in anderen Staaten Angriffe auf Israelis geplant,
       versucht und auch durchgeführt. Dass der israelische Fingerzeig dann von
       der Hizbollah gleich zum mutmaßlichen Mastermind in Teheran weist, ist
       nicht weiter verwunderlich. Zumal auch Teheran nachvollziehbare Gründe hat
       wie etwa die Ermordung von Atomtechnikern, um sich an Israel zu rächen.
       
       Die Feigheit und Gemeinheit dieser Tat könnte, sofern es nicht doch noch
       ein Bekennerschreiben gibt, dann doch auf staatsnahe Kreise deuten. Da man
       aus nachvollziehbaren Gründen die dritte islamistische Kraft in der Region,
       nämlich die palästinensische Hamas, aus den verdächtigen Gruppen
       ausschließen kann – sie hat bislang nie Operationen im Ausland ausgeführt –
       ist die Anschuldigung der israelischen Regierung nicht ohne Substanz.
       
       Die Nahostregion steht gefährlich nahe an einer gewaltigen Eskalation. Die
       Spannungen zwischen Israel und dem Iran haben mit diesem Attentat an
       Schärfe zugenommen. Der Bürgerkrieg in Syrien ist mit dem [3][jüngsten
       Anschlag auf den Führungszirkel der Assad-Clique] in Damaskus eskaliert.
       Die Hizbollah ist im Libanon ziemlich isoliert und sucht nach einer neuen
       Rolle und angesichts des syrischen Ausfalls wohl auch nach neuen
       Verbündeten. Und zum guten Schluss ist auch im Kernkonflikt dieser Region,
       dem israelischen-palästinensischen, die Lage hochexplosiv.
       
       Die fortdauernde Landnahme und Siedlungspolitik raubt der Palästinensischen
       Autonomiebehörde unter Abbas jede Glaubwürdigkeit für eine
       Verhandlungspolitik mit Israel. Die enormen ökonomischen Defizite seiner
       Behörde könnten die Lage im Westjordanland schon bald eskalieren. Und die
       Hundertausende jungen Palästinenser, die keine Zukunft zu haben scheinen,
       könnten schon bald Teil der großen arabischen Revolte werden. All das
       verheißt der Region eine äußerst turbulente Zukunft.
       
       19 Jul 2012
       
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