# taz.de -- Keine Rechten in Pasewalk?: „Wir wollen das hier nicht“
       
       > Die NPD-Nazis wollten in aller Ruhe ihr Pressefest in Pasewalk feiern.
       > Warum daraus nichts wird, erklärt Bürgermeister Rainer Dambach.
       
 (IMG) Bild: Vergangenes Jahr in Greifswald. Auch in Pasewalk heißt es „Nazis raus“, wenn die NPD zum Feiern anrücken will.
       
       taz: Herr Dambach, am 10. und 11. August möchte die NPD das Pressefest der
       Parteizeitung Deutsche Stimme bei Ihnen in Pasewalk feiern – rund um einen
       ehemaligen Schweinestall. Sehen Sie Möglichkeiten, diese Veranstaltung zu
       verhindern? 
       
       Rainer Dambach: Wir haben uns mit der Rechtslage intensiv beschäftigt. Die
       Veranstalter haben nicht vor, in dem Schweinestall zu feiern – das könnten
       wir baurechtlich verhindern. Die wollen das unter freiem Himmel
       veranstalten. Nach den genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen sehen wir
       keinen Ansatzpunkt, wie wir das auf einem Privatgelände verhindern könnten.
       
       Wie viele Teilnehmer erwarten Sie? 
       
       600 sagt der Veranstalter – statt der 2.000 bei früheren Festen. Wir
       rechnen mit 1.000 – Pasewalk liegt ja nicht wirklich zentral. Die
       Veranstalter wollen alle Auflagen erfüllen. Sie versuchen im Vorfeld mit
       einer weichgespülten Variante sämtliche Genehmigungsvorbehalte auszuhebeln.
       Es gibt aber eine sehr enge Zusammenarbeit aller Behörden, wir kennen das
       Gelände schon, da finden ja regelmäßig rechte Veranstaltungen statt. Die
       Behörden werden genau darauf achten, ob es bei dem Fest zu
       verfassungsfeindlichen, menschenverachtenden oder volksverhetzenden
       Äußerungen oder gar Handlungen kommt. Das Ganze wird inzwischen auch als
       öffentliche Veranstaltung beurteilt, sodass die Presse nach
       Versammlungsgesetz freien Zugang haben muss.
       
       Wie ist denn das Umfeld, in dem dieses Fest stattfinden soll? 
       
       Jeder, der nicht blind ist, sieht, dass es hier ein Naziproblem gibt. Auch
       jeder Investor. Als Bürgermeister der Stadt Pasewalk komme ich durch diese
       Veranstaltung bundesweit in ein schlechtes Licht. Dabei ist Pasewalk keine
       extreme Nazistadt, im ganzen Bundesgebiet gibt es schließlich Probleme mit
       neonazistischen Strukturen. Nach dem NSU-Skandal sollte dies auch dem
       Letzten klar geworden sein. Hier haben wir einen NPD-Stadtrat, der ist
       immer noch einer zu viel. Von der Bundes- und Landespolitik werden wir vor
       Ort im Kampf gegen die Nazis leider auch nicht immer glänzend unterstützt.
       Hier in Mecklenburg-Vorpommern positionieren sich zwar Ministerpräsident
       Sellering und Innenminister Caffier eindeutig gegen rechts.
       
       Nur: Die konkreten Handlungen fehlen manchmal, zum Beispiel in der
       Schulpolitik. Es fehlt die Auseinandersetzung mit dem rechtsextremistischen
       Gedankengut auf allen gesellschaftlichen Ebenen – jedenfalls bisher. Da
       müssen wir Demokraten gemeinsam ganz neue, aktive und langfristige Formen
       entwickeln.
       
       Pasewalk hat eine Ausländerquote von gut 2 Prozent. Können diese Menschen
       in Pasewalk ruhig leben? 
       
       Ich glaube, schon. Man wird hier nicht offen bedroht. Aber viele fühlen
       sich sicherlich eingeschüchtert von den Nazis. Die demokratischen Aktionen
       während der Naziveranstaltung dienen auch dazu, etwas gegen diese
       Einschüchterung zu tun. Und nach außen soll klar werden: Wir wollen das
       hier nicht. Das ist nicht die Mehrheit der Bevölkerung. Das ist eine
       ärgerliche Minderheit.
       
       Nun hat sich ein Aktionsbündnis mit dem Motto „Vorpommern: weltoffen,
       demokratisch, bunt!“ gegen das Nazifest gebildet. Sind Sie dabei? 
       
       Ich bin als Behördenvertreter zu strikter Neutralität verpflichtet. Und so
       verhalten wir uns hier auch. Als demokratischer Bürger habe ich mit zu dem
       Aktionsbündnis aufgerufen und unterstütze die Aktivitäten voll und ganz.
       
       Den Unterschied haben die Nazis akzeptiert? 
       
       Nein. Es gab den üblichen juristischen Kleinkrieg. Jetzt wurde mir eine
       Unterlassungsklage an den Hals gehängt, weil ich zur Gründung des
       Aktionsbündnisses auf der städtischen Homepage mitaufgerufen habe. Dagegen
       haben wir uns natürlich juristisch gewehrt.
       
       Wie läuft es mit dem Aktionsbündnis? 
       
       Ganz gut. Wir haben eine hohe Teilnehmerzahl aus dem ganzen Landkreis und
       darüber hinaus. Und der Zulauf ist nicht nur groß, sondern auch beständig.
       Sogar nachdem einige Namen von Teilnehmern und Zitate aus dem
       Gründungsprotokoll auf einer NPD-Webseite gelandet sind. Aber die
       Pasewalker und die Leute in Vorpommern lassen sich nicht einschüchtern. Es
       gibt eine neue Qualität der Auseinandersetzung mit den Nazis. Das hat mich
       positiv überrascht.
       
       Was soll denn am 10. /11. August konkret passieren? 
       
       Es wird eine Menschenkette geben, die sich von Pasewalk über knapp vier
       Kilometer bis in die Nähe des Veranstaltungsorts in Viereck erstrecken
       soll. Dazu braucht man gut 2.000 Leute. Im Anschluss werden sich die Leute
       in Pasewalk auf dem Marktplatz sammeln zu einem Demokratiefest. Wie das
       genau ablaufen wird, damit beschäftigen sich gerade die Arbeitsgruppen des
       Aktionsbündnisses.
       
       Und danach? Ist dann alles wieder gut und braun in Vorpommern? 
       
       Nein. Sicher werden wir erst mal durchatmen, wenn wir hoffentlich alles
       erfolgreich gestaltet haben. Aber das stabil weiterzuführen, das ist die
       Zielsetzung. Das ist nicht einfach. Es gibt hier in der Region – mit
       lokalen Unterschieden – festgefügte neonazistische Strukturen. Das muss
       leider so anerkannt werden, und das wird jetzt endlich auch
       parteiübergreifend so anerkannt. Dass es bei manchem Lokalpolitiker noch
       nicht als drängendes Problem gesehen wird – das ist wohl auch so; aber
       nicht aufseiten der Ordnungs- und Sicherheitskräfte. Und wir freuen uns
       natürlich auch über andere Gäste als die Braunen: Gäste, die uns
       unterstützen und die mit uns feiern.
       
       Herr Dambach, Sie kommen ursprünglich aus Baden-Württemberg, sind seit acht
       Jahren Bürgermeister in Pasewalk, sind kürzlich wiedergewählt worden. Haben
       Sie ihr Engagement schon mal bereut? 
       
       Man hat am Anfang gesagt, die Pasewalker werden nie einen „Ausländer“ zum
       Bürgermeister machen. Das war dann zunächst eine Art Betriebsunfall, dass
       ich gewählt wurde. Man hat schon zu tun hier. Aber die Akzeptanz ist
       gewachsen.
       
       20 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ambros Waibel
       
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 (DIR) Nazis
       
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