# taz.de -- Zensur: Der beleidigte Schulleiter
       
       > Der Leiter eines Gymnasiums in Dannenberg geht gegen eine Satire in der
       > aktuellen Abi-Zeitung vor. Sie beschäftigt sich mit autoritärem Handeln
       > an der Schule.
       
 (IMG) Bild: Diese Abizeitung verärgert den Rektor.
       
       HAMBURG taz | Eigentlich ist Jürgen Thiele ein entspannter Mensch. Das
       Haupthaar schon ein wenig schütter, der Gang forsch und ausladend, oft
       schaut er verschmitzt drein.
       
       Doch dieser Ausdruck dürfte ihm beim Durchblättern der aktuellen
       Abi-Zeitung des diesjährigen Abiturjahrgangs an seiner Schule, dem
       Fritz-Reuter-Gymnasium, entglitten sein. Der Grund: Auf einer der Seiten
       findet sich eine Satire, die er nicht erwartet hatte wiederzusehen. „Damit
       hat der Jahrgang eine Grenze überschritten“, sagte Thiele der
       Elbe-Jeetzel-Zeitung, und fühlt sich durch das Abgedruckte „beleidigt,
       sogar diffamiert“.
       
       Gegenstand der Diskussion ist ein Flugblatt, das bereits im Frühjahr 2011
       in der Schule umging. Damals verbat er die Verbreitung der zehn Punkte
       umfassenden Schrift. In ihr wird, als offizielles Schulschreiben verpackt,
       die Ausgrenzung von Andersdenkenden und das autoritäre Handeln an der
       Schule beanstandet. Nun tauchte sie in der „Trash-Corner“ der Zeitung
       wieder auf. Thiele sieht in dem Flugblatt ein Angriff auf seine
       Persönlichkeitsrechte.
       
       Es erzürnte ihn so sehr, dass er seine Anwälte damit beauftragte, die
       Verbreitung des 163 Seiten starken Buches zu verhindern. Angeblich soll
       Strafanzeige gegen die Redaktionsmitglieder der Zeitung erstattet worden
       sein, die Staatsanwaltschaft Lüneburg hatte sie gestern Mittag allerdings
       noch nicht in ihrem System. „Es kann aber gut sein, dass sie bereits auf
       dem Weg zu uns ist“, sagte Oberstaatsanwalt Roland Kazimierski.
       
       In einem Schreiben an alle Mitarbeiter des Abi-Buches stellte Thiele über
       seine Anwälte darüber hinaus weitere Forderungen auf: Sie sollten eine
       Unterlassungserklärung unterzeichnen, auf weitern Vertrieb verzichten, alle
       bisher verkauften und verteilten Bücher zurückbeordern, dieses auch
       nachweisen und sich schriftlich und persönlich bei ihm entschuldigen.
       Außerdem soll eine Entschuldigung und Richtigstellung auch in der örtlichen
       Tageszeitung erscheinen.
       
       Schweres Geschütz, das den Schülern keine Angst zu machen scheint. Sie
       verkauften nach dem erteilten Hausverbot ihre Zeitungen auf dem Marktplatz
       im Ort weiter, nahmen sich ihrerseits einen Anwalt, Markus Maul. Er sieht
       die Vorwürfe des Schulleiters nicht bestätigt: „Das ist eindeutig Satire,
       es gibt kein Grund, sich zu entschuldigen.“ Auch Sebastian Nikoloff sind
       solche Fälle schon öfter untergekommen, er ist Mitglied im Bundesvorstand
       bei der Jugendpresse Deutschland, die Zensur-Thematik ein wichtiger Teil
       seiner Arbeit. „Mit dem konkreten Fall bin ich nicht vertraut, aber es
       klingt, als sei das insgesamt eine überzogene Reaktion. Im schulischen Raum
       sind Lehrer, zumindest in gewisser Weise, durchaus Personen des
       öffentlichen Interesses. Sie sollten darum besonnen handeln“, sagte er.
       
       Das Flugblatt haben die Schüler mittlerweile mit der Überschrift: „Achtung,
       dies ist eine Satire“ versehen. Nicht aus Rechtsverpflichtung, eher für den
       „flüchtigen Beobachter“, wie Rechtsanwalt Maul süffisant bemerkt.
       
       Am Freitagnachmittag sollte es ein Treffen aller Beteiligten im Beisein
       ihrer Anwälte geben. Doch dazu kam es nicht, nachdem Maul der Anwältin von
       Thiele die Position seiner Mandanten verkündet hat. Die wiederum, so Maul,
       will jetzt eine einstweilige Verfügung erreichen.
       
       20 Jul 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Arne Schrader
       
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