# taz.de -- Jugendmagazine vor Gericht: Scharmützel um den Schulhof
> Der Bauer Verlag klagt gegen die Herausgeber des "Spiessers". Dabei
> kommen sich das kostenlose Jugendmagazin und Bauers "Bravo" gar nicht ins
> Gehege.
(IMG) Bild: Für Oberstufenschüler und Studienanfänger: Online-Version vom "Spießer".
Die Bauer Media Group, ansässig in Hamburg, macht mehr als die Hälfte ihres
Umsatzes im Ausland, in Großbritannien sind die Hanseaten der größte
Zeitschriftenverlag und der zweitgrößte Radioanbieter. Die Spiesser GmbH,
ansässig in Dresden, verdient im Ausland keinen Cent, ihr Hauptobjekt
Spiesser wurde 1994 als Schülerzeitung gegründet. Das Magazin wird
kostenlos verteilt und richtet sich an Oberstufenschüler und
Studienanfänger. Die Unternehmen aus West und Ost kommen sich normalerweise
nicht ins Gehege.
Trotzdem zoffen sich beide Parteien derzeit vor Gericht. Auslöser war ein
Schreiben Bauers an Schulleiter der Republik, in denen das Auslegen von
Spiesser-Heften in den Lehranstalten als rechtlich bedenklich eingestuft
wird. Dies darf Bauer gemäß einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg nun
nicht mehr behaupten.
Bauer hat dort wiederum nach eigenen Angaben erwirkt, dass Spiesser nicht
mehr damit werben darf, man verbreite über 13.210 Auslagestellen eine
Auflage von 767.110 Heften. An vielen Schulen, wo Spiesser angeblich
ausliege, gebe es dieses Heft nicht. Spiesser-Geschäftsführer Frank Haring
sagt, er kenne die Verfügung nicht.
Er habe eigentlich kein Interesse gehabt, sich "in die Schlacht zu
begeben", sagt Haring. Nachdem er von dem Brief an die Schulleiter erfahren
habe, habe er Bauer in Mails Gespräche angeboten, doch die
Deeskalationsversuche hätten nicht gefruchtet. Hintergrund der
Auseinandersetzung: Spiesser und Bravo konkurrierten, so Haring, um die
dieselben "Anzeigentöpfe". "Um Leser geht es nicht. Wir sprechen
Jugendliche an, die aufgehört haben, Bravo zu lesen", sagt er. Bereits 2008
war Bauer mit einer einstweiligen Verfügung gegen Spiesser vorgegangen,
weil die Dresdner sich als "Deutschlands auflagenstärkste
Jugendzeitschrift" bezeichnet hatten.
Spiesser akzeptierte - das finanzielle Risiko eines aufwändigen
Rechtsstreits empfand man als zu groß. Bauers Argumentation damals: Als
kostenloses Heft, das nur fünfmal jährlich erscheine (mittlerweile gibt es
sechs Ausgaben), sei Spiesser nicht vergleichbar mit einer Kaufzeitschrift.
Heute sagt der Verlag gegenüber dem NDR-Magazin Zapp: "Selbstverständlich
ist Spiesser ein Konkurrenzobjekt für Bauer-Titel."
## Auflage der "Bravo" sinkt
Der Sinneswandel lässt sich damit erklären, dass die Auflage des
Bauer-Produkts Bravo weiter fällt. Die Jahrzehnte der siebenstelligen
Verkaufszahlen sind vorbei. 2009 kam das Heft wenigstens in zwei Quartalen
noch auf über eine halbe Million verkaufte Exemplare, im vierten Quartal
2010 lag man einmal knapp unter, im ersten Quartal 2011 einmal knapp über
400.000.
Wenn die Bauer Media Group sich angegriffen fühlt, greift sie gern zu
rechtlichen Maßnahmen; die Kriegskasse scheint gut gefüllt zu sein. Als die
Betriebsrätin Kersten Artus sich öffentlich darüber Gedanken machte, wie
manche Bauer-Redakteure den Leistungsdruck bewältigen, ging man gegen die
Kollegin vor. Vor rund einem Jahr zerrte man den Bundesverband
Presse-Grosso, den Interessenverband der Grossisten, die hierzulande als
Zwischenstation zwischen Print-Vertrieben und Verkaufsstellen fungieren,
wegen einer Pressemitteilung vor die Pressekammer Hamburg. Im Juni geht es
vor dem Landgericht Köln wieder mal gegen den Verband.
Spiesser-Gründer Haring mutmaßt, sein Blatt sei im Visier Bauers, weil er
2010 den Presserat auf eine fragwürdige Zusammenarbeit zwischen der Bravo
und der Bundesagentur für Arbeit (BA) aufmerksam gemacht habe. Zwischen
2006 und 2009 flossen 2,259 Millionen Euro von der Bundesagentur an Bauer,
gleichzeitig erschienen in der Zeitschrift regelmäßig redaktionelle
Würdigungen der Behörde. Der Bundesrechnungshof übte heftige Kritik, aber
sowohl BA als auch Verlag hielten die Zusammenarbeit für unverfänglich.
In der Bravo-Ausgabe vom 27. April findet sich nun eine Doppelseite, die an
alte Kooperationen erinnert. Logos der Arbeitsagentur und eines weiteren
Kooperationspartners, einer Schnellimbisskette, sind gut platziert. Der
Artikel ist im Heft als "Aktion" rubriziert - die wichtige Kennzeichnung
"Anzeige" findet sich nur auf der Bravo-Website.
2 May 2011
## AUTOREN
(DIR) Rene Martens
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Zensur: Der beleidigte Schulleiter
Der Leiter eines Gymnasiums in Dannenberg geht gegen eine Satire in der
aktuellen Abi-Zeitung vor. Sie beschäftigt sich mit autoritärem Handeln an
der Schule.