# taz.de -- Folge der Erderwärmung: Sommerstürme zerstören Ozonschicht
       
       > Je wärmer es wird, desto mehr Wasserdampf ist in der Erdatmosphäre.
       > Sonnenstürme unterstützen diesen Effekt. Dadurch wird Ozon schneller
       > abgebaut.
       
 (IMG) Bild: Eine Plasma-Eruption auf der Sonne: Die Schlaufen sind um ein Vielfaches größer als die Erde.
       
       WASHINGTON/CAMBRIDGE dapd/dpa | Schwere Sommerstürme sind schädlich für die
       Ozonschicht über den gemäßigten Regionen der Nordhalbkugel. Die
       Sturmsysteme schleudern Wasserdampf bis in 20 Kilometer Höhe und lösen
       dadurch die Kettenreaktion aus, die das Ozon abbaut. Das haben
       US-amerikanische Wissenschaftler ahand von Messflügen und Modellen
       festgestellt.
       
       Nach einem Sturm könne innerhalb von einer Woche ein Viertel bis ein
       Drittel des Ozons in der Stratosphäre verschwinden. Diese ausgedünnte Zone
       erstrecke sich dann über mehr als 100 Kilometer. Die für diesen Ozonabbau
       günstigen Bedingungen seien bereits jetzt überraschend häufig: Man habe sie
       bei der Hälfte aller Messflüge über den USA beobachtet, berichten die
       Forscher im Fachmagazin [1][Science].
       
       Durch den Klimawandel könnte sich dieser Ozonschwund zukünftig noch
       verstärken, warnen die Forscher. Denn die wärmere Atmosphäre enthalte dann
       mehr Wasserdampf. Weil eine dünnere Ozonschicht mehr schädliche UV-Strahlen
       der Sonne durchlässt, könnte damit auch das Hautkrebsrisiko in den dicht
       bevölkerten Regionen der Nordhalbkugel ansteigen.
       
       „Die Idee, dass sich die Ozonschicht demnächst wieder erholt haben wird,
       ist eine signifikante Fehleinschätzung“, meinen James Anderson von der
       Harvard University in Cambridge und seine Kollegen. Zwar habe man die
       Freisetzung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen und anderen ozonschädlichen
       Halogenverbindungen inzwischen stark begrenzt. Aber noch sei ausreichend
       Chlor aus diesen Verbindungen in der Atmosphäre vorhanden. Komme
       Wasserdampf hinzu, könne dies unter bestimmten Bedingungen den Ozonabbau in
       der Stratosphäre vorantreiben.
       
       ## Chlorradikale zerstören Ozon
       
       Zerstört wird das Ozon, eine Verbindung aus drei Sauerstoffatomen, durch
       sogenannte Chlorradikale. Diese extrem aggressive Chlorform stiehlt dem
       Ozon ein Sauerstoffatom und wandelt es so in normales Sauerstoffgas (O2)
       um. Die Chlorradikale entstehen, wenn sich Vorläufersubstanzen an winzige,
       schwefelhaltige Wassertröpfchen in der Atmosphäre anlagern.
       
       UV-Licht und sehr niedrige Temperaturen starten dann eine ozonzerstörende
       Kettenreaktion. Günstige Bedingungen dafür herrschen normalerweise vor
       allem über der Arktis und Antarktis. Anderson und seine Kollegen haben nun
       jedoch herausgefunden, dass bei Stürmen auch über den gemäßigten Breiten
       solche Chlorradikale entstehen können.
       
       „Entscheidend ist die Kombination von Wasserdampf und Temperatur“, erklären
       die Forscher. Denn bereits ab rund zwölf Teilen Wasserdampf pro Million
       Luftteilchen (parts per million, ppm) starte die ozonabbauende
       Kettenreaktion bei Temperaturen, wie sie auch in den gemäßigten Breiten der
       Nordhalbkugel im Sommer herrschten.
       
       Die Forscher analysierten im Rechenmodell, welche Folgen der zusätzliche
       Wasserdampf haben könnte. Üblich für einen Sommertag in den USA seien 14
       Stunden Sonne und zehn Stunden Nacht sowie fünf Wasser-Teile je eine
       Million Volumeneinheiten (ppmv) in der unteren Stratosphäre zwischen 15 und
       20 Kilometern Höhe.
       
       ## Deutlich erhöhter Rückgang
       
       „Für den Fall von zwölf ppmv gingen 13 Prozent des Ozons während der ersten
       vier Tage verloren. Bei 18 ppmv waren es 21 Prozent“, schreiben die
       Forscher. Die betroffene Schicht enthält etwa ein Fünftel der Ozon-Menge,
       die während eines US-Sommers in der gesamten Stratosphäre enthalten ist.
       
       Woher der zusätzliche Wasserdampf kommt, zeigten Messungen mit
       Forschungsflugzeugen der US-Raumfahrtbehörde Nasa: Große Sturmsysteme von
       50 und mehr Kilometern Ausdehnung erzeugen demnach einen so großen Sog,
       dass sie Wasserdampf aus unteren Luftschichten bis in 20 Kilometer Höhe
       schleudern können. In rund 50 Prozent der Messflüge habe man solche
       wasserdampfreichen Bedingungen registriert.
       
       ## Schwellenwert regelmäßig überschritten
       
       „Angesichts der Messwerte ist klar, dass der Schwellenwert für die Bildung
       von Chlorradikalen im Sommer über den USA und wahrscheinlich auch anderen
       gemäßigten Regionen regelmäßig überschritten wird“, sagen die Forscher.
       Genauere Messungen seien nun nötig, um das Ausmaß und Dauer des
       Ozonverlusts genauer zu ermitteln.
       
       Die Stratosphäre ist die zweite Erdatmosphären-Schicht. Sie befindet sich
       in etwa 15 bis 50 Kilometern Höhe über der Erdoberfläche. Teil der
       Stratosphäre ist die Ozonschicht in 20 bis 45 Kilometern Höhe. Hier wird
       Sauerstoff (O2) in Ozon (O3) umgewandelt. Das Ozon absorbiert ultraviolette
       Strahlung, vor allem die UV-B-Strahlung, die beim Menschen Hautkrebs
       verursachen kann.
       
       27 Jul 2012
       
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