# taz.de -- Arbeitsrecht für Asylsuchende: „Wesentliche Hindernisse bleiben“
       
       > Schon nach neun Monaten arbeiten zu dürfen, ändere für Flüchtlinge wenig,
       > findet Pro-Asyl-Chef Bernd Mesovic. Die Debatte in der Koalition werde
       > nur zum Schein geführt.
       
 (IMG) Bild: Dürfen nur unter erschwerten Bedingungen arbeiten: Asylsuchende in Deutschland.
       
       taz: Herr Mesovic, Asylbewerber sollen künftig schon nach neun statt, wie
       bisher, nach zwölf Monaten einen Job annehmen dürfen. Diesem EU-Kompromiss
       hat Deutschland jetzt zaudernd zugestimmt. Was bringt das? 
       
       Bernd Mesovic: Sehr wenig. Das heißt nur, dass die Betroffenen drei Monate
       früher in einer Warteschlange stehen, in der sie praktisch keine Chance
       haben. Denn die wesentlichen Hindernisse, die ihnen den Weg auf den
       Arbeitsmarkt versperren, bleiben bestehen – etwa die Vorrangsprüfung, nach
       der kein deutscher Bewerber für den Job in Frage kommen darf, oder die
       Residenzpflicht, die es Asylbewerbern unmöglich macht, in anderen
       Bundesländern Arbeit zu suchen.
       
       Die FDP würde das Arbeitsverbot am liebsten ganz abschaffen, der CSU geht
       die jetzt beschlossene Lockerung schon zu weit. Ist das ein echter
       Koalitionsstreit? 
       
       Das scheint mir eher eine Scheindebatte. Wenn die FDP konsequent wäre, dann
       müsste sie auch dafür eintreten, die anderen Hindernisse zu beseitigen, die
       ich genannt habe. Wir fordern, Asylsuchende vom ersten Tag an zu
       integrieren. Das aber löst in Bayern, dem Mutterland der deutschen
       Abschreckungspolitik, und Teilen der Union alte Abwehrreflexe aus.
       
       Die Integrationsbeauftragte Maria Böhmer von der CDU sagt inzwischen,
       geduldete Flüchtlinge sollten an Deutsch- und Integrationskursen teilnehmen
       sollten. Ein Lichtblick? 
       
       Das Bundesarbeitsministerium fördert schon jetzt Projekte, die der
       Nachqualifizierung von Asylsuchenden und geduldeten Flüchtlingen dienen,
       und seit diesem Jahr fallen da auch Sprachkurse darunter. Das ist ja auch
       sinnvoll, weil man weiß, das die Leute hier bleiben werden. Aber das müsste
       endlich auch offizielle Politik werden.
       
       Warum tut sich Deutschland damit so schwer? 
       
       Die Bundesregierung hat Angst, sie würde damit einen Anreiz schaffen, nach
       Deutschland zu kommen. Die alten Abschreckungsgesetze, auf die man sich im
       Asylkompromiss von 1992 geeinigt hat, werden darum im Zweifelsfall auch da
       verteidigt, wo sie die Menschenwürde verletzten. Aber beim
       Asylbewerberleistungsgesetz hat das Bundesverfassungsgericht da jetzt zum
       Glück die rote Karte gezeigt.
       
       Nach dem derzeitigen Verfahren muss der Staat über einen Asylantrag
       befinden, über den der Flüchtling zuerst in die EU eingereist ist. Länder
       wie Griechenland sind damit aber überfordert. Was folgt daraus? 
       
       Am Beispiel Griechlands ist klar geworden, dass man das nicht mehr so
       einfach laufen lassen kann. Die Überstellungen wurden bis zum Januar 2013
       ausgesetzt. Doch in der Wirtschaftskrise ist es kaum zu erwarten, dass
       Griechenland ein adäquates Asylsystem inklusive Versorgung entwickelt.
       Statt Staaten wie Griechenland die Verantwortung für den Großteil der
       Flüchtlinge aufzunötigen, sollte man darum das System ändern.
       
       Das Verfahren ist ein bürokratisches Monstrum, das von der Fiktion ausgeht,
       dass die Asylverfahren in Europa in etwa vergleichbar sind. Dabei gibt es
       da extreme Unterschiede – von den Anerkennungsquoten von Asylsuchenden bis
       zu ihrer Unterbringung.
       
       Was schlagen Sie vor? 
       
       Humanitäre Belange, familiäre Bindungen und Sprachkenntnisse sollten bei
       der Aufnahme von Flüchtlingen berücksichtigt werden. Es ist doch absurd,
       dass jemand, der Angehörige in Deutschland hat, im Asylverfahren ganz
       woanders landet. Die Politik würde damit den realen Flüchtlingsbewegungen
       Rechnung tragen. Wir wissen doch, dass frankophone Afrikaner eher nach
       Frankreich wollen, während es die Kriegsflüchtlinge vom Balkan in den
       Neunzigerjahren eher nach Deutschland zog.
       
       2 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flüchtlinge
       
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