# taz.de -- Debatte Zukunft Syriens: Assad muss bleiben
       
       > Die Mullahs sind dem syrischen Regime ohne Wenn und Aber verbunden. Wenn
       > es fällt, verlieren sie ihre Machtstellung in der Region. Ein Bürgerkrieg
       > nützt ihnen.
       
 (IMG) Bild: Freiheit für Syrien. Nur wie?
       
       Mitten in dem Chaos hat sich der syrische Außenminister Walid al-Muallem am
       vergangenen Sonntag zu einem Blitzbesuch nach Teheran begeben. Die
       Islamische Republik ist wohl das einzige übrig gebliebene Land, das ohne
       Wenn und Aber hinter dem syrischen Regime steht. Selbst Russland und China,
       die bislang Sanktionen gegen Syrien ablehnen, beginnen allmählich, ihren
       Kurs zu überdenken.
       
       Teheran hatte zwar seine Bereitschaft erklärt, jeden Friedensplan zu
       unterstützen, aber nur, wenn Assad an der Macht bleiben würde. Das Bündnis
       mit dem Assad-Regime scheint für den Iran so wichtig zu sein, dass der
       iranische Vizestabschef Massud Dschasajeri erklärte, Iran werde einen
       Regimewechsel in Damaskus durch „böse Regierungen“ wie Saudi-Arabien, Katar
       oder die Türkei nicht zulassen. Ist Iran demnach sogar bereit, für Assad in
       den Krieg zu ziehen?
       
       Für die Islamische Republik steht viel auf dem Spiel. Stürzt das
       Assad-Regime, bricht die gesamte Architektur zusammen, die Iran in den
       vergangenen Jahren im Nahen Osten mühsam aufgebaut hat.
       
       ## Die Religion spielt keine Rolle
       
       Die enge Beziehung zwischen Syrien und Iran begann schon kurz nach der
       Unabhängigkeit Syriens 1946. Sie wurde im Lauf der Jahre immer intensiver.
       Dabei ist bemerkenswert, dass nicht religiöse, ethnische oder kulturelle
       und erst recht nicht politische Gemeinsamkeiten, sondern vielmehr die
       gemeinsamen Feinde zu der Annäherung führten.
       
       Syrien ist ein arabisches Land mit sunnitischer Mehrheit, im Iran bilden
       hingegen die Schiiten die Mehrheit. Politisch gehörte Syrien der arabischen
       Front gegen Israel an und orientierte sich im Kalten Krieg an dem
       arabischen Nationalismus und Sozialismus und dem Sowjetblock. Iran hingegen
       hatte bis zur Islamischen Revolution ausgesprochen gute Beziehungen zu
       Israel und war fest eingebettet in das westliche Bündnissystem. Aber beiden
       Staaten standen zuerst die irakischen Baathisten feindlich gegenüber; mit
       der Machtübernahme der Islamisten im Iran kam dann Israel hinzu. Von da an
       gewann die Beziehung für beide Staaten strategische Bedeutung. Zumal beide
       Länder nun vom Westen, allen voran den USA, angefeindet und bedroht wurden.
       
       Folgerichtig war dann Syrien während des irakisch-iranischen Kriegs
       (1980–1988) das einzige arabische Land, das den Iran unterstützte. Es
       blockierte damals den Transport des irakischen Öls durch sein Territorium
       und erlaubte Iran, Revolutionsgarden auf syrischem Gebiet nahe der
       libanesischen Grenze zu stationieren. Umgekehrt exportierte Iran Öl im Wert
       von 1 Milliarde Dollar gratis nach Syrien.
       
       Nach dem Krieg intensivierten Syrien und Iran ihre wirtschaftlichen und
       militärischen Beziehungen. Vor zwei Jahren erreichte der Austausch zwischen
       den beiden Ländern ein Volumen von 5 Milliarden Dollar.
       
       ## Syrien hat eine Brückenfunktion
       
       2006 unterzeichneten die beiden Staaten ein Militärabkommen zur
       Zusammenarbeit auf Land und See. 2010 baute Iran in Syrien ein modernes
       Radarkontrollsystem auf, das Syrien befähigte, israelische Raketen zu
       beobachten und damit die eigene Luftsicherheit und die Libanons sowie Irans
       besser zu unterstützen.
       
       Strategisch wichtig für Iran ist insbesondere die Brückenfunktion, die
       Syrien für den Weg der Islamischen Republik zu den Völkern arabischer
       Staaten hat, nach Libanon, Palästina und zu den schiitischen Minderheiten
       in den Golfstaaten. In den achtziger Jahren organisierten rund 1.500
       Mitglieder der iranischen Revolutionsgarde den Aufbau der Hisbollah in
       Libanon und bildeten ihre Milizen aus. Seitdem versorgen sie sie mit Geld
       und Waffen, auch mit Raketen.
       
       Heute ist die Hisbollah die stärkste Macht in Libanon und fest mit der
       Islamischen Republik verbunden. Auch die beiden palästinensischen
       Organisationen Hamas und Islamischer Dschihad werden unter anderem von Iran
       unterstützt. Schließlich versucht Iran, seinen Einfluss unter den
       schiitischen Minderheiten in den Golfstaaten auszubauen, insbesondere in
       Bahrain, wo die Schiiten sogar die Mehrheit bilden, aber auch in
       Saudi-Arabien. Nach dem Sturz von Saddam Hussein und der Machtübernahme der
       Schiiten zählt auch der Irak zur iranischen Einflusssphäre. Der Iran ist
       inzwischen zu einer regionalen Großmacht geworden.
       
       ## Saudis ist der Iran zu stark
       
       Genau das fordert die Feindschaft arabischer Staaten heraus, allen voran
       die Saudi-Arabiens. Auch der Westen sieht seine Interessen am Persischen
       Golf bedroht. So baute Saudi-Arabien, das nun neben Israel zum wichtigsten
       Partner des Westens in der Region geworden ist, mit tatkräftiger
       Unterstützung der USA und auch Deutschlands sein Waffenarsenal aus und
       bildete eine Front der Golfstaaten gegen das nördliche Nachbarland Iran. Es
       wurde von einer „schiitischen Achse“ gesprochen“, der nur eine sunnitische
       entgegengesetzt wurde. In Libanon versuchen die Saudis, die Hisbollah auf
       ihre Seite zu ziehen, im Irak werden die Sunniten im Kampf gegen Schiiten
       mit Waffen versorgt, und in den Golfstaaten die Unruhen der Schiiten, wie
       im vergangen Jahr in Bahrain, brutal niedergeschlagen.
       
       Das große Hindernis bei dem Versuch, Iran zu schwächen und zu isolieren,
       ist nun Syrien. Kein Wunder, dass die Saudis gemeinsam mit Katar seit dem
       Ausbruch der Unruhen die Rebellen in Syrien massiv mit Waffen unterstützen,
       gefolgt von der Türkei, die in dem Chaos eine Chance für ihre regionalen
       Großmachtambitionen sieht. Dass dabei auch Terrororganisationen aller
       Schattierungen mitmischen, scheint weder sie noch den Westen sonderlich zu
       stören.
       
       Teheran setzt nun alles daran, Baschar al-Assad zu halten. Denn fällt
       Assad, gerät Iran in eine extrem gefährliche Isolation und wird den Druck
       und die Sanktionen kaum überstehen. Auch ein militärischer Angriff gegen
       iranische Atomanlagen wäre in diesem Fall wesentlich einfacher. Aber der
       Eintritt in einen Krieg in Syrien wäre für den Iran nicht minder
       gefährlich.
       
       Dass Assad kurzfristig die Niederschlagung der Rebellen gelingen würde,
       scheint derzeit so gut wie ausgeschlossen zu sein. Irans Konzept: ein
       langjähriger, zermürbender Bürgerkrieg, ähnlich wie der Bürgerkrieg in
       Libanon, der 15 Jahre lang andauerte.
       
       5 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bahman Nirumand
       
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