# taz.de -- Kommentar Äthiopien: Was macht die Entwicklungspolitik?
       
       > Bisher hat noch jeder Personalwechsel an der äthiopischen Staatsspitze zu
       > einem Systemwechsel geführt. Elastisches Denken ist gefordert – auch für
       > Entwicklungspolitiker.
       
       Der Tod des äthiopischen Regierungschefs Meles Zenawi ist für Afrika von
       großer Bedeutung. Äthiopien ist eines der wichtigsten Länder des
       Kontinents; sein Entwicklungsweg, der nach dem chinesischen Modell
       politischen Autoritarismus mit ökonomischer Experimentierfreudigkeit
       kombiniert, gilt als Erfolg. Auch wenn Menschenrechte systematisch
       missachtet werden.
       
       Mit Meles Zenawi stirbt erstmals ein Staatslenker aus der Generation
       postkolonialer afrikanischer Befreiungsbewegungen, die mit der Waffe in der
       Hand die Macht gegen ihre eigenen Landsleute erkämpften und seither ihre
       Länder umkrempeln.
       
       Ob der Äthiopier Meles, der Ruander Paul Kagame oder der Ugander Yoweri
       Museveni: Es geht ihnen nicht um persönliche Bereicherung, sondern darum,
       sich als Gründerväter einer neuen Zeit in die Geschichtsbücher einzutragen.
       Die ökonomische Unabhängigkeit ist ihr wichtigstes Ziel; die eigenen
       Bevölkerungen sollen sich den Fernzielen unterordnen, statt sich in
       unproduktivem politischem Disput zu verzetteln.
       
       Es ist international heiß umstritten, ob solche Systeme ihre Erfinder
       überleben können. In Äthiopien wird sich das jetzt zeigen. Bisher hat noch
       jeder Personalwechsel an der äthiopischen Staatsspitze zu einem
       Systemwechsel geführt.
       
       Dies ist auch eine Herausforderung für internationale Partner, die den
       afrikanischen Modernisierern bislang großzügig unter die Arme greifen, weil
       sie die ehrgeizigen Ziele für Afrika teilen.
       
       Gerade im Falle Äthiopien, wo die Regierung Kritik von außen immer brüsker
       abweist, erfordert dies ein sehr elastisches Denken, das meist nur durch
       das unerschütterliche Vertrauen in die Integrität der Person an der
       Staatsspitze zusammengehalten wird. Was ist, wenn diese nicht mehr da ist?
       Nicht nur für Entwicklungspolitiker brechen spannende Zeiten an.
       
       22 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Debatte Äthiopien nach Zenawi: Kafka kam bis Addis Abeba
       
       Nach dem Tod von Staatschef Meles Zenawi ist Kontinuität angesagt. Das
       Vorbild heißt China: Entwicklung ohne westliche Demokratie.
       
 (DIR) Äthiopien nach dem Tod des Herrschers: Jenseits von Hunger und Demokratie
       
       Meles Zenawi hat Äthiopien modernisiert. Doch trotz Wirtschaftswachstum ist
       der Staat sehr traditionell. In Staat, Kirche und Armee sind Machtkämpfe
       möglich.
       
 (DIR) Äthiopiens verstorbener Regierungschef: Der Wille zur Macht
       
       Vom Rebellen zum Regierungschef: Meles Zenawi war eine der komplexesten
       politischen Persönlichkeiten Afrikas – einflussreich und umstritten. Wie er
       sein Land und sich veränderte.
       
 (DIR) Ministerpräsident Äthiopiens: Meles Zenawi ist tot
       
       Der äthiopische Ministerpräsident Meles Zenawi starb in der Nacht. Der
       57-jährige ehemalige Rebellenkämpfer regierte das Land seit 1991 und führte
       immer wieder Krieg gegen Eritrea.
       
 (DIR) Äthiopiens Premierminister Zenawi: Der unsichtbare starke Mann
       
       Wo ist Äthiopiens Premierminister Meles Zenawi? Der Politiker wurde seit
       sieben Wochen nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen, angeblich geht es
       ihm gut.