# taz.de -- Kolumne Luft und Liebe: Ficken mit Ökostrom
       
       > Man gibt ihm einen Namen und entwickelt eine Beziehung zu ihm: Ein
       > Vibrator ist wie ein Haustier. Nur anders. Wenn er zerbricht, geht viel
       > mehr kaputt als ein Stück Plastik.
       
 (IMG) Bild: Voll gewollter Öko-Dildo.
       
       Das ist mir jetzt ein bisschen peinlich, aber ich habe meinen Vibrator
       zerbrochen. Ja, genau, beim Benutzen. Blöde Sache. Es hat einfach knack
       gemacht. Von außen sah er eigentlich noch genau aus wie vorher, schön pink
       und glatt, aber man konnte ihn plötzlich ganz durchbiegen und dabei gab es
       so ein klappriges Geräusch, wie wenn lose Plastikteile aneinanderstoßen. So
       etwas darf eigentlich nicht passieren.
       
       Es war gar kein besonders billiges Modell oder so, sondern von einer guten
       Marke. Er hatte um die 60 Euro gekostet und war sogar mal mit einem
       Designpreis ausgezeichnet worden. Und vor allem: Er war wieder aufladbar.
       Ein Vibrator, den man mit Ökostrom aufladen kann, das fand ich ziemlich
       sexy.
       
       Als ich in meine neue Wohnung gezogen bin und den Stromanbieter gewechselt
       hab, habe ich dafür Aufkleber bekommen: „Prima fürs Klima“,
       „Ökostrombezieher“, „Wir arbeiten mit Ökostrom“. Fand ich bisschen
       klugscheißermäßig, deswegen liegen die seit zwei Jahren in meiner
       Schreibtischschublade und kommen irgendwann in den Müll. „Wir ficken mit
       Ökostrom“ hätte ich garantiert irgendwohin geklebt. An die Haustür am
       besten. Falls die Zeugen mal wieder vorbei kommen. „Kennen Sie Jesus?“ –
       „Nein, aber ich ficke mit Ökostrom.“
       
       Jedenfalls war Poseidon – so nannte ich ihn, weil er nämlich wasserdicht
       war – kaputt gegangen. Ich war traurig. Man baut zu seinen
       Elektrokleingeräten ja mit der Zeit doch eine gewisse Beziehung auf. Ich
       erzählte einer Freundin von der Tragödie, sie lachte nur: „Was, du hast nur
       einen einzigen Vibrator gehabt? Selber schuld!“ Stefan dagegen, mein
       Freund, war froh, dass nur der Vibrator gebrochen war und sonst nichts.
       
       Vorhin hab ich „Poseidon“ gegoogelt, weil ich mir nicht sicher war, wie man
       das schreibt. Dabei hab ich gelernt, dass er nicht nur der Gott des Meeres
       ist, sondern auch der „Auslöser von Erdbeben“. Wie passend. Nur halt tot
       jetzt. Ich hab mir also zwei neue Vibratoren gekauft. Bisschen andere
       Formen als vorher, zum Ausprobieren. Einer heißt von Hause aus „Paul“, ich
       glaube, den Namen lasse ich so. Es ist ein bisschen blöd, weil ich
       eigentlich später meinen Sohn so nennen wollte, und ich kann ja wohl beim
       besten Willen mein Kind nicht nach meinem Vibrator benennen. Na ja, Pech.
       Guter Sex geht erst mal vor.
       
       Paul sieht aus wie ein Wurm und der Kopf ist für den G-Punkt gedacht.
       Stefan nennt das „er geht auch um die Ecke“. Und dann hab noch einen
       zweiten gekauft, der aber noch mit der Post kommen muss, weil ich ihn im
       Internet bestellt hab. Auf den bin ich schon sehr gespannt. Er hat
       irgendeinen bekloppten Namen, aber weil er auch wasserdicht ist, nenne ich
       ihn: Amphitrite. Also eine Sie. Ich bin schon ganz aufgeregt.
       
       „Nächste Woche hab ich mein erstes Date mit Amphitrite“, hab ich zu Stefan
       gesagt. „Ich hoffe, sie ist geil“, sagte er. „Hoffe auch“, sagte ich.
       „Immerhin hast du sie bezahlt“, sagte er. „Sie ist ja quasi dein Callgirl.“
       „Sag das doch nicht so“, sagte ich, „immerhin bleibt sie ja länger als für
       eine Nacht.“ „Stimmt“, sagte Stefan, „bestimmt verliebt sie sich in dich.“
       Davon gehe ich aus.
       
       22 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Margarete Stokowski
       
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