# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Somalia: Jetzt kann gewählt werden
       
       > Die Abgeordneten in Somalia sollen endlich über ihren Präsidenten
       > abstimmen. Das Land hat seit über 20 Jahren keine funktionierende
       > Regierung.
       
 (IMG) Bild: Die neu ernannten somalischen Parlamentarier dürfen jetzt einen neuen Regierungschef wählen.
       
       NAIROBI taz | Zweimal wurde die Wahl verschoben, nun findet sie am Dienstag
       offenbar statt: Das vor einer Woche erstmals zusammengetretene neue
       somalische Parlament wählt seinen Präsidenten und dessen zwei
       Stellvertreter. Am vergangenen Montag lief das Mandat der bis dahin
       amtierenden UN-unterstützten Übergangsregierung unter Präsident Sheikh
       Sharif Sheikh Ahmed aus. Ursprünglich sollte dessen Nachfolger noch am
       selben Tag gewählt werden. Weil aber das Parlament nicht vollzählig war,
       mussten alle Wahlen verschoben werden.
       
       Die Parlamentarier haben die Wahl zwischen 21 Kandidaten für die drei
       Ämter. Die Abstimmungen sollen geheim und an Urnen stattfinden, versicherte
       der Leiter der somalischen Wahlkommission, Osman Labah Ibrahim, gegenüber
       der somalischen Online-Plattform Sabiah. Der neue Parlamentspräsident wird
       den Termin für die Wahl des Präsidenten festlegen. Der beruft den
       Regierungschef, der das dreißigköpfige Kabinett ernennt.
       
       Der Aufbau der neuen Institutionen wird mit Spannung erwartet. Seit dem
       Sturz des letzten Diktators Siad Barre im Januar 1991 hat das
       ostafrikanische Land keine funktionierende Regierung mehr. Auch die letzte
       Übergangsregierung beherrschte jahrelang nur ein paar Straßenzüge in der
       Hauptstadt Mogadischu, der Rest der Stadt und des Landes war in der Hand
       der islamistischen Shabaab-Miliz.
       
       Das hat sich geändert: Dank ihrer Verstärkung erkämpfte die Eingreiftruppe
       der Afrikanische Union (Amisom) viele Siege über die islamistische Miliz,
       die zum Terrornetzwerk al-Qaida gehört. Die aus mehreren Milizen gebildete
       somalische „Armee“ war der Juniorpartner. Weil die Sicherheitslage das noch
       nicht zulässt, werden die Abgeordneten nicht vom Volk gewählt, sondern von
       einem Rat der traditionellen Ältesten benannt.
       
       Wie einer der Parlamentskandidaten gegenüber der taz bestätigte, entstand
       um diese Sitze ein regelrechter Handel. Der Kandidat Abdi Shire Jama
       erklärte, der Älteste seines Klans habe von ihm Bargeld, den Kauf einer
       Villa, eines Autos, und die Bezahlung der medizinischen Behandlung eines
       Verwandten gefordert, wenn er ihn für einen Sitz im Parlament ernenne. Das
       Verfahren zog sich hin, weil die ernannten Abgeordneten von einem
       „technischen Komitee“ bestätigt werden müssen. Dessen Mitglieder
       verweigerten dies einigen Kandidaten. Dafür können sie drei Gründe
       anführen: eine Vorgeschichte als Warlord, mangelnde Bildung oder Gender.
       Die Verfassung fordert einen Frauenanteil von dreißig Prozent.
       
       Sheikh Sharif Sheikh Ahmed gilt als einer der aussichtsreichsten
       Präsidentschaftskandidaten. Gute Chancen werden auch dem
       Parlamentspräsidenten Sharif Hassan Sheikh Aden sowie Premier Abdiweli Ali
       eingeräumt. Die Wahl des Parlamentspräsidenten wird mit entscheiden, wer
       reale Chancen hat. Die Verfassung fordert, dass sich die politische Macht
       nicht bei einem Klan konzentriert.
       
       27 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bettina Rühl
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Somalia
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Vergewaltigte Frau zu Haftstrafe verurteilt: Somalischen Staat beleidigt
       
       Zu einem Jahr Haft ist eine vergewaltigte Frau in Mogadischu verurteilt
       worden. Der Journalist , der darüber berichtet hat, sitzt bereits im
       Gefängnis.
       
 (DIR) Neuer Präsident in Somalia: Ein Professor gewinnt die Wahl
       
       Der bisher wenig bekannte Hochschullehrer Hassan Sheikh Mohamud wurde vom
       Parlament in Mogadischu zum neuen Staatspräsidenten gewählt.
       
 (DIR) Vor der Wahl in Somalia: Kismayo kurz vor dem Fall
       
       Internationale Truppen dringen in die somalische Hafenstadt Kismayo vor.
       Sie ist eine der letzten Bastionen der islamistischen Al-Shabaab-Miliz.
       
 (DIR) Somalische Präsidentenwahl verschoben: Somalia weiter ohne Regierungschef
       
       Das neue Übergangsparlament sollte in Mogadischu einen neuen
       Übergangspräsidenten wählen. Doch die Wahl wurde noch vor der
       Parlamentssitzung verschoben.
       
 (DIR) Anschlag in Mogadischu: Radiomoderator erschossen
       
       Ein Komödiant, der Islamisten kritisiert, wird vor seinem Radiosender
       erschossen. Kurz bevor eine neue Übergangsverfassung verabschiedet wird.
       
 (DIR) Piraten in Somalia: Staatschef stützt Verbrecherchef
       
       Einer der obersten Piratenbosse Somalias konnte mit einem somalischen
       Diplomatenpass herumreisen. Er stand unter dem Schutz des Präsidialamtes.