# taz.de -- Neuer Präsident in Somalia: Ein Professor gewinnt die Wahl
       
       > Der bisher wenig bekannte Hochschullehrer Hassan Sheikh Mohamud wurde vom
       > Parlament in Mogadischu zum neuen Staatspräsidenten gewählt.
       
 (IMG) Bild: Der Hochschullehrer Hassan Cheikh Mohamoud ging als Sieger aus der Präsidentenwahl hervor.
       
       NAIROBI taz | In ihren Kommentaren im Internet haben sich die Somalier
       geradezu euphorisch geäußert. Mit dem ehemaligen Universitätsprofessor
       Hassan Sheikh Mohamud haben sie seit Montag einen neuen Präsidenten, den
       ersten legitimen seit mehr als 20 Jahren.
       
       Das allein war für viele ein Grund zu feiern, und so waren am Montagabend
       in den Straßen von Mogadischu Freudenschüsse zu hören, nachdem der
       56-Jährige mit mehrstündiger Verspätung als neuer Staatschef vereidigt
       worden war.
       
       Der bisherige Dekan einer privaten Universität in Mogadischu ist ein
       politischer Neuling, der bei der Wahl als Außenseiter galt. Fast alle
       Beobachter hatten erwarteten, dass der bisherige Übergangspräsident Sheikh
       Sharif Sheikh Ahmed die Wahl gewinnen würde, obwohl er als ausgesprochen
       korrupt und wenig effektiv gilt.
       
       Viele politische Posten wurden in den vergangenen Monaten verkauft. Vor
       allem Sheikh Sharif Sheikh Ahmed versuchte offenbar, seine Wiederwahl durch
       Stimmenkauf zu sichern. Dann aber sei der Wahlvorgang überraschend
       transparent gewesen, lobte Emmanuel Kisangani vom Institute for Security
       Studies in Nairobi.
       
       Der am Ende doch noch geregelte Ablauf der Wahl ist für die Zukunft
       Somalias von großer Bedeutung. Denn die Machtansprüche der unterlegenen
       Kandidaten, die Milizen mobilisieren könnten, um ihren Einfluss zu sichern,
       gelten als eine der größten Herausforderungen für den neuen Präsidenten.
       
       „Ich war beeindruckt, wie geregelt und strategisch gewählt wurde“, sagt
       auch Annette Weber von der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik.
       
       ## Mit Unterstützung der UNO
       
       Die Wahl Hassan Sheikhs schließt den von der UNO gestützten Aufbau
       staatlicher Institutionen ab, zu dem auch die Wahl eines neuen Parlaments
       und eines neuen Parlamentspräsidenten gehörte. Der Prozess fand mit
       mehrwöchiger Verzögerung statt. Das Mandat der bisher amtierenden
       Übergangsregierung lief am 20. August aus.
       
       Hassan Sheikh studierte vor dem Krieg an der Universität von Mogadischu und
       in Indien. Trotz des Bürgerkriegs blieb er die meiste Zeit in Somalia. In
       den 1990er Jahren arbeitete er für mehrere humanitäre Organisationen,
       darunter auch das UN-Kinderhilfswerk Unicef. 1999 gründete er in Mogadischu
       das Institut für Management und Administration, das später zu einer
       privaten Universität wurde.
       
       ## Gegen Extremisten
       
       Der neue Präsident gilt als moderat und signalisierte, er sei zu Gesprächen
       mit Mitgliedern der islamistischen Shabaab-Miliz bereit. Gleichzeitig
       machte er aber deutlich, dass er jeden Extremismus ablehnt.
       
       „Wenn er es schafft, die gemäßigteren Shabaab-Mitglieder von dem harten
       Kern zu trennen, der eng mit al-Qaida zusammenarbeitet, könnte das durchaus
       zu einer Stabilisierung beitragen“, meint Annette Weber.
       
       „Dialog ist der einzig gangbare Weg“, erklärt auch der Somalia-Experte
       Helmut Hess von Brot für die Welt. „Eine militärische Lösung kann es nicht
       geben“.
       
       ## Mitarbeiten an der Verfassung
       
       Eine positive Überraschung war bereits der neue Parlamentspräsident:
       Mohamed Osman Jawari ist ebenfalls ein Intellektueller, der sich an dem
       Bürgerkrieg in Somalia nicht beteiligt hat. Stattdessen arbeitete er in den
       vergangenen Jahren an der Ausarbeitung der neuen Verfassung mit.
       
       Vor dem neuen Präsidenten liegen viele alte Probleme. In den 21 Jahren ohne
       Zentralregierung sind regionale Machtzentren entstanden, deren Führer sich
       der neuen Regierung nicht unbedingt unterwerfen wollen. Die Shabaab-Milz
       kontrolliert weite Bereiche des Landes und führt in der Hauptstadt einen
       Guerillakrieg mit Selbstmordanschlägen und gezielten Morden.
       
       Die staatlichen Institutionen müssen erst noch aufgebaut werden, und auch
       die Wirtschaft liegt nach Jahren des Krieges am Boden. Aber zum ersten Mal
       seit vielen Jahren scheint es möglich, dass sich die Situation in Somalia
       zum Besseren wendet.
       
       11 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bettina Rühl
       
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