# taz.de -- Bayerns Wirtschaftsminister über Energie: „Man hat die Leute für dumm verkauft“
       
       > Bayerns Wirtschaftsminister Zeil bleibt dabei: Die Energiewende wird
       > teurer als behauptet. Seine Lösung: flexible Stromsteuern.
       
 (IMG) Bild: Der Freistaat Bayern produziert schon jetzt 30 Prozent seines Stroms regenerativ.
       
       taz: Herr Zeil, Ihr Parteivorsitzender Philipp Rösler will die
       Einspeisevergütung für erneuerbare Energien abschaffen. Da würden Ihnen
       doch in Bayern selbst konservative Wähler aufs Dach steigen, die ihre
       eigenen Solaranlagen betreiben, oder? 
       
       Martin Zeil: Aus bayerischer Sicht habe ich überhaupt keine Bedenken, dass
       wir uns ins eigene Fleisch schneiden. Wir haben schließlich die politische
       Aufgabe, Strom bezahlbar zu halten.
       
       Und wie wollen Sie sicherstellen, dass die Bürger immer noch ihren eigenen
       Strom produzieren können? 
       
       Der Umbau muss in Stufen erfolgen, das geht nicht von heute auf morgen. Das
       Fernziel muss ein europaweit harmonisiertes System sein, in dem es durch
       einen Handel mit Grünstromzertifikaten einen einheitlichen Marktpreis für
       erneuerbare Energien gibt. Wir schlagen vor, das System für eine
       Übergangszeit um eine nationale Komponente zu ergänzen. So lange könnte man
       Grünstromzertifikate gegen eine feste Vergütung tauschen. Das würde auch
       den Kleinanlagenbetreibern eine Teilnahme am Markt ermöglichen.
       
       Wie soll das denn die Kosten drücken, vor allem kurzfristig? 
       
       Langfristig durch die Vorteile eines viel effizienteren Systems bei den
       erneuerbaren Energien. Kurzfristig schlagen wir vor, die Stromsteuer
       flexibel zu gestalten: Man könnte sie um den gleichen Betrag senken, um den
       das EEG steigt. Ganz aktuell wollen wir über den Bundesrat einen
       entsprechenden Vorschlag einbringen. Ich hoffe sehr, dass der Bund dies
       aufgreift.
       
       Der Bundesumweltminister will erneuerbare Energien in Deutschland besser
       verteilen. Würden Sie sich in Bayern reinreden lassen? 
       
       Wir produzieren im Freistaat schon jetzt 30 Prozent unseres Stromes
       regenerativ und wollen bis 2020 50 Prozent erreichen. Dazu brauchen wir
       einen Ausbau der Windkraft. Im Prinzip halte ich eine Verständigung
       innerhalb der Bundesrepublik für extrem sinnvoll. Wir müssen uns von der
       Idee verabschieden, dass jedes Bundesland quasi energieautark wird. Ein
       Industrieland wie Bayern braucht eben neben zusätzlichen Gaskraftwerken
       auch den Windstrom aus dem Norden Deutschlands.
       
       Vor einem Jahr haben sie einen Atomausstieg bis 2022 noch als völlig
       unrealistisch bezeichnet. Jetzt geht es auf einmal? 
       
       Die Entscheidung im vergangenen Jahr war überhastet, dabei bleibe ich. Das
       zeigt sich jetzt, bei all den Problemen, die wir haben. Selbst die
       Ministerpräsidenten sprechen von einer drohenden Deindustrialisierung.
       Allerdings: Auch wenn ich mir einen anderen Ausstiegspfad gewünscht hätte,
       die Sache ist jetzt entschieden. Nun müssen wir die Antworten geben auf die
       Fragen, die wir beim Atomausstieg ausgeklammert haben. Der alte
       Bundesumweltminister hat auf dem Ohr nichts gehört, der neue adressiert
       zumindest die Probleme richtig.
       
       Die Fakten widersprechen der Deindustrialisierungsthese. Ist das
       Wahlkampfgetöse? 
       
       Ich würde dem Kreis der Ministerpräsidenten nicht generell Wahlkampfgetöse
       unterstellen.
       
       Dann nehmen Sie die Fakten: Seit 2005 sind die Strompreise für die
       energieintensive Industrie nicht mehr gestiegen. 
       
       Wir haben aber viele Industrien, die nicht die Ausnahmen der
       energieintensiven Industrie genießen, etwa im Textilbereich oder im
       Handwerk. Diese haben ein Problem mit den gestiegenen Strompreisen. Sie
       stellen Investitionen zurück. Das müssen wir sehr ernst nehmen.
       
       Wie soll das eigentlich gehen: Ausnahmen für große Teile der Industrie, den
       privaten Haushalten verspricht die Politik auch bezahlbare Preise? 
       
       Wir können in der Tat die Ausnahmen nicht unbeschränkt ausweiten. Man muss
       die Lasten besser verteilen. Vor einem Jahr wurde behauptet, die
       Energiewende koste die Bürger nicht mehr als eine Tasse Cappuccino im
       Monat. Da hat man die Leute für dumm verkauft. Hier setzt zum Beispiel mein
       Vorschlag einer Strompreisbremse an.
       
       27 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
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