# taz.de -- Firmen ohne Ökoumlage: Billiger Strom gratis
       
       > 734 Firmen müssen den Ökoaufschlag des Erneuerbare Energien-Gesetzes
       > nicht zahlen. Strom kriegen sie natürlich trotzdem. Die taz hat sie
       > dokumentiert.
       
 (IMG) Bild: Insgesamt zahlen die Verbraucher der Industrie 2,5 Milliarden Euro. 2013 werden es über 4 Milliarden Euro sein.
       
       Während die Politik noch überlegt, wie sie Hartz-IV-Empfänger vor den
       Kosten der Energiewende verschont, bekommt der Milliardär Jürgen Großmann
       den Strom für seine Unternehmungen längst zum Sozialtarif. Der Exchef des
       Energiekonzerns RWE ist Alleingesellschafter der Georgsmarienhütte bei
       Osnabrück.
       
       Die Stahlschmelze gehört zu den 734 Unternehmen, die von der Ökostromumlage
       befreit sind. Für jede Tonne Stahl bekommt Großmann 20 Euro von den
       Verbrauchern über die sogenannte besondere Ausgleichsregelung erstattet.
       
       Insgesamt zahlen die Verbraucher der Industrie 2,5 Milliarden Euro. Im
       nächsten Jahr werden es schon über 4 Milliarden Euro sein, ergab eine
       parlamentarische Anfrage der Grünen im Bundestag. „Die Zeche zahlen vor
       allem einkommensschwache Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen“,
       kritisiert der Grünen-Energiepolitiker Hans-Josef Fell.
       
       Dabei ist die Ausgleichsregelung eine sinnvolle Sache. Der Rabatt soll
       Arbeitsplätze in der energieintensiven Industrie gegenüber Chemiefabriken
       in Frankreich oder Stahlhütten in Indien schützen. Bisher war aber nicht
       klar, ob tatsächlich nur solche Unternehmen den Rabatt erhalten, die
       Konkurrenz aus Billigstromländern fürchten müssen.
       
       Die taz forderte deshalb beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle
       die Liste mit den 734 begünstigten Unternehmen an. Wie viel jeder Betrieb
       bekommt, wollte die Behörde aber nicht preisgeben.
       
       Auf der Liste der Empfänger stehen neben Stahlschmelzen auch Firmen wie der
       Himmelsberger Mineralbrunnen und die Wiesenhof-Geflügelschlachterei
       Möckern. Angesichts dieser Bandbreite kritisieren Umweltschützer mangelnde
       Transparenz, wie der internationale Wettbewerbsdruck festgestellt wird.
       
       ## „Die Bahn hat noch massive Energiesparpotenziale“
       
       „Wenn einige Betriebe den Rabatt erhalten, warum bekommen ihn dann andere
       aus der gleichen Branche nicht?“, wundert sich Thorben Becker vom BUND.
       Zementwerke und der Kohlebergbau hätten keine Konkurrenz aus dem Ausland,
       kritisiert Becker. Zu den Empfängern zählen die Braunkohlegesellschaft von
       Vattenfall und die Ruhrkohle AG.
       
       Auch die Deutsche Bahn AG und kommunale Straßenbahn- und S-Bahn-Betriebe
       sollten laut BUND die Ökostromumlage zahlen. Denn: „Die Bahn hat noch
       massive Energiesparpotenziale“, sagt Becker. Statt dem Nahverkehr Rabatte
       einzuräumen, solle Autofahren höher besteuert werden.
       
       Um die Abhängigkeit der Industriebetriebe von internationalen Stromkosten
       zu messen, solle ein neues Kriterium eingeführt werden, hat der Chef des
       Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, im Interview mit der taz gefordert.
       „Man könnte sich an der Handelsintensität orientieren, also dem Anteil der
       gehandelten Güter am Gesamtangebot der Branche“, sagte Flasbarth. Eine
       „praktikable Option“ nennt das auch Juri Horst vom IZES-Institut, der das
       Umweltministerium berät.
       
       Von den Unternehmen werde zudem keine Gegenleistung verlangt, kritisiert
       der Wissenschaftler. Zwar müssen die Industriebetriebe für den Rabatt nach
       Energiesparmöglichkeiten suchen. Tatsächlich Strom sparen müssten die
       Betriebe aber nicht, sagt Horst.
       
       ## Harter internationaler Wettbewerb
       
       Auch für Unternehmen, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen,
       könnte der Rabatt laut Experten etwas weniger großzügig ausfallen.
       Stahlunternehmen würden ohne Weiteres eine Umlage von 0,5 Cent pro
       Kilowattstunde verkraften, sagt Jochen Diekmann vom Deutschen Institut für
       Wirtschaftsforschung.
       
       „Das wäre immer noch eine Ermäßigung um 90 Prozent.“ Großmanns Tonne Stahl
       würde dadurch um 3 Euro teurer. Von Rabatten ausgenommen werden, könnte,
       laut BUND, auch ein kleiner Kreis von Unternehmen: Produzenten von
       Siliziumscheiben, die für Solarmodule benötigt werden. Die Vergünstigung
       erhalten die Firmen Crystalox, Siltronic und die Solarworld-Tochter
       Deutsche Solar.
       
       Ausgerechnet jene Unternehmen, die sich von allen anderen Verbrauchern über
       die Ökostromumlage ihre Produkte bezahlen lassen. Der Bundesverband
       Erneuerbare Energien rechtfertigt die Ausnahmen: Die Solarfirmen stünden in
       hartem internationalem Wettbewerb.
       
       31 Aug 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuel Berkel
       
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