# taz.de -- Bio-Essen ist kaum gesünder: Vitamine gibt es überall
       
       > Laut einer Meta-Studie ergeben sich minimale Gesundheitsvorteile durch
       > Bio-Lebensmittel. Sie sind nur frei von Pestiziden.
       
 (IMG) Bild: „Die Gesundheit ist nicht unser Hauptkampffeld“, sagt ein Sprecher des Anbauverbands Bioland.
       
       STANFORD/BERLIN dpa | Bio-Lebensmittel sind nach einer neuen Studie nur
       wenig gesünder als konventionelles Essen. Die Forscher fanden keinen
       deutlichen Nachweis, dass biologische Lebensmittel nährstoffreicher sind
       oder ein geringeres Gesundheitsrisiko bergen.
       
       Zu diesem Ergebnis kommt eine umfangreiche Meta-Analyse der Universität
       Stanford, die im Fachblatt „Annals of Internal Medicine“ erschienen ist.
       Bio-Essen verringert nach Erkenntnissen der US-Forscher aber das Risiko,
       Pflanzenschutzmittel zu sich zu nehmen.
       
       Agrarforscher und Bio-Verbände betonen den Nutzen der biologischen
       Landwirtschaft für Gewässer, Böden, Klima und Artenvielfalt. Für die
       Stanford-Studie sichteten Wissenschaftler um Dena M. Bravata tausende
       Untersuchungen und wählten davon 223 aus, die entweder den Nährstoffgehalt
       oder die Belastung mit Bakterien, Pilzen oder Pestiziden verglichen.
       
       17 Studien – darunter sechs randomisierte klinische Versuche – betrachteten
       außerdem Gruppen, die sich biologisch oder herkömmlich ernährten. Eine
       Langzeitstudie, die sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen der
       Ernährungsweisen beschäftigt, war aber nicht darunter. Die
       Untersuchungszeiträume betrugen zwei Tage bis zwei Jahre.
       
       Die Ergebnisse zeigten keinen wirklichen Gesundheitsvorteil für die
       Bio-Lebensmittel: Der Vitamingehalt unterschied sich den Forschern zufolge
       kaum, Fette und Proteine waren ähnlich verteilt. Krankheitserreger kamen in
       keiner der beiden Gruppen häufiger vor. Auch besonders gesunde Bio-Früchte
       oder Bio-Gemüse konnten die Wissenschaftler nicht ausmachen. „Wir waren ein
       bisschen erstaunt, dass wir nichts gefunden haben“, meinte Co-Autorin
       Crystal Smith-Spangler laut einer Mitteilung der Universität Stanford.
       
       ## Weniger Pestizide
       
       Allerdings waren die Bio-Lebensmittel seltener mit Pestiziden kontaminiert
       – auch wenn sie nicht zu 100 Prozent frei davon waren. Zwei Studien etwa
       wiesen im Urin von Kindern, die sich biologisch ernährten, geringere
       Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln nach. Auch scheint es, als
       würden Bio-Hühner und -Schweine weniger Antibiotika-resistente Bakterien
       aufweisen, doch ist die klinische Bedeutung dieser Befunde laut den
       Forschern unklar.
       
       Der Umweltschutzorganisation Greenpeace liegen ähnliche Ergebnisse vor.
       „Konventionelles Obst ist nicht weniger gesund für den menschlichen
       Organismus als Bio-Obst und -Gemüse“, meinte Christiane Huxdorff, die bei
       Greenpeace für nachhaltige Landwirtschaft zuständig ist. „Wir sagen nie,
       dass Bio gesünder ist.“
       
       Sie betonte allerdings, dass beim biologischen Anbau auf Pestizide
       verzichtet werde. Dies könne sich positiv auf Mensch und Umwelt auswirken.
       „Biologische Lebensmittel sind in der Regel frei von Pestizid-Rückständen,
       es kann aber mal sein, dass Spuren gefunden werden.“ Die Studie sei „nicht
       überraschend“, kommentierte Agrarforscher Urs Niggli vom wissenschaftlichen
       Beirat des Bunds Ökologische Lebensmittelwirtschaft. Wenn konventionelle
       Lebensmittel lebensverkürzend wären, müssten sie schließlich vom Markt
       genommen werden.
       
       Allerdings gebe es noch keine Studie über die kombinierten Effekte von
       Rückständen, die am zulässigen Limit liegen. „Im Apfelanbau etwa werden
       mehrere Fungizide, Insektizide und Herbizide verwendet, außerdem
       Phytohormone, um die Früchte auszudünnen. Die Auswirkungen dieser
       Chemikalien werden nie summiert.“
       
       ## Kernziel der Öko-Landwirtschaft
       
       Niggli betonte zudem die „unglaublich positive Wirkung“ von ökologischer
       Landwirtschaft auf die Biodiversität. „Auf dem Land von Biobetrieben
       herrscht eine viel größere Artenvielfalt – von den kleinsten
       Mikroorganismen bis hin zu den Vögeln“, sagte der Direktor des
       Forschungsinstituts für Ökologischen Landbau im Schweizerischen Frick.
       
       Auch werde das Grundwasser viel weniger belastet – nicht umsonst wollten
       Wasserwerke, dass in ihrem Einzugsgebiet die Flächen ökologisch
       bewirtschaftet werden. „Mit Bio kauft man sich immer ein Paket an positiven
       Eigenschaften.“
       
       Das finden auch die Produzenten der Bio-Lebensmittel, die im vergangenen
       Jahr bereits 6,1 Prozent der Agrarfläche in Deutschland bewirtschafteten –
       Tendenz steigend. „Die Gesundheit ist nicht unser Hauptkampffeld“, sagte
       Gerald Wehde, Sprecher des Anbauverbands Bioland. Kernziel der
       Öko-Landwirtschaft sei es vielmehr, die Umwelt zu erhalten.
       „Gewässerschutz, Klimaschutz, Artenschutz, Bodenqualität – da erbringen wir
       eine große ökologische Leistung.“
       
       4 Sep 2012
       
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