# taz.de -- Kolumne American Pie: Die Pfeifen wollen mehr Geld
       
       > Auch zu Beginn der NFL-Saison ist der Arbeitskampf der Referees nicht
       > beigelegt. Amateurschiris müssen in der Profi-Football-Liga einspringen.
       
 (IMG) Bild: Shannon Eastin (r.) profitiert vom Streik, die Spieler wollen ihre Schiris zurück.
       
       Es war nur ein bedingtes Zeichen von Fortschrittsgeist, als Shannon Eastin
       am 9. August das Football-Stadion in San Diego betrat, den Pferdeschwanz
       versteckt unter einer schwarzen Schirmmütze. Die Fachwelt rieb sich
       verwundert die Augen. 92 Jahre nach der Gründung der National Football
       League (NFL) stand zum ersten Mal eine Frau im Schiedsrichterteam auf dem
       Feld, und dann war es noch eine, die bislang maximal in niederklassigen
       College-Ligen eingesetzt worden war.
       
       Tatsächlich ist die 42-Jährige nicht auf Grund ihres herausragenden Rufs in
       die Eliteklasse gerutscht. Vielmehr ist ihre Nominierung nur eine Randnotiz
       im Arbeitskampf zwischen der NFL und ihren Schiedsrichtern. Die
       Auseinandersetzung hält die wichtigste Football-Liga der Welt derzeit in
       Atem. Beide Parteien verhandeln seit Monaten, ohne auch nur einen
       Zentimeter Raumgewinn verbuchen zu können.
       
       Wie schon im letzten Tarifstreit im Jahr 2001 sperrte die NFL alle
       regulären Schiedsrichter vorübergehend und rief sich ein Team aus
       niederklassigen High-School- und College-Referees zusammen – darunter auch
       Shannon Eastin. Für drei Wochen der Pre-Season sollten die Amateure
       zunächst einspringen, doch nachdem am vergangenen Wochenende die letzte
       Verhandlungsrunde erfolglos blieb, steigt heute auch das Eröffnungsspiel
       der 93. Saison ohne NFL-erfahrene Referees.
       
       Zum Ende der vergangenen Saison ist der Tarifvertrag der Referees
       ausgelaufen. Seitdem tobt ein erbitterter Streit um Honorare,
       Rentenansprüche und Fahrtkostenentschädigungen. Es geht um mehr als Geld
       allein. Zwar feilscht die Schiedsrichtergewerkschaft NFLRA durchaus um
       höhere Bezüge und fordert ein reformiertes Rentensystem sowie eine
       Anpassung der Gehälter an die der anderen wichtigen US-Profiligen NBA, NHL
       und MLB; doch dahinter steckt Substanzielleres. Denn die NFL spielt mit dem
       Gedanken, als letzte der US-Profiligen zumindest teilweise auf
       professionelle Vollzeit-Schiedsrichter umzustellen.
       
       ## Profis wünschen sich ihre alten Schiris zurück
       
       Bislang leiten – ähnlich wie in der Fußball-Bundesliga – Ärzte, Anwälte
       oder Ingenieure im Nebenberuf die Spiele. Die NFL möchte nun mit drei Teams
       aus Profi-Schiedsrichtern die Teilzeit-Referees entlasten und mehr
       Kapazitäten haben, um sie intensiver auszubilden. Die Gewerkschaft will das
       aber nur hinnehmen, falls den Teilzeit-Schiedsrichtern garantiert wird,
       auch im vergrößerten Schiedsrichter-Stab dasselbe Geld zu bekommen.
       
       Nach Informationen der New York Times trennen insgesamt vier Millionen
       Dollar die Parteien von einem Vertragsabschluss. Eine Einigung ist nach
       Einschätzungen aller Beteiligter in naher Zukunft nicht zu erwarten. Die
       Profis, die vor der vergangenen Saison ebenfalls über vier Monate mit der
       NFL um ihre Verträge gestritten hatten, aber auch Vereinsfunktionäre und
       Trainer sind gleichermaßen genervt von den stockenden Verhandlungen.
       
       Schon nach den ersten Spielen der Vorbereitung äußerten sie scharfe Kritik
       an den Ersatz-Schiedsrichtern, die von Spieltempo und -komplexität
       sichtlich überfordert waren und zahlreiche Fehlentscheidungen produzierten.
       „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich irgendwann freuen würde, einen
       Referee aus dem letzten Jahr wiederzusehen“, sagte
       New-York-Giants-Wide-Receiver Victor Cruz. „Wenn jedoch bald einer
       auftaucht, schüttle ich seine Hand und sage: ’Danke, dass du wieder da
       bist.‘“
       
       USA Today widmete dem ersten Spiel von Shannon Eastin übrigens eine
       ausführliche Berichterstattung. Das Urteil des Blattes: Anders als der
       Großteil ihrer Aushilfskollegen zeigte sie eine fehlerfreie Leistung.
       
       4 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Carmesin
       
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