# taz.de -- Kolumne Nebensachen: Fremde, vertraute Klänge
       
       > Irgendwo in Dalmatien wird Francesco in einer Bar gefeiert. Der Sänger
       > kann es kaum fassen, ist er doch mit seiner Musik lange auf taube Ohren
       > gestoßen.
       
 (IMG) Bild: Irgendwo, hinter den Bergen an der dalmatinischen Küste singt Francesco in einer Bar.
       
       Diesen Erfolg hatte er seit Langem verdient. Francesco, der Sänger,
       Bandleader und Komponist, konnte die Jubelstürme, die in der Kneipe des
       dalmatinischen Dorfes Slatine für ihn aufgebrandet waren, gar nicht fassen.
       Denn jahrelang war er in seiner Heimat gegen eine Mauer des Misstrauens und
       Ablehnung angerannt. Und jetzt dieser Jubel.
       
       Als er in den frühen achtziger Jahren das Dorf verlassen hatten, war er ein
       Risiko eingegangen. Nicht, dass er im Streit gegangen war. Sein Bruder
       schuftete für die gesamte Familie. Die gemeinsame Kneipe mit den Bildern
       von Marilyn Monroe, Sting und den Stones offenbarte zwar noch Anfang der
       90er Jahre etwas von dem Geist Francescos aus den Siebzigern.
       
       Doch er war weg. Er lebte in Amsterdam, trat in Kneipen überall in den
       Niederlanden auf, ging nach London und experimentierte mit wechselnden
       Gruppen. Im Sommer kam er stets zurück und spielte seine neuen
       Kompositionen. Meist vor leeren Stuhlreihen. Seine Versuche, heimische
       Klänge mit seinen zu verbinden, scheiterten. Er lebte dann vom Bruder und
       im Herbst verschwand die Grille dann wieder im holländischen Nebel.
       
       Die Ameise sorgte weiter für die Familie. Den Fischern, Bauern und
       Seefahrern blieb Francescos Musik fremd. Funk, Rock in wechselnden
       Richtungen und seine selbstgedichteten Balladen überstiegen den Horizont
       der Daheimgebliebenen.
       
       Die lieben vor allem die heimischen Klänge der Klapa – eines traditionellen
       Männerchors – und auch noch die im ganzen ehemaligen Jugoslawien berühmten
       Lieder Sängers Oliver Dragojevic aus Split. Und natürlich die oftmals
       schmalzigen Sommerhits.
       
       Francesco jedoch? Na ja, der gehörte eben zum Dorf. Wenn er kam, wurde er
       herzlich begrüßt. Doch deshalb musste man doch nicht auch noch seine Musik
       mögen! Er spielte trotzdem vor den missbilligenden Blicken seines Bruders.
       
       Doch jetzt hat sich das Blatt gewendet. In der Kaffeebar versammelten sich
       in diesem Sommer vor allem junge Menschen. Viele tanzten mit. Francescos
       Konzerte in Trogir, Kastela und Split zogen Tausende an.
       
       Der Bruder schaute dem Treiben zu. Mit einem Anflug von Lächeln und von
       Stolz. Wie alle hörte auch er die Worte des Sängers. „Es gibt Veränderung.
       Ihr habt euch verändert“, heißt es im Refrain von Francescos persönlichem
       Sommerhit.
       
       10 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
       
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