# taz.de -- Weltweite CO2-Emissionen: EU verliert Image als Klimakiller
       
       > Im vergangenen Jahr sind die CO2-Emissionen weltweit auf einen neuen
       > Rekord geklettert. In den USA und Europa sanken sie deutlich.
       
 (IMG) Bild: China hat den Standard anderer Industrienationen erreicht – bei CO2-Emissionen: Chemifabrik in Tianjin.
       
       BERLIN taz | Der weltweite Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid ist im
       vergangenen Jahr auf einen neuen Rekord geklettert: Insgesamt 34 Milliarden
       Tonnen CO2 gelangten 2011 in die Atmosphäre, 3 Prozent mehr als im
       bisherigen Rekordjahr 2010. Das geht aus dem Bericht „Trends in Global
       CO2-Emissions“ für 2012 hervor, der von der Niederländischen Umweltagentur
       und dem Forschungszentrum der EU-Kommission herausgegeben wird und der taz
       vorliegt.
       
       Die Zahlen überschatten die UN-Klimaverhandlungen, die letzte Woche in
       Bangkok relativ erfolgreich verliefen. Und sie zeigen, dass die alten
       Industrieregionen USA und Europa nicht mehr die entscheidende Rolle für das
       Klima spielen.
       
       Denn nach aktuellen Zahlen sind die Treibhausgasemissionen sowohl in den
       USA als auch in Europa deutlich gesunken. Ein warmer Winter, weniger
       Benzinverbrauch und weniger Verbrennung von Kohle haben in den USA zum
       niedrigsten CO2-Ausstoß seit 20 Jahren geführt.
       
       „Der Ausstoß von CO2 aus dem Energieverbrauch fiel auf 1,3 Milliarden
       Tonnen, ein Rückgang um 8 Prozent“, schreibt das Worldwatch Institute mit
       Bezug auf offizielle Statistiken der US-Regierung. Dazu beigetragen habe
       nicht nur der Zubau von erneuerbaren Energien, sondern vor allem das
       Zurückdrängen der dreckigen Kohle durch das relativ saubere Erdgas. Das
       wiederum erlebt in den USA derzeit einen Boom – vor allem wegen der
       umweltschädlichen Fracking-Fördermethode, die gerade in Deutschland heftig
       umstritten ist. In den USA ist Gas so billig wie lange nicht mehr.
       
       ## Warmer Winter spart Treibstoff
       
       In Europa sind die Zahlen auf den ersten Blick noch beeindruckender: Trotz
       eines wachsenden Bruttoinlandsprodukts und obwohl mehr Kohle verbrannt
       wird, sind die Treibhausgasemissionen in der EU 2011 um 2,5 Prozent
       gesunken. Der Ausstoß der Gase aus Industrie, Energie, Handel und Haushalt
       sank auf etwa 4,6 Milliarden Tonnen. Auch hier sind nach der Statistik der
       Europäischen Umweltagentur EEA vor allem der warme Winter und der Zubau von
       erneuerbaren Energien für die Reduktion verantwortlich.
       
       Insgesamt liegen die Emissionen der 27 EU-Staaten damit bereits um 17,5
       Prozent unter dem Stand von 1990. Das selbstgesteckte Ziel der EU, bis 2020
       eine Reduktion von 20 Prozent zu erreichen, ist also bereits fast erreicht.
       Deshalb fordern Umweltgruppen von den Europäern, ihre Ambitionen einseitig
       auf 30 Prozent zu erhöhen.
       
       Die Fortschritte in den USA und in der EU nutzen aber kaum dem Weltklima.
       Das ergibt sich aus den Zahlen des aktuellen Berichts „Trends in Global CO2
       Emissions.“ Demnach „machen die Emissionen der OECD-Länder nur noch ein
       Drittel der globalen Emissionen aus – derselbe Anteil wie der von China und
       Indien, wo die Emissionen 2011 um 9 bzw. 6 Prozent zugelegt haben“.
       
       ## Optimismus bei der UN
       
       Chinas durchschnittlicher Pro-Kopf-Ausstoß habe inzwischen 7,2 Tonnen CO2
       erreicht und sei damit „in der Spanne von 6 bis 19 Tonnen, die die meisten
       Industriestaaten erreichen“. Andererseits entstünden nach dem Bericht
       weltweit schnell große Kapazitäten von erneuerbaren Energien. 2011
       vermieden die Wind-, Solar- und Biomasseanlagen Emissionen von 800
       Millionen Tonnen CO2 – so viel, wie Deutschland ausstößt.
       
       Bei den Klimaverhandlungen in Bangkok, die letzte Woche zu Ende gingen, war
       die Chefin der UN-Klimabehörde jedenfalls optimistisch: „Die Regierungen
       haben bei wichtigen Themen mehr Fortschritte gemacht als gedacht“, sagte
       Christiana Figueres. Denn nach Bangkok liegt tatsächlich etwas auf dem
       Tisch: Die Verhandler hätten sich auf ein „inoffizielles Papier“ geeinigt,
       das einen Kompromiss für die UN-Klimakonferenz im November in Doha
       vorzeichne.
       
       Außerdem gebe es eine Einigung darüber, welche Stolpersteine es auf dem Weg
       zu einem weltweiten Klimaabkommen 2015 gebe. Und selbst die Beobachter des
       World Resources Institute lobten, die Verhandler hätten sich in Bangkok
       immerhin nicht mehr um Verfahrensfragen, sondern um Inhalte gestritten.
       
       10 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Fracking
 (DIR) EU
       
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