# taz.de -- Klimawandel schadet Talsperren: Weniger Dünger, mehr Wetter
       
       > Starke Niederschläge und Algen beeinträchtigen die Gewässerqualität von
       > Stauseen. Das hat Auswirkungen auf die Gewinnung von Trinkwasser.
       
 (IMG) Bild: Sind durch Starkregen und Algen bedroht: Talsperren wie hier im sächsischen Eibenstock.
       
       DRESDEN taz | Der Klimawandel beeinträchtigt die Gewässergüte von
       Trinkwasser-Talsperren. Insbesondere in Ostdeutschland heben kürzere Winter
       und veränderte Zuflüsse die nach dem Ende der DDR erreichten Fortschritte
       teilweise wieder auf.
       
       Zu diesem Ergebnis kommen Langzeitforschungen von Hydrobiologen der TU
       Dresden gemeinsam mit der Sächsischen Akademie der Wissenschaften. In
       einzigartigen Messreihen wurden über vier Jahrzehnte Nährstoffeintrag und
       Planktonentwicklung an zwei Talsperren im Erzgebirge beobachtet.
       
       In den siebziger und achtziger Jahren seien noch ein hoher Phosphatgehalt
       und eine hohe Nitratkonzentration zu beobachten gewesen, berichtet der
       Hydrobiologe Lothar Paul. Er leitet die unweit der Talsperren Saidenbach
       und Neunzehnhain gelegene Ökostation. Phosphorhaltige Waschmittel und
       landwirtschaftliche Düngung wurden für die Belastung verantwortlich
       gemacht. Dieser Nährstoffeintrag, von Fachleuten als Eutrophierung
       bezeichnet, begünstigt das Wachstum von Bakterien und Algen.
       
       Zur Überraschung der Wissenschaftler hatte der Rückgang der
       Nährstoffbelastung keine geringere Algenentwicklung zur Folge. Im November
       2011 wurde die höchste Blaualgenentwicklung seit Beginn der Aufzeichnungen
       beobachtet. Fotos zeigen eine grüne Oberfläche der Talsperre Saidenbach.
       
       ## Klima wiegt sonstige Faktoren auf
       
       Dafür gibt es komplexe, noch nicht vollständig erforschte Ursachen, betont
       die Biologin Heidemarie Horn. Als wesentlich sieht sie aber kürzere
       Eisbedeckung im Winter und verlängerte Wachstumsmöglichkeiten im Frühjahr
       an, die zu stärkerer Massenentwicklung führen. „Die Änderung des Klimas hat
       den verringerten Nährstoffeintrag nach 1990 kompensiert“, resümiert die
       Forscherin. Die sächsischen Messungen bestätigen Beobachtungen über
       verstärktes Auftreten von Phytoplankton, die auch an anderen europäischen
       Gewässern gemacht wurden.
       
       Eine zweite Beeinträchtigung resultiert aus Niederschlagsveränderungen im
       Einzugsgebiet. Infolge des Klimawandels regnet es im Erzgebirge im Sommer
       häufiger und heftiger. Plötzliche starke Zuflüsse an Talsperren müssen
       durch die dafür vorgesehenen Auslässe am Fuß der Staumauern kontrolliert
       ausgeglichen werden, um die Hochwasserschutzfunktion zu wahren. Dabei geht
       das hochwertige Wasser aus den tiefen Schichten verloren.
       
       Abhilfe wird durch Abgabeschleusen in den oberen Wasserschichten
       geschaffen, die im Erzgebirge erstmals eingebaut wurden. Sie ermöglichen
       einen schnellen „Durchfluss“ des Regenwassers an der Oberfläche.
       
       Insgesamt kommt es zu stärkeren Turbulenzen zwischen den Wasserschichten
       und zu kürzeren Verweilzeiten. Nach Angaben von Lothar Paul werden die
       Mindestverweilzeiten zur Wasserklärung bereits an allen sächsischen
       Talsperren unterschritten. Vorsperren und Folien-Tauchwände gelten als
       mögliche Mittel, das durch Starkniederschläge verschmutzte Wasser zunächst
       zurückzuhalten.
       
       „Ökologische Langzeitforschung an Talsperren ist kostenintensiv, kann aber
       teure Fehlinvestitionen vermeiden“, verteidigt Lothar Paul die
       Gewässerforschung. Er spricht dabei auch in eigener Sache. Denn
       ausgerechnet die im Juni mit dem Exzellenztitel ausgezeichnete Dresdner
       Universität will jetzt die Ökologische Station Neunzehnhain schließen, um
       Personal zu sparen.
       
       11 Sep 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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