# taz.de -- Deutscher Buchpreis 2012: Im neuen Deutschland
       
       > Ursula Krechel gewinnt den Buchpreis 2012. „Landgericht“ beschreibt das
       > Schicksal eines jüdischen Exil-Heimkehrers im Nachkriegs-Deutschland.
       
 (IMG) Bild: Ursula Krechel: Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2012
       
       Im Kaisersaal des Frankfurter Römer sind Montagabend die Würfel gefallen:
       Für ihren Roman [1][„Landgericht“] bekam Ursula Krechel den mit 25.000 Euro
       dotierten Deutschen Buchpreis 2012. Die Jury zollt so der Geheimfavoritin
       der zuletzt 6 Shortlist-Kandidaten späte Anerkennung. In ihrem
       Außenseiterroman spürt sie dem Schicksal eines jüdischen Exil-Heimkehrers
       nach, der nach Kriegsende versucht, sich in ein neues Deutschland
       einzugliedern.
       
       Ursula Krechel, 1947 in Trier geboren, war in Deutschland lange Jahre vor
       allem als Essayistin und Lyrikerin bekannt. Nach ihrem Studium der
       Germanistik, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte hatte sie
       Theaterprojekte verwirklicht und zahlreiche Lehraufträge an Universitäten
       angenommen. Mit „Shanghai fern von wo“ lieferte sie 2008 ihr spätes Debüt
       als Romanautorin und bekam gleich mehrere Auszeichnungen dafür.
       
       Diesen August erschien bei Jung und Jung ihr zweiter Roman. Und auch
       „Landgericht“ widmet sich einem Emigrationsschicksal. Krechels Protagonist
       heißt Richard Kornitzer. Er ist Jude, Richter und wird von den Nazis
       bereits 1933 in den Ruhestand versetzt. 1939 flieht er ins kubanische Exil.
       
       ## Ein gebrochener Mann
       
       Als der Mann zehn Jahre später wiederkommt, wird er ans Mainzer Landgericht
       berufen. Kornitzer will helfen, ein neues Land aufzubauen – und vor allem
       will er wieder Teil der Gesellschaft werden. Doch sein Ankommen ist nur ein
       Scheinbares, und auch sein beruflicher Aufstieg entpuppt sich als Farce.
       Kornitzer ist ein gebrochener Mann und bleibt auch nach Kriegsende ein
       Ausgestoßener. Seine Kinder, während der Kriegsjahre in England
       untergebracht, sind Kornitzer fremd geworden.
       
       Dokumentarisch zeichnet Krechel nach, wie das Leben des Heimkehrers langsam
       auseinanderbricht. Das Ergebnis ist eine spröde Gesellschaftsstudie, in dem
       Täter wie Opfer ihre Rolle haben. Als Kornitzer merkt, dass es die
       Wiedergutmachung, die er sich wünscht, nicht geben kann, beginnt er
       körperlich und seelisch zu verfallen.
       
       Ursula Krechel, die heute in Berlin lebt, ist dabei nicht auf sein
       Einzelschicksal fixiert. Während sie die Geschichte von Kornitzer erzählt,
       von seiner Verbitterung über das Leben im neuen Deutschland, greift sie
       zahlreiche vergleichbare Geschichten auf. Wie schon in „Shanghai fern von
       wo“ arbeitet die Autorin dabei mit authentischen Dokumenten und
       Amtskorrespondenzen und gießt sie literarisch in Form.
       
       Der Deutsche Buchpreis, verliehen von der Stiftung des Börsenvereins des
       Deutschen Buchhandels, wird dieses Jahr zum 8. Mal vergeben.
       
       8 Oct 2012
       
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