# taz.de -- Ungarischer Premier in Berlin: Orbans Bittbesuch bei Merkel
       
       > Ungarns Regierungschef verspricht der Kanzlerin Sicherheit für
       > Investoren. Die übt im Gegenzug kaum Kritik an Orbans Euro- und
       > Innenpolitik.
       
 (IMG) Bild: Gut gelaunte Duz-Freunde: Angela und Viktor im Kanzleramt.
       
       BERLIN taz | Viktor Orban sieht gar nicht so verängstigt aus. Ungarns
       Ministerpräsident wirkt sogar recht entspannt, als er neben seiner
       Duzfreundin, der Bundeskanzlerin, im Kanzleramt vor die Presse tritt. Dabei
       sagte der rechtskonservative Regierungschef noch kurz vor seinem
       Berlin-Besuch in einem Interview: „Wenn es eine Person auf diesem Planeten
       gibt, die ich nicht zum Gegner haben möchte, dann ist das Angela Merkel.“
       
       Merkel nutzt die Gelegenheit nicht, ihren ungarischen Amtskollegen für
       seine heftig umstrittene Innen- und Europapolitik öffentlich zu
       kritisieren. Dabei gäbe es dazu viele Anlässe. Orbans rechtskonservative
       Koalition hat seit ihrem Amtsantritt vor mehr als zwei Jahren ihre
       Zweidrittelmehrheit im Parlament zu rabiaten Reformen genutzt: Unabhängigen
       Medien wird die Arbeit erschwert, die Unabhängigkeit der ungarischen
       Zentralbank wurde eingeschränkt.
       
       Zugleich werden nationalistische Töne immer lauter, und eine
       Wahlrechtsreform nutzt der ungarischen Opposition zufolge allein Orbans
       Regierungsbündnis. Noch am Tag seines Berlin-Besuchs ist ein Interview
       erschienen, in dem er erklärt, ein Beitritt Ungarns zur Eurozone sei für
       sein Land auf absehbare Zeit kein Thema.
       
       Doch all das bleibt in der Pressekonferenz außen vor. Merkel erwähnt
       lediglich: „Wir haben ein sehr offenes Gespräch gehabt.“ Dabei sei es um
       die Themen Wirtschaft, Wahlrecht und „Pressepolitik“ gegangen. Orbans
       Äußerungen dazu hätten ihr geholfen, „die Dinge besser zu verstehen“.
       
       ## Gutes Geschäftsklima
       
       Vielleicht muss Merkel ihren Gast auch nicht unbedingt öffentlich schelten,
       wenn sie Einfluss auf ihn nehmen will. Wie das geht, zeigen die weiteren
       Äußerungen der beiden. Orban erklärt, 1,2 Millionen der 10 Millionen Ungarn
       seien direkt oder indirekt „abhängig“ von Investitionen aus Deutschland.
       Seit seinem Amtsantritt 2010 hätten deutsche Unternehmen rund 4,7
       Milliarden Euro in dem Staat angelegt.
       
       Merkel sagt, insgesamt hätten deutsche Firmen sogar 16 Milliarden Euro in
       Ungarn investiert. Das sichert Einfluss in dem kleinen Land. Zugleich
       sorgen sich die Unternehmen um die Sicherheit ihrer Investitionen und
       machen Druck auf Merkel.
       
       Orban weiß das. Daher wünscht er sich für die nächste Finanzierungsperiode
       der EU, wie er am Donnerstag sagt, eine „faire Beurteilung“ Ungarns. Das
       Land ist extrem von EU-Geldern abhängig. Gleich mehrmals versichert der
       Ministerpräsident, ab 2013 werde die ungarische Wirtschaft wieder wachsen.
       
       Und seine Absage an einen baldigen Beitritt zur Gemeinschaftswährung sei
       nicht endgültig: „Dass der Euro Probleme hat, bedeutet nicht, dass es so
       bleibt“, sagt Orban. Die Kanzlerin äußert sich daher zufrieden zum
       Verhältnis beider Länder: „Das eng ist Netz, äh: Das Netz ist eng.“
       
       11 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Matthias Lohre
       
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