# taz.de -- Forscher über Ausbau der Solarleistung: „Wir brauchen mehr Sonnenstrom“
       
       > Der Fotovoltaikexperte Volker Quaschning über staatliche Zuschüsse,
       > Preisvergleiche und das gewachsene Know-How im Handwerk.
       
 (IMG) Bild: „Sie können schon Solarstrom in Deutschland billiger auf dem Dach produzieren, als er beim Stromanbieter kostet,“ sagt Volker Quaschning.
       
       taz: Herr Quaschning, Sie und andere Wissenschaftler fordern für
       Deutschland 200 Gigawatt Solarleistung bis zum Jahr 2040, mehr als sechsmal
       so viel wie heute. Ist das angesichts der derzeitigen Diskussion um die
       steigenden Kosten der Energiewende nicht ziemlich verrückt? 
       
       Volker Quaschning: Wir wollen doch eine Energiewende, also keine Atomkraft
       und eine Energieversorgung, die ohne den Ausstoß des klimaschädlichen Gases
       Kohlendioxid (CO2) auskommt. Die Bundesregierung sagt jetzt: Wir machen das
       nicht mehr mit Solarenergie oder Windkraft an Land, sondern fördern die
       Nutzung der Windkraft auf dem Meer. Dabei ist Photovoltaik heute schon zum
       gleichen Preis zu haben und wird künftig deutlich günstiger. Eigentlich ist
       es ziemlich verrückt, was die Bundesregierung da macht.
       
       Wo wollen Sie denn die ganzen Solaranlagen errichten? 
       
       Wir können allein 160 Gigawatt auf Dächern und Fassaden in Deutschland
       installieren, und zwar ausschließlich auf geeigneten Dächern, die in
       Richtung Sonne zeigen und nicht verschattet sind.
       
       Wie viel Milliarden Förderung, die letztlich die Verbraucher aufbringen
       müssen, benötigen Sie dafür denn noch? 
       
       Sie können schon Solarstrom in Deutschland billiger auf dem Dach
       produzieren, als er beim Stromanbieter kostet. In drei bis vier Jahren
       kommen wir ohne Zuschüsse aus. Wir sind gerade auf der Schwelle, brauchen
       aber noch den Übergang. Deshalb dürfen wir den Ausbau der Nutzung der
       Solarenergie jetzt nicht abwürgen. Sonst zerstören wir die gewachsenen
       Strukturen und das Know-how, das es etwa bei den vielen Installateuren im
       Handwerk gibt.
       
       Dann können wir die Solarförderung also bald ganz abschaffen? 
       
       Dafür fehlen die Voraussetzungen. Die Bundesregierung hat ohnehin einen
       Deckel für die Förderung eingezogen: Momentan haben wir in Deutschland 30
       Gigawatt installiert, ab 52 Gigawatt gibt es keinen Cent gesetzliche
       Einspeisevergütung mehr, wenn Sie sich eine Solarzelle aufs Dach bauen.
       Eigentlich könnte man als Eigenheimbesitzer dann sagen: Egal, dann speise
       ich den Strom eben nicht ins Netz ein, sondern verkaufe ihn an meinen
       Nachbarn. Das geht aber nicht, dafür sorgt das Energiewirtschaftsgesetz.
       Sie müssten offiziell Energieversorger sein, und da gibt es hohe Hürden.
       
       Das kann man doch aber wohl ändern. 
       
       Momentan geht es nicht darum, einen Markt für Solarstrom ohne Förderung zu
       schaffen. Selbst als Hausbesitzer ist es extrem schwer, selbst produzierten
       Solarstrom an die Mieter verkaufen zu dürfen. Statt solche Modelle zu
       fördern, die ja auch die Netze entlasten würden, werden sie erschwert. Es
       geht offenbar darum, Konkurrenz zu verhindern und kleinen, dezentralen
       Energieerzeugern das Leben schwer zu machen.
       
       Warum macht die Bundesregierung bei 52 Gigawatt installierter Solarleistung
       Schluss? 
       
       Wir haben ausgerechnet, was es bedeuten würde, wenn wir mehr als 52
       Gigawatt Photovoltaik in Deutschland installieren würden: Dann lohnt sich
       der Betrieb von fossilen Grundlastkraftwerken für die großen
       Energiekonzerne wirtschaftlich nicht mehr. Die müssen eigentlich ständig
       durchlaufen, wir könnten dann aber tagsüber teilweise den kompletten
       Strombedarf mit erneuerbaren Energien decken. Die alten Energieversorger
       würden also extreme Probleme bekommen.
       
       Und wie wollen Sie ohne fossile Großkraftwerke die Versorgung an den Tagen
       bewältigen, an denen der Wind nicht bläst und der Himmel bewölkt ist? 
       
       Die Frage ist doch: Wird es billiger, weiter Kohle, Öl und Gas zu
       verfeuern? Oder wird es billiger, einige fossile Notfall-Kraftwerke nur
       dann zu nutzen, wenn es das Wetter absolut notwendig macht? Im zweiten Fall
       rechnen wir in unseren Szenarien, dass Strom maximal noch 5 bis 10 Cent
       teurer wird als heute. Die immer teureren fossilen Rohstoffe würden den
       Strompreis aber mittelfristig ebenso steigen lassen. Also setzen wir besser
       gleich auf erneuerbaren Strom, schonen das Klima und machen uns von
       Importen unabhängig.
       
       14 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
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