# taz.de -- Kommentar Bildungsministerin Schavan: Bei aller Lust und Empörung
       
       > Das Gutachten über Annett Schavans Doktorarbeit wurde gezielt lanciert.
       > Ob plagiiert oder nicht – der Wahlkampf beginnt und Schavan ist ein
       > beliebtes Angriffsziel.
       
       O ja, es gibt viele Gründe, warum man sich lauthals empören sollte, beim
       Blick auf das Bundesbildungsministerium!
       
       An den Unis quetschen Studierende sich an die Heizkörper, nicht weil ihnen
       kalt ist, sondern weil die Hörsäle hoffnungslos überfüllt sind. Wer
       doppelte Abiturjahrgänge schafft, hätte wissen müssen, dass es eng wird.
       Ein nicht funktionierendes Studienplatzvergabesystem macht es den
       JungakademikerInnen auch nicht einfacher, sich rechtzeitig um eine
       bezahlbare Bleibe zu kümmern.
       
       Und am gravierendsten: Ob Stipendienvergabe oder Büchergeld, das
       CDU-geführte Ministerium hat nichts gegen den Missstand getan, dass in
       Deutschland der Bildungsabschluss immer noch in erster Linie etwas mit der
       sozialen Herkunft zu tun hat.
       
       Aufregen kann man sich aber auch darüber, dass ein Gutachten, das durchaus
       das Potenzial in sich trägt, die Lebensleistung einer Person zu zerstören,
       an die Öffentlichkeit gerät, bevor die Betroffene selbst Stellung beziehen
       kann.
       
       Das Gutachten über Annette Schavans Doktorarbeit wurde am Wochenende
       gezielt lanciert und bestätigt im Kern die Vorwürfe einer „plagiierenden
       Vorgehensweise“, die eine „leitende Täuschungsabsicht“ zu erkennen gebe.
       Und es war Frau Schavan, die zu Guttenberg in seiner Plagiatsaffäre den
       Todesstoß gab, mit dem Satz, dass sie „sich als Wissenschaftlerin nicht nur
       heimlich schäme für das, was da passiert ist“.
       
       Daran muss sie sich messen lassen – auch wenn allgemein bekannt ist, dass
       sie ihn nicht ganz freiwillig gesagt hat. Richtig ist aber auch, dass ihr
       Fall allein schon deswegen anders gelagert ist, weil sie ihre Doktorarbeit
       verfasst hat, lange bevor es das einfache Internetkopieren gab.
       
       Keine Frage: Auch eine Arbeit, die vor über drei Jahrzehnten verfasst
       wurde, darf nicht gefälscht sein. Aber bei aller Lust an der Empörung muss
       berücksichtig werden, dass wir uns im beginnenden Bundestagswahlkampf
       befinden.
       
       Schavan ist ein beliebtes Angriffsziel: als enge Merkel-Vertraute, als
       umstrittene Christdemokratin und nicht zuletzt als eine Bildungsministerin,
       die es einem einfach macht, sie zu kritisieren. Aber genau weil das so ist,
       sollte man sich zunächst über ihre miese Bilanz empören und beim Rest
       abwarten, was glaubwürdige und unabhängige Gutachter herausfinden.
       
       15 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ines Pohl
       
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