# taz.de -- Plagiatsvorwürfe gegen Ministerin: Frau Dr. Schavan unter Druck
       
       > Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht Bildungsministerin Annette Schavan
       > ihr „vollstes Vertrauen“ aus. Doch wie lange hält das? Es ist ein
       > flüchtiges Gut.
       
 (IMG) Bild: Herr, wirf Antwort vom Himmel.
       
       BERLIN taz | Das Vertrauen der Angela Merkel ist ein flüchtiges Gut. Es ist
       der 21. Februar 2011, Merkel steht im Berliner Konrad-Adenauer-Haus.
       Journalisten löchern die Kanzlerin wegen der Plagiatsaffäre des
       Verteidigungsministers. Merkel schaut geduldig, sie sagt, dass Karl-Theodor
       zu Guttenberg ihr „volles Vertrauen“ genieße. Zwei Wochen später war zu
       Guttenberg kein Minister mehr.
       
       Wiederholt sich im Fall von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) nun
       ausnahmsweise Geschichte?
       
       Regierungssprecher Steffen Seibert muss an diesem Montag viele kritische
       Fragen zu Schavan und ihrer Doktorarbeit beantworten. Seibert ist die
       Stimme der Kanzlerin, und er verwendet wortgleich Formulierungen, wie sie
       damals auch fielen: Die Bundeskanzlerin habe „volles Vertrauen“ zu Schavan.
       Jene sei eine „hervorragende, sehr erfolgreiche Ministerin“. Das Verfahren
       liege nun in der Hand der Universität Düsseldorf, betont Seibert. Niemand
       außerhalb des Promotionsgremiums könne sich im Moment eine abschließende
       Meinung bilden.
       
       Mit solchen Sätzen, die zunächst lobend klingen, sorgt Merkel vor. Sollten
       die Uni-Gremien zu dem Schluss kommen, dass Schavan vorsätzlich abgekupfert
       hat und den Doktortitel nicht mehr tragen darf, könnte Merkel sie
       problemlos fallen lassen. Die im aktuellen Spiegel veröffentlichten
       Vorwürfe wiegen schwer: Das Magazin zitiert aus einem Gutachten, welches
       Schavan bei der Erstellung der Arbeit „eine leitende Täuschungsabsicht“
       nachweist. Die Promotion, die Schavan 1980 abgab, trägt ausgerechnet den
       Titel „Person und Gewissen“. Die Uni-Gremien prüfen nun, ob sie sich der
       Sicht des Gutachters anschließen.
       
       ## „Überaus erfolgreich“
       
       Die Verteidigungslinie der Union ist klar. Es gibt vereinzelt Lob für
       Schavans Arbeit, gleichzeitig verweisen alle auf das laufende Verfahren.
       Schavan sei eine „überaus erfolgreiche Bildungsministerin“, sagt
       CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe. Sie habe „Anspruch auf ein faires
       Verfahren“. Bei einem solchen müsse sie in Kenntnis des Gutachtens zu den
       Vorwürfen Stellung nehmen können.
       
       Der für Bildung und Forschung zuständige Unions-Fraktionsvize Michael
       Kretschmer thematisiert, dass das Gutachten vor dem Verfahren an Medien
       durchgestochen wurde. Das sei ein „verstörender Vorgang“. Schavan habe aus
       Respekt vor den Uni-Gremien geduldig das Gutachten abgewartet. „Und es wäre
       nur anständig, wenn die Universität Düsseldorf mit der gleichen
       Professionalität agieren würde.“ Ähnlich sieht das Thomas Strobl, CDU-Chef
       in Baden-Württemberg – dem Landesverband, aus dem auch Schavan kommt. „Das
       ist kein guter Stil.“
       
       Doch diese Kritik am Durchstechen ist letztlich nur ein Ablenkungsmanöver.
       In der aufgeschreckten Union diskutiert man nun hinter vorgehaltener Hand,
       ob – nach zu Guttenberg und dem geschassten Norbert Röttgen – bereits der
       nächste Wechsel im Kabinett droht. Eine Bildungs- und Forschungsministerin,
       der ihr Doktortitel wegen Betruges aberkannt wird, wäre nicht mehr tragbar.
       Diese Einschätzung teilen viele Christdemokraten. Zu groß wäre das Gefälle
       zwischen Amt und Wirklichkeit. Zu weit hat sich Schavan in der
       Guttenberg-Affäre aus dem Fenster gelehnt. Sie schäme sich nicht nur
       heimlich, sagte sie damals über die Kapriolen ihres Kabinettskollegen.
       
       Die unprätentiös auftretende Schavan hat sich in den vergangenen Jahren in
       der CDU viele Feinde gemacht. Konservative verübeln ihr, mit ihrem Kampf
       für die Abschaffung der Hauptschule eine Kernposition zu räumen. Ihr
       Verhältnis zu ihrem Landesverband Baden-Württemberg ist aus dem gleichen
       Grund gestört. Eine Freundschaft galt aber bislang als sicher. Schavan ist
       eine der wenigen Vertrauten der Kanzlerin. Nur: Wie schnell Merkel solche
       Beziehungen löst, hat sie oft genug bewiesen.
       
       15 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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