# taz.de -- Kommentar Orthodoxe in Israel: Fromme Verhandlungsmasse
       
       > Israels Verteidigungsminister Barak verschickt Musterungsbescheide an
       > 15.000 Orthodoxe. Dass sie zum Militär müssen, ist unwahrscheinlich.
       
 (IMG) Bild: Als Wähler mächtig, als Soldaten gefragt: Orthodoxe in Israel.
       
       Auf Kriege ist sie vorbereitet, auf die Rekrutierung von 15.000 Orthodoxen
       nicht. Israels Armee, die in diesen Tagen Musterungsbescheide an die 17-
       bis 19-jährigen streng Gläubigen schickte, verschafft die Vorbereitung auf
       die Integration der Soldaten mit Sonderwünschen ordentliche Kopfschmerzen.
       Für die Politiker ist die Operation „fromme Rekrutierung“, die zu den
       zentralen Forderungen von Israels Sozialbewegung gehörte, Wahlkampfthema.
       
       Seit zwei Monaten ist nach einem Gerichtsurteil eine gesetzliche Regelung
       überfällig, die die bislang gültige Regelung „Jeschiwa statt Armee“
       ersetzt, also die Befreiung von Talmudschülern von der Wehrpflicht. Dass
       sich Verteidigungsminister Ehud Barak ausgerechnet jetzt daran erinnert,
       die Armee mit der Verschickung der Musterungsbescheide an den frommen
       Sektor zu erinnern, ist ein kümmerlicher Versuch, beim Wähler zu punkten.
       
       Umfragen geben dem Ex-Regierungschef mit seiner neuen Kleinstpartei
       „Unabhängigkeit“ kaum Chancen, die 1,5- Prozent-Hürde ins Parlament zu
       schaffen. Problematisch für Barak ist, dass nicht nur die „Unabhängigkeit“
       für eine gerechtere Verteilung der Staatsbürgerpflichten plädiert, sondern
       alle anderen weltlichen Parteien auch. Die religiösen sind dagegen. Die
       Wehrpflicht für Orthodoxe ist neben Iran und Wirtschaft das dritte große
       Thema im Wahlkampf.
       
       Bei den Lösungsmodellen der weltlichen Parteien für die Rekrutierung der
       Frommen gibt es nur geringe Unterschiede. Es gilt, einen Balanceakt zu
       bewältigen, die sanfte Heranführung der Orthodoxen an die
       staatsbürgerlichen Pflichten bei gleichzeitiger maximaler Ausnutzung des
       eigenen Wählerpotenzials.
       
       Aber mit der Verschickung der Musterungsbefehle passiert vorläufig noch gar
       nichts. Frühestens in einem Jahr müssten die frommen Männer in ihre
       Uniformen schlüpfen, doch bis dahin finden Koalitionsverhandlungen statt.
       Den frommen Parteien sind ihre Stimmen sicher, und sie haben sich den
       Einzug in die Regierung noch immer hoch honorieren lassen. Ob die
       Wehrpflicht tatsächlich kommt, ist daher mehr als fraglich.
       
       Trotzdem muss die Armee auf alle Unwägbarkeiten vorbereitet sein. Strikte
       Geschlechtertrennung am Einsatzort und in den Unterkünften, koschere Küche
       und Gebetsräume müssen parat stehen. Millionen werden investiert für einen
       Ernstfall, der doch nicht eintreten wird.
       
       16 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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