# taz.de -- Tischtennis Europameisterschaft: Und wieder macht's der steife Bock
       
       > Timo Boll spaziert durch die Europameisterschaft und erfreut sich selbst
       > am eigenen Spiel. Seine Anerkennung für die Gegner ist umso sportlicher.
       
 (IMG) Bild: Der Steife Bock in Aktion: Europameister Timo Boll
       
       BADEN BADEN taz | Timo Boll findet Tischtennis-Europameisterschaften
       langsam etwas peinlich. „Sorry, dass ich schon so oft gewonnen habe“, hob
       Boll nach seinem 16. EM-Titel gleich zu einer Entschuldigung an, weil es
       erneut „ein bisschen langweilig“ war. Der Kroate Tan Ruiwu vermied ein
       glattes 0:4 nur, weil Boll im vierten Durchgang einen vermeintlich leichten
       Ball vorbeischmetterte.
       
       Anders als der Olympia-Dritte Dimitrij Ovtcharov im Viertelfinale ließ der
       Weltranglistenfünfte Tan aber nicht noch einmal einen 1:3-Rückstand drehen.
       Der nächste Matchball im fünften Durchgang saß. Der sechste Einzeltitel war
       perfekt. Dank der drei zusätzlichen Bronzemedaillen im dänischen Herning
       war der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) mit der Gesamtbilanz zufrieden:
       Bastian Steger (Saarbrücken) war im Halbfinale wie zuvor im Achtelfinale
       auch Patrick Franziska (Fulda-Maberzell) an Tan gescheitert.
       
       Im Doppel unterlagen Kristin Silbereisen/Wu Jiaduo (beide Kroppach) den
       Siegern Daniela Dodean/Elizabeth Samara (Rumänien) ebenso in der
       Vorschlussrunde knapp mit 3:4 wie Ovtcharov mit seinem Vereinskameraden
       Wladimir Samsonow (Fakel Orenburg/Russland) beim 2:4 gegen die späteren
       Gewinner Robert Gardos/Daniel Habesohn (Österreich). Europameisterin bei
       den Frauen wurde die Weißrussin Wiktoria Pawlowitsch.
       
       ## Zu dicke Beläge
       
       Wegen Stegers sensationellem 4:0-Erfolg im Viertelfinale über seinen
       Dauerbezwinger Samsonow und der Auftakt-Pleite der dänischen Hoffnung
       Michael Maze wäre sogar ein rein deutsches Halbfinale möglich gewesen. Doch
       neben Ovtcharov, der nicht wie in London heißlief, verbockte es vor allem
       Patrick Baum. Der Düsseldorfer hatte Adrian Crisan im Achtelfinale mit 4:2
       eliminiert – und wurde anschließend disqualifiziert. Nachdem bereits vor
       dem Match sein Schläger mit zu dicken Belägen ausgestattet war, kam nach
       dem Sieg sein Ersatzracket auf den Prüfstand. Die Schiedsrichter stellten
       beim schwarzen Gummi 4,09 Millimeter statt der maximal erlaubten 4,04
       Millimeter fest.
       
       So durfte Boll noch etwas Olympia-Aufarbeitung betreiben. Im August hatte
       der 31-Jährige gegen Crisan eine seiner „bittersten Stunden“ im
       Achtelfinale erlebt. Im EM-Halbfinale führte Boll seinen Angstgegner nach
       dem verlorenen ersten Satz mit fantastischen Bällen vor. Noch spektakulärer
       war nur sein grandioser Abschluss des Viertelfinales zum 4:1 über Andrej
       Gacina.
       
       „Allein dafür lohnte sich schon die Anreise!“, zeigte sich selbst der sonst
       so zurückhaltende Boll begeistert, „solch einen spektakulären Matchball
       spielte ich noch nie.“ Er hetzte den Kroaten mehrfach von einem Eck ins
       andere, doch der wieselflinke Gacina zauberte jeden Ball zurück auf die
       Platte, bis ihn der Rekordeuropameister hinter das Netz abtropfen ließ.
       Grinsend lobte der vor Spielfreude sprühende Boll: „Gacina ist ein echter
       Athlet – da komme ich steifer Bock nicht mehr hin!“
       
       22 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hartmut Metz
       
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