# taz.de -- Verwirrung um Abfallgesetz: Kampf ums Altpapier geht weiter
       
       > Auch mit neuem Abfallgesetz lässt sich der Streit zwischen privater und
       > öffentlicher Abfallwirtschaft nicht schlichten. Nun wollen private
       > Unternehmen das Gesetz kippen.
       
 (IMG) Bild: Kann noch etwas wert sein: Altpapier.
       
       BERLIN taz | Nicht nur Ranzen und Sportbeutel schleppen die Kinder der
       Bürgel-Grundschule in Potsdam-Babelsberg jeden Morgen zur Schule, sondern
       häufig auch ordentlich verschnürte Stapel Altpapier. Versehen mit Namen und
       Klasse, denn für jedes Kilo gibt es Punkte. Die Schule macht mit beim
       Sammelwettbewerb einer regionalen Entsorgungsfirma, die das Papier – 25
       Tonnen waren es 2011 – an eine Papierfabrik verkauft. Mit der Aktion wollen
       Firma und Schule für Recycling werben und Kinder für den Umweltschutz
       interessieren.
       
       Dürfen sie das überhaupt? Bei den Beteiligten herrscht darüber seit
       Inkrafttreten des neuen Abfallgesetzes im Sommer einige Verwirrung. Die
       Stadt Potsdam versichert, wegen ihr dürften Schulen weiter mit Altpapier
       ihre Klassenkasse aufbessern. Die Verwaltung diskutiere intensiv, wie
       ihnen, Kindergärten und Vereinen, die Sammlung erlaubt werden könne.
       
       Das gehe nicht, sagt Axel Fischer von Ingede, einem Verband der
       Papierhersteller. Schließlich müssten die Bürger laut
       Kreislaufwirtschaftsgesetz ihr Altpapier der Kommune überlassen. Immer mehr
       Papierfabriken berichteten über verunsicherte Sportvereine oder Pfadfinder,
       die sich die Sammlung nicht mehr trauten.
       
       Unsinn, heißt es dazu aus dem Bundesumweltministerium. Die gemeinnützige
       Sammlung erlaube das Gesetz auch weiterhin. Im Gegenteil: Man registriere
       Versuche der gewerblichen Sammler, sich unter dem Deckmantel der
       Gemeinnützigkeit weiter den begehrten Sekundärrohstoff anzueignen. Nach dem
       Preisabsturz während der Wirtschaftskrise 2008 sind alte Zeitungen und
       Zeitschriften wieder lukrativ. Beenden konnte das neue Abfallgesetz den
       langen Streit ums Altpapier bislang jedenfalls nicht.
       
       Jüngst haben verschiedene Wirtschaftsverbände den Europäischen
       Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia aufgefordert, gegen das Gesetz
       vorzugehen. Die Überlassungspflicht gegenüber den Kommunen „schaffe ein
       Monopol für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger“, beklagen die
       Verbände. „Wir wollen eine Überprüfung in Brüssel, weil wir auf dem
       Altpapiermarkt einen fairen Wettbewerb brauchen“, sagt Mechthild Foet vom
       Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, der sich der Initiative
       angeschlossen hat.
       
       Zum einen könnte Papier noch teurer werden, wenn die Kommunen ein
       Angebotsmonopol aufbauten. Außerdem sei die Qualität der gewerblichen
       Altpapiersammlung bisweilen höher. Papierspezialisten der Verlage
       beobachteten Fehlsortierungen in den öffentlichen blauen Tonnen, so Foet.
       Die Behauptung, die Papierqualität könne sinken, sei absurd, heißt es vom
       Verband kommunaler Unternehmen, man möge doch bitte keine alten Debatten
       neu aufrollen.
       
       Ist es wichtig, was in der blauen Tonne landet? Je sortenreiner gesammelt
       werde, desto besser, sagt Michael Söffge, Geschäftsführer der Glücksstädter
       Firma Steinbeis, die Recyclingpapier herstellt. Gerate Karton unters
       Altpapier, zeige sich das im Papier hinterher in hässlichen braunen Fasern.
       Nicht zu verwechseln mit seinem leichten Grauschleier: Der rührt von Resten
       an Druckerfarbe her. Auf diese sollten die Beteiligten ihre Energien doch
       lieber konzentrieren, meint Benjamin Bongardt vom Naturschutzbund Nabu.
       Gerade die Farbe von Zeitschriften und Zeitungen sei nämlich
       umweltschädlich und giftig.
       
       25 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Holdinghausen
       
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