# taz.de -- KandidatInnen für den Grünen Parteirat: Wettkampf der Ost-Frauen
       
       > Katrin Göring-Eckardt kandidiert für den wichtigen Parteirat.
       > Ausgerechnet zwei junge Frauen aus dem Osten machen der Thüringerin
       > Konkurrenz.
       
 (IMG) Bild: Katrin Göring-Eckardt am 24.10.2012 in Rostock
       
       BERLIN taz | Der Parteirat der Grünen funktioniert im Grunde wie die
       VIP-Lounge in einem exklusiven Club. Wer drin sitzt, ist besonders wichtig.
       Die 16 Mitglieder bekommen geheime Vorstandsvorlagen als erste auf den
       Tisch. Sie entscheiden über interne Strategien. Und ihre Namen tauchen
       öfter in den Medien auf, was die Beliebtheit der Parteiratssitze ungemein
       steigert.
       
       Entsprechend aufmerksam wird bei den Grünen beobachtet, wer sich derzeit
       für die Wahl in Stellung bringt, die auf der Bundesdelegiertenkonferenz im
       November stattfindet. Besonders ein Name sorgt intern für Diskussionen:
       Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt hat eine Bewerbung
       abgegeben. Sie sagt: „Ich bewerbe mich als starke Stimme für den Osten und
       weil ich das Thema soziale Gerechtigkeit weiter voranbringen will.“ Die
       46jährige, die auch als Präses der Synode der Evangelischen Kirche
       arbeitet, will außerdem eine von zwei SpitzenkandidatInnen für den
       Bundestagswahlkampf werden.
       
       Für Göring-Eckardt geht es um ein parteiinternes Comeback. Schon einmal war
       sie ganz oben, als Rot-Grün im Bund unter Gerhard Schröder regierte. Erst
       organisierte Göring-Eckardt als Fraktionsgeschäftsführerin die Mehrheiten.
       Dann setzte sie als Fraktionschefin die Agenda 2010 durch und bejubelte
       diese als „revolutionäre Umbruchphase“.
       
       ## Andere Töne
       
       Inzwischen schlägt Göring-Eckardt andere Töne an. Die Thüringerin warb auf
       den Urwahlforen mit ihrer ostdeutschen Biografie für sich, eine
       „Vertreterin der 1989erInnen“. Sie bezeichnet die Grünen als „Wir-Partei“
       und sieht es als wichtigste Aufgabe, arme und bildungsferne Menschen
       mitzunehmen.
       
       Göring-Eckardt arbeitet an ihrer Neuerfindung. Und klar ist: Wenn sie ein
       achtbares Urwahl-Ergebnis holt und es in den Parteirat schafft, gewinnt sie
       in der Partei deutlich an Gewicht.
       
       Doch ausgerechnet zwei junge Frauen aus Ostdeutschland könnten diesen Plan
       vereiteln. Anja Siegesmund, Fraktionschefin im Thüringer Landtag, bewirbt
       sich ebenfalls. „Die Grünen sind erstmals in allen ostdeutschen Landtagen
       vertreten“, sagt Siegesmund. „Das ist für die politische Landkarte sehr
       wichtig.“ Die 35jährige, die bis 2008 im Wahlkreisbüro von Göring-Eckardt
       arbeitete, will die Stimme dieser eng zusammenarbeitenden Ost-Fraktionen
       sein. Siegesmund spekuliert auf den Sitz von Sachsens Fraktionschefin Antje
       Hermenau, die sich aus dem Gremium verabschiedet.
       
       Es ist ungewöhnlich, dass sich zwei Kandidatinnen aus einem sehr kleinen
       Landesverband für das Spitzengremium bewerben. Der Parteirat, so ist es
       Tradition bei den Grünen, soll möglichst alle Bundesländer und Strömungen
       abbilden. Prompt kam es wegen der Dopplung auf einem Realo-Treffen am
       vergangenen Sonntag zu verdutzten Nachfragen.
       
       ## Auf ähnlichem Ticket
       
       Hinzu kommt, dass eine weitere junge Frau antritt, die auf einem ähnlichen
       Ticket unterwegs ist. Annalena Baerbock, 31 Jahre, ist die Chefin des
       Landesverbandes Brandenburg. Sie versucht, den Wettkampf positiv zu wenden:
       „Die Bewerberinnenlage zeigt doch, dass wir viele fitte Frauen mit
       unterschiedlichen Profilen haben, die den Osten innerparteilich stärken.“
       Doch Baerbock räumt ein, dass es „enorm schwierig wird, alle drei
       Kandidatinnen durchzubekommen.“
       
       Mit dieser Einschätzung dürfte sie recht behalten. Acht Plätze sind im
       Parteirat Frauen vorbehalten, acht offene Plätze gehen in der Regel an die
       Männer. Und nur zwei Frauen verabschieden sich aus dem Gremium: die Sächsin
       Hermenau, und die Hamburgerin Anja Hajduk. Außerdem tritt eine weitere
       aussichtsreiche Kandidatin an. Gesine Agena, 25 Jahre alt und Ex-Sprecherin
       der Grünen Jugend, soll an diesem Wochenende die Empfehlung des
       Jugendverbandes bekommen. Dies dürfte ihre Chancen deutlich erhöhen.
       
       Es wird also eng für die drei ostdeutschen Frauen. Intern schütteln viele
       Grüne den Kopf über die schlechte Vorabsprache. „Die drei Bewerbungen
       kannibalisieren sich“, sagt ein Parteiinsider. Katrin Göring-Eckardts
       Chancen schmälert zudem, dass ihr Standing bei der Parteibasis nicht das
       beste ist. 2006 verlor die Kirchenfrau in einer Parteirats-Wahl gegen eine
       damals völlig unbekannte Junggrüne von der Basis. Die siegte im ersten
       Wahlgang – nachdem sie sich für die Freigabe von Rauschgiften in die
       Bresche geworfen hatte.
       
       27 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
 (DIR) Ulrich Schulte
       
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