# taz.de -- Drama im ZDF: Mit Banane im Mund gegen die Stasi
       
       > Statt auf den Mond flüchtet eine Frau aus der DDR in den Westen:
       > „Deckname Luna“ (Montag, 20.15 Uhr, ZDF) ist charmant plump.
       
 (IMG) Bild: Die junge, idealistische Lotte aus der DDR möchte mit dem Raumfahrtprogramm der UdSSR zum Mond. Stattdessen landet sie aber wie zufällig im Westen.
       
       Dieser Film ist wie eine anstrengende Beziehung. Er hat seine Macken, ein
       paar wird man ihm auch nicht verzeihen. Doch wenn man nur geduldig ist und
       nicht gleich den „Aus, aus, aus!“-Knopf drückt, wird man ab und zu
       überrascht. Er, also dieser Zweimal-zwei-Stunden-Monolith namens „Deckname
       Luna“, hat es aber auch nicht leicht.
       
       Ein Kind des ZDF, soll er als der diesjährige öffentlich-rechtliche Beitrag
       zum nahenden Mauerfall-Gedenken am 9. November angemessen intelligent
       unterhalten. Aber richtig spannend oder kompliziert darf es dabei nicht
       werden – wir befinden uns schließlich in der Primetime.
       
       Wenig Adrenalin, kein Sex, und schon wieder geteiltes Deutschland:
       schwierig also. Vor allem, wenn Drehbuch (Christian Jeltsch, Monika Peetz)
       und Regie (Ute Wieland) nicht viel mehr als die üblichen Figuren mit ihren
       üblichen Sätzen und Konflikten zur bereits rundum dokumentierten und
       fiktionalisierten Ost-West-Materie einfallen.
       
       ## Verträumte Utopie
       
       Es ist also 1961, kurz vorm Mauerbau, in Peenemünde. Da ist die junge,
       idealistische Lotte (Anna Maria Mühe), die noch an die sozialistische Idee
       glaubt und an sich selbst: Sie will ins Raumfahrtprogramm der UdSSR und
       dann zum Mond. Für Lotte sieht das Drehbuch folgende Sätze vor: „Warum
       sollte es falsch sein, von einer gerechteren Welt zu träumen? Die DDR kann
       eine Chance für alle sein, man muss es nur wagen.“
       
       Ihre Familie bezweifelt, dass Lotte als Frau und deutsche Arzttochter ins
       Kosmonautenprogramm aufgenommen wird. Und als die Mauer gebaut wird,
       erklärt Lotte dem Stasi-Mann Julius Moll (Heino Ferch), wie sie sich den
       sozialen Realismus wünscht: „Offen und ehrlich, nicht mit Einmauern.“
       
       Die verträumte Utopie, in diesem Fall Lotte, kann natürlich nicht ohne ihre
       Gegenspieler, die kleinkarierte Realität, deren Text hier Lottes Mutter
       (Kirsten Block) und Moll übernehmen. Die Mutter ist Abteilungsleiterin auf
       einer Werft, auf der auch Lotte arbeitet: „Sei realistisch“, gemahnt sie,
       „es gibt dringendere Dinge hier, auf der Erde, zu erledigen. Auf der
       Werft.“ Moll wiederum will, dass Lotte ihren West-Opa (Götz George)
       ausspioniert, einen Raketenbauingenieur. Lotte lehnt ab, aber Moll wird
       später noch Gelegenheit haben, sie zu erpressen.
       
       ## Klischee und Mauerrealismus
       
       Damit wäre der Konflikt Mauerrealismus und wie es eigentlich hätte laufen
       können mit dem Sozialismus (gerechter, offen, ehrlich), schon mal abgehakt.
       Fragt sich bloß, warum man diesen ohnehin immer mitschwingenden DDR-Subtext
       immer noch mal plump Text werden lassen muss.
       
       Ähnlich plump bis dramaturgisch unglaubwürdig wird teilweise die Story
       vorangetrieben. Als Lottes Freund Holger (Christian Näthe) sie beim
       Flugblätterschreiben gegen den Mauerbau erwischt, zeigt er sie – warum,
       wird nicht ganz klar – bei der Stasi an. Die beiden streiten sich, er
       stürzt unglücklich und stirbt, sie flieht vor der drohenden Mordanklage –
       irgendwie halt – über den Gefängniszaun.
       
       Ihr Bruder Kurt (Ludwig Trepte) bringt sie zum Peenemünder Hafen, dort soll
       sie sich auf einem Fischerboot verstecken, an dessen Heck festgebunden
       dümpelt – wie praktisch! – ein Ruderboot. „Damit ruderst du in den Westen,
       wenn ihr auf hoher See seid.“
       
       ## Manchmal auch lustig
       
       Immerhin: Eine gewisse kreative Spielfreude, was den Einsatz formaler
       Mittel angeht, muss man dem Film zugutehalten. Da wird historisches
       Archivmaterial – Fotos und Filmsequenzen, die einen allerdings auch nicht
       gerade mit Seltenheitswert umhauen: der Sprung des Soldaten über den
       Stacheldraht, Walter Ulbricht: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu
       errichten“ – auf dem Bildschirm gegengeschnitten mit den Emotionen der
       Filmhelden. Das Auge sortiert verwirrt Fiktion und Realität auseinander,
       das macht Spaß.
       
       Und dann ist der Film manchmal einfach doof, aber lustig: Da wird der
       schiffbrüchigen Lotte, die am Timmendorfer Strand angespült wird, allen
       Ernstes von einem hilfsbereiten Ehepaar erst mal Coca-Cola eingeflößt. Per
       Anhalter fährt Lotte dann über die Dörfer Richtung Augsburg, wo ihr
       Großvater wohnt, und verspeist dabei staunend eine Banane. Man lacht und
       hofft, dass das jetzt Selbstironie seitens der Regie war – und verzeiht
       noch mal.
       
       5 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Klöpper
       
       ## TAGS
       
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