# taz.de -- Kommentar Obamas zweiter Sieg: Americans, dream on!
       
       > Barack Obama ist zurück, die menschgewordene Hoffnung. Aber mit seinen
       > Versprechen hat der den Mund sehr voll genommen.
       
 (IMG) Bild: Obama hat versprochen, der amerikanische Traumwächter zu sein
       
       Da ist er also wieder. Er, der vor vier Jahren zum ersten schwarzen
       Präsidenten der USA gewählt wurde, ist heute der lebende Beweis dafür, dass
       es ihn noch immer gibt, den American Dream. Barack Obama ist zurück, die
       menschgewordene Hoffnung, dass die Vereinigten Staaten ihren Namen weiter
       zu Recht tragen und das endgültige Auseinanderbrechen der Gesellschaft doch
       noch zu stoppen ist.
       
       Dass es allem zum Trotz möglich ist, rauszukommen: aus der Überschuldung,
       der Arbeitslosigkeit, der Verzweiflung. „The best is yet to come“ war die
       Botschaft des Abends. Das Beste kommt noch. Glaubt mir! Zusammen können wir
       es schaffen! Halleluja.
       
       Die Realität erzählt eine andere Geschichte. Mittlerweile ist die
       amerikanische Verheißung auch für die weiße Unterschicht hohl geworden.
       Ihre Kinder gehen mit Schwarzen und Latinos in miese Schulen.
       Universitäten? Fehlanzeige. Viel zu teuer. Die Zweiteilung definiert sich
       lange nicht mehr durch die Hautfarbe. Es ist die soziale Herkunft, stupid!
       
       Eine Begegnung der Parallelgesellschaften findet nicht mehr statt.
       Kindergärten, Schulen, Einkaufszentren, Krankenhäuser, selbst viele Kirchen
       haben ausgedient als Orte der Begegnung. Wer kann, haut ab, wenn die
       Fabriken schließen. Wer zu lange bleibt, bleibt für immer. Obama hat in den
       vergangenen Jahren daran nichts geändert.
       
       ## Er hat den Mund sehr voll genommen
       
       „The best is yet to come.“ Damit verspricht der Präsident an diesem Tag
       letztlich den Anfang des Gelingens seiner Amtszeit. Und hat damit, wieder
       einmal, den Mund sehr voll genommen.
       
       Denn ja, er muss nun zeigen, dass er nicht nur bei der Verhaftung von Osama
       bin Laden Härte zeigen kann und Mut. In seiner zweiten Amtszeit muss er
       seine Versprechen selbst ernst nehmen. Er muss alles daransetzen,
       Guantánamo zu schließen, auch wenn er am Ende scheitern kann an der
       Verfasstheit seines Landes. Auch im Nahostkonflikt ist er längst nicht an
       die Grenzen des Möglichen gegangen. Sein Vorgänger hat ja gezeigt, dass
       auch ein US-Präsident scharfe Forderungen an Israel stellen kann.
       
       Die größte Herausforderung aber wird es sein, die wenigen finanziellen
       Mittel so zu verteilen, dass er jene nicht noch einmal enttäuscht, die ihm
       mit ihrer Stimme den Sieg geschenkt haben. Das wäre fatal. Denn Amerikas
       Kitt und größte Stärke ist der Glaube an die Möglichkeit. Obama hat
       versprochen, der amerikanische Traumwächter zu sein. Und sein Land
       aufgefordert, weiterzuträumen. So klingt Martin Luther King 2012.
       
       7 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ines Pohl
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