# taz.de -- Streit um Dynamo-Dresden-Fans: Eingetrichterte Gäste
       
       > Die Fans von Dynamo Dresden stehen nach Krawallen beim Pokalspiel in
       > Hannover in der Kritik. Doch auch Polizei und Ordnungsdienst scheinen
       > Fehler gemacht zu haben.
       
 (IMG) Bild: Dresden-Fan beim Hannover-Spiel. Provoziert er? Oder ist er gerade einem Menschentrichter entkommen?
       
       Bei Dynamo Dresden läuft es derzeit sportlich nicht besonders gut. Nur ein
       Sieg gelang in den letzten elf Pflichtspielen, am Wochenende schallte den
       stolzen Dresdner Fans aus der Cottbusser Kurve ein Schmähgesang entgegen,
       den man fast schon als Tatsachenbehauptung verstehen muss: „Wir steigen
       auf, und ihr steigt ab.“
       
       Und dennoch: In den Foren – den virtuellen wie denen am Tresen – wird die
       sportliche Talfahrt von einem anderen Thema überlagert. Zu sehr wirken die
       Ereignisse nach, die den Klub und seine Fans beim Pokal-Ausscheiden in
       Hannover mal wieder in die Schlagzeilen gebracht haben.
       
       Der DFB-Kontrollausschuss ermittelt gegen Dynamo – und gegen Hannover 96,
       dessen Fans sich nach Einschätzung von 96-Präsident Martin Kind nicht
       wesentlich intelligenter verhalten haben: „Unsere haben genauso gewütet,
       nur nicht in der Menge“, sagte Kind. „Sie haben auch Einlasskontrollen
       durchbrochen und Bengalos ohne jede Hemmung gezündet.“
       
       Die größeren Probleme dürfte allerdings Dynamo bekommen, der Club gilt als
       Wiederholungstäter. Der vom DFB entsandte Beobachter dürfte moniert haben,
       dass nach dem Spiel etwa 20 Fans auf den Rasen rannten. „Eine dumme
       Aktion“, findet Dynamo-Geschäftsführer Christian Müller, „mit der man gegen
       die Stadionordnung verstößt. Bedrohlich war das allerdings überhaupt nicht,
       die Fans wollten wohl die Spieler trösten.“ Doch nicht alles, was sich
       Dresdner Fans herausnahmen, war harmlos: Mehrere Dutzend Fans stürmten den
       Eingangsbereich zum Gästeblock.
       
       Augenzeugen berichten, dass Flaschen gegen die Kassenhäuschen geschleudert
       wurden. Auch das, heißt es aus Hannover, sei ein Grund gewesen, warum vor
       dem Gästeeingang Kassenhäuschen geschlossen wurden. Wenn dem so gewesen ist
       – Dresdner Fans berichten übereinstimmend, es seien von vornherein zu wenig
       Durchgänge offen gewesen –, handelt es sich dabei um eine zweifelhafte
       Maßnahme. Zuweilen beschwören auch Ordnungsdienst und Polizei im
       Liga-Alltag aus gut gemeinten Motiven bedrohliche Situationen herauf.
       
       In Dresden laufen jedenfalls derzeit hunderte Schreiben von Fans ein, die
       in einer etwa 3.000 Personen umfassenden Menschenmenge zusammengedrückt
       wurden: „Ich musste an die Ereignisse bei der Loveparade in Duisburg
       denken“, schreibt eine Frau. Es sei so eng gewesen, dass sie die die Arme
       nicht mehr habe heben können.
       
       Als schließlich gegen 19 Uhr eine größere, gemeinsam angereiste Fangruppe
       ankam und nach vorne drängte, sei die Situation „endgültig eskaliert“, wie
       eine Dynamo-Fanin aus dem Rheinland berichtet: „Die drängten von hinten,
       berittene Polizei kam hinzu, und keiner durfte mehr aus dem Kessel heraus.“
       Das Fazit der Frau stimmt nachdenklich: „Von 12.000 Fans waren vielleicht
       30 bis 40 auf Stress aus. Die Eskalation hätte man sehr leicht vermeiden
       können.“
       
       ## Einsatztaktischer Wahnsinn
       
       Einen Trichter zu schaffen, in dem von hinten immer mehr Menschen
       nachrücken, heißt es selbst in Polizeikreisen, sei einsatztaktischer
       Wahnsinn. Man darf gespannt sein, ob am Ende der Ermittlungen in Hannover
       eine ähnliche Feststellung stehen wird. Schon jetzt hört man dort, dass bei
       der Abstimmung zwischen Polizei und Ordnungsdienst „einiges schiefgelaufen“
       sei, was derzeit bei allen Beteiligten intern aufgearbeitet werde.
       
       Allerdings sei man auch schockiert über das Auftreten der Dynamo-Fans
       gewesen. Offizielle Stellungnahmen gibt es auch von Vereinsseite nicht:
       „Der DFB ermittelt“, sagt 96-Sprecher Alex Jacob. „Da es sich um ein
       schwebendes Verfahren handelt, geben wir noch keine Stellungnahme ab.“
       
       Damit muss auch die vielleicht interessanteste Frage einstweilen
       unbeantwortet bleiben. Nachdem aus Sicherheitsgründen etwa 3.000 Fans durch
       ein Nadelöhr aus drei geöffneten Kassenhäuschen geführt wurden, fand dann
       offenbar in vielen Fällen entweder keine Ticketkontrolle oder keine
       Personenkontrolle statt: „Warum, bitte schön“, fragt eine Augenzeugin,
       „muss man zwei Stunden anstehen, wenn man nicht einmal abgetastet wird?“
       
       12 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christoph Ruf
       
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