# taz.de -- EU nimmt Klimazertifikate vom Markt: 900 Millionen CO2-Papiere weniger
       
       > Um die Preise zu stützen, nimmt die EU rund 900 Millionen CO2-Zertifikate
       > vom Markt. Parallel steigt mit Kalifornien der erste US-Bundesstaat in
       > den Emissionshandel ein.
       
 (IMG) Bild: Muss wohl jetzt Zertifikate kaufen: ConocoPhillips-Raffinierie in San Pedro, Kalifornien
       
       BRÜSSEL/SAN FRANCISCO rtr/dpa | Zur Stützung der Preise will die
       EU-Kommission fast eine Milliarde Zertifikate aus dem Emissionshandel
       nehmen. Rund 900 Millionen Papiere sollten nicht jetzt, sondern erst nach
       2015 versteigert werden, teilte die Exekutive der Europäischen Union am
       Montag mit. Mit dem Vorschlag bewegt sich die Kommission am oberen Ende
       einer selbst gewählten Spanne: Sie hat die Folgen eines Entzugs zwischen
       400 Millionen und 1,2 Milliarden Zertifikaten prüfen lassen.
       
       Mit den Zertifikaten erwerben Unternehmen das Recht, Treibhausgase
       auszustoßen. Der Handel soll einen Anreiz dafür schaffen, das Geld in eine
       klimafreundliche Modernisierung der Produktion zu stecken. Der Preis war
       jedoch in diesem Jahr zwischenzeitlich mit knapp 6 Euro für eine Tonne CO2
       so niedrig, dass diese Rechnung nicht mehr aufging. In Erwartung des
       Kommissionsvorschlags kletterten die Preise am Montag fast neun Prozent auf
       über 9 Euro.
       
       Parallel zu dieser Entwicklung wird Kalifornien am Mittwoch erstmals
       Emissionszertifikate versteigern – als erster US-Bundesstaat. Damit tritt
       das zweitgrößte Emissionshandelssystem der Welt nach dem der EU in Kraft.
       Bis 2020 will Kalifornien den Ausstoß von CO2 und anderen Klimakillern um
       17 Prozent reduzieren. Kritiker befürchten, die zusätzlichen Kosten könnten
       Unternehmen aus Kalifornien vertreiben.
       
       Der CO2-Emissionshandel ist Teil eines schon 2006 beschlossenen
       Gesetzespakets zum Klimaschutz. Kalifornien ist der größte, reichste und
       produktivste US-Bundesstaat. Auf sich allein gestellt wäre der Staat die
       neuntgrößte Volkswirtschaft der Welt. Der ambitionierte Versuch, den
       Ausstoß von Treibhausgasen auf den Stand von 1990 zurückzuschrauben, wird
       deshalb landesweit teils mit Argwohn, teils mit Interesse beobachtet.
       
       ## Sandy als Warnung
       
       Die verheerenden Auswirkungen des Wirbelsturms „Sandy“ an der Ostküste der
       USA haben das Thema Klimaschutz wieder in die Schlagzeilen gebracht: Viele
       Meteorologen meinen, dass die Klimaerwärmung schon jetzt zu vermehrten
       Wetterkapriolen führt.
       
       Mit dem Gesetzespaket – bekannt unter dem Kürzel AB 32 – nimmt Kalifornien
       nicht zum ersten Mal eine Führungsrolle in Sachen Umweltschutz ein. Ein
       Sprecher der Behörde, die den Emissionshandel umsetzen soll, sieht darin
       sogar einen möglichen Bonus für die Wirtschaft des Staats. „Das wird die
       Entwicklung von sauberen Kraftstoffen und Technologien vorantreiben, und
       die Kosten werden sinken“, sagt Dave Clegern. „Kalifornische Unternehmen,
       die diese neuen Technologien entwickeln, werden weltführend sein.“
       
       Der Karbonemissionshandel soll in Stufen eingeführt werden. Am Mittwoch
       geht es zunächst nur um die größten Verschmutzer wie Zementfabriken,
       Stahlwerke, Raffinerien und Elektrohersteller. 350 Unternehmen mit
       insgesamt etwa 600 Standorten müssen sich an der Versteigerung beteiligen.
       
       Sie bekommen Umsonst-Zertifikate für 90 Prozent ihrer aktuellen
       Treibhausgas-Emissionen. Was sie darüber hinaus brauchen, müssen sie am
       neuen staatlichen Emissionsmarkt kaufen. Senken sie den Schadstoffausstoß
       auf unter 90 Prozent, dürfen sie die dann überflüssigen Zertifikate selbst
       veräußern.
       
       ## Mindestpreis zehn Dollar
       
       Als Mindestpreis für eine Tonne Treibhausgas hat Kalifornien zehn Dollar
       festgeschrieben. Bis Ende kommenden Jahres will der Staat so rund eine
       Milliarde Dollar für seinen klammen Staatshaushalt eintreiben. Doch viele
       der Großverschmutzer haben sich zu einem Interessenverband gegen den
       Emissionshandel zusammengeschlossen.
       
       Sie fürchten „schwere und zerstörerische Auswirkungen“ für die
       kalifornische Wirtschaft und höhere Preise für die Konsumenten. Viele
       Unternehmen könnten umziehen in Bundesstaaten mit weniger strengen
       Klimaschutzgesetzen, schrieben sie in einer Petition an Gouverneur Jerry
       Brown. Doch zunächst müssen sie sich am Mittwoch anstellen, um ausreichend
       Zertifikate für ihre Unternehmen zu ersteigern.
       
       13 Nov 2012
       
       ## TAGS
       
 (DIR) EU
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Emissionshandel
 (DIR) Kalifornien
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Grünes Wachstum
 (DIR) EU
 (DIR) EU
 (DIR) EU
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar EU-Emissionshandel: Wirtschaftlicher Klimaschutz
       
       Unternehmen streiten untereinander über den Emissionshandel. Die EU muss
       jetzt den Preis für Klimagase stützen – sonst macht sie sich lächerlich.
       
 (DIR) EU-Emissionshandel: Kampf der Stromgiganten
       
       Einige der größten Energieversorger wollen weiterhin mehr Geld für den
       Ausstoß von Klimagasen zahlen – entgegen den Interessen ihrer
       Industriekunden.
       
 (DIR) Zweifelhaftes Klimaschutzinstrument: Sauberes Wachstum für dreckige Luft
       
       Die Clean Development Mechanisms brachten viel Geld für Klimaschutz. Aber:
       Der Ausstoß von CO2 ist dadurch nicht gesunken – im Gegenteil.
       
 (DIR) Handel mit CO2-Zertifikaten: EU verdaddelt Klimaschutzchance
       
       Wegen der Wirtschaftskrise stößt Europa weniger CO2 aus. Doch die
       Europäische Kommission nutzt die Chance zur Verschärfung der
       Klimaschutzziele nicht.
       
 (DIR) Brüsseler Emmissionshandel: Keine Klimaabgabe für die Luftfahrt
       
       Nach Protesten gegen den Emissionhandel setzt die EU-Komission die Abgabe
       für die Luftfahrt vorerst aus. Experten sehen dies als Durchbruch.
       
 (DIR) Zertifikate für Kohlendioxid: Heiße Luft spaltet die EU
       
       Die EU-Umweltminister finden keine gemeinsame Position zu CO2-Zertifikaten.
       Damit riskiert die EU eine Einigung bei der nächsten Klimakonferenz.
       
 (DIR) Emissionsregelungen der EU-Kommission: Panik vor teurem Ablasshandel
       
       Die EU-Kommission will den CO2-Ausstoß teurer machen. Die Wirtschaft ist
       entsetzt. Sollte der Emissionshandel nicht funktionieren, ist die deutsche
       Energiewende in Gefahr.
       
 (DIR) Emissionshandel in der EU: Vom Preisverfall geerdet
       
       Die EU-Kommission stoppt den Großteil ihrer Pilotprojekte zur Deponierung
       von CO2. Der hausgemachte Wertverlust der Ausstoßrechte schrumpft das
       Budget.
       
 (DIR) Kritik am Emissionshandel: Zertifikate im Überschuss
       
       Das Freiburger Öko-Institut gibt an, dass die Zertifikate für Emissionen zu
       großzügig berechnet seien. Für einen besseren Klimaschutz müssten
       Überschüsse verhindert werden.