# taz.de -- Xavier Naidoo und die Volksverhetzung: Alles gar nicht so gemeint
       
       > Xavier Naidoo ist der Musterschüler des Deutschpop. Mit Kool Savas rappte
       > er über Gewaltfantasien. Jetzt wurden sie angezeigt.
       
 (IMG) Bild: Böse Jungs: Kool Savas (der mit der Glatze) und Xavier Naidoo (der mit der Brille) werfen interessante Fragen auf: „Warum liebst du keine Möse, weil jeder Mensch doch aus einer ist?“
       
       „Zuerst möchten wir all unsere Sympathie und unseren großen Respekt
       gegenüber allen Schwulen und Lesben weltweit bekunden“, beteuern der
       Mannheimer Sänger Xavier Naidoo und der Berliner Rapper Kool Savas in einer
       gemeinsamen Stellungnahme, die am Donnerstag auf der Homepage ihres
       gemeinsamen Projekts [1][„Xavas“] erschienen ist.
       
       Es sei ihm lediglich darum gegangen, die Aufmerksamkeit auf schreckliche
       Verbrechen zu lenken, die viel zu wenig beachtet würden, betont der
       Sangesbruder Xavier Naidoo. Und sein Kollege Kool Savas fügt hinzu: „Ich
       möchte klarstellen, dass es nie die Absicht unseres Liedes war,
       Homosexualität und Pädophilie gleichzusetzen oder zur Gewalt gegen Menschen
       aufzurufen.“
       
       Diese Erklärung war nötig geworden, weil beide, der Sänger und der Rapper,
       jetzt Strafanzeigen der Linksjugend „Solid“ sowie des Lesben- und
       Schwulenverbands (LSVD) am Hals haben – wegen Volksverhetzung und Aufruf
       zur Gewalt. Zwar will die Staatsanwaltschaft Mannheim kein
       Ermittlungsverfahren einleiten, aber die Geister scheiden sich an dem Song
       „Wo sind sie jetzt“, der sich als „Hidden Track“ auf ihrem Album
       „Gespaltene Persönlichkeit“ findet. Denn der hat es in sich.
       
       „Ich schneid euch jetzt mal die Arme und die Beine ab, und dann ficke ich
       euch in den Arsch, so wie ihr es mit den Kleinen macht“, singt Xavier
       Naidoo da. „Ich bin nur traurig und nicht wütend. Trotzdem würde ich euch
       töten“, droht er. „Ihr tötet Kinder und Föten und ich zerquetsch euch die
       Klöten. Ihr habt einfach keine Größe und eure kleinen Schwänze nicht im
       Griff“, tönt er, um dann zu fragen: „Warum liebst du keine Möse, weil jeder
       Mensch doch aus einer ist? Wo sind unsere Helfer, unsere starken Männer, wo
       sind unsere Führer, wo sind sie jetzt?“
       
       ## Homophobie und Verschwörungstheorie
       
       Solche Gewaltfantasien hätten viele dem smarten Star des deutschen
       Schmusesoul kaum zugetraut. „Da geht es um furchtbare Ritualmorde an
       Kindern, die tatsächlich ganz viel in Europa passieren, über die aber nie
       jemand spricht, nie jemand berichtet“, erklärte Naidoo dazu auf Nachfrage
       schon im September, als das Album gerade erschienen war, in einem
       Radiointerview. In seiner aktuellen Stellungnahme verweist er nun auf eine
       NDR-Doku über Menschen, die von sich glauben, als Kind das Opfer
       satanistischer Sekten geworden zu seien – sie hätten ihn zu seinem Song
       inspiriert.
       
       Entschuldigend fügt er hinzu, dass er selbst als Kind im Alter von acht
       Jahren in Südafrika – von dort stammt seine Familie – von einem älteren
       Mann missbraucht worden sei, wie er schon vor einigen Jahren bekannt gab.
       Sein Ruf nach einem starken Mann gelte nur „unseren aktuellen Führern“,
       verteidigt er sich – also „den Verantwortlichen in Politik, Medien und bei
       den Ermittlungsbehörden“. „Es ist mir unverständlich, wie man das falsch
       interpretieren kann.“
       
       Tja, wie nur? Eine handfeste Verschwörungstheorie, angereichert mit einer
       gehörigen Portion Homophobie, mit Gewaltfantasien und dem Ruf nach einem
       starken Führer? So etwas findet man normalerweise am rechten Rand, bei
       Nazis und anderen Rechtsextremen. Erst Anfang dieser Woche veröffentlichte
       die Friedrich-Ebert-Stiftung eine Studie darüber, wie weit rechtsextreme
       Denkmuster bis weit in die Mitte der Gesellschaft hinein verbreitet sind.
       Xavier Naidoo scheint sich jetzt als ein Beispiel dafür anzubieten.
       
       Dabei gilt Xavier Naidoo – anders als Bushido oder die Böhsen Onkelz – als
       Musterschüler des deutschen Pop, seit er vor vielen Jahren mit ebenso
       schmuseweichen wie gottesfürchtigen Balladen praktisch im Alleingang das
       Genre des deutschsprachigen Soul begründete. Damit stieg er nicht nur zum
       Lieblingssänger der deutschen Fußballnationalmannschaft auf, deren Weg er
       bei der Fußball-WM 2006 begleitete. Vor zwei Jahren reiste er auch zur
       Truppenbespaßung der Bundeswehr nach Afghanistan, seine Lieder sind auch
       bei evangelischen Kirchentagen sehr beliebt.
       
       ## Erlösungspop und Messianismus
       
       Dass sich in seinen biblisch inspirierten Erlösungspop immer wieder
       reaktionäre Botschaften mischten, störte bislang wenige. Denn der krause
       Messianismus von Naidoo, der seine Heimatstadt Mannheim für das „neue
       Jerusalem“ hält, wird in der Branche nicht so richtig ernst genommen. Auch
       jetzt nicht. Zumindest bei Pro7 sieht man deshalb noch keinen Grund, von
       Xavier Naidoo Abstand zu nehmen.
       
       Dort sitzt er derzeit in der Jury der TV-Casting-Show „The Voice of
       Germany“. Vielleicht kann er sich da ja noch mal vor einem größeren
       Publikum erklären.
       
       15 Nov 2012
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.xavas.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Bax
       
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