# taz.de -- Ein Jahr Rot-Schwarz: Eine muss es machen
       
       > Nach einem Jahr Rot-Schwarz wirkt Klaus Wowereit verbraucht. Sollte er
       > vorzeitig das Handtuch werfen, hat die SPD nur eine Option:
       > Integrationssenatorin Dilek Kolat. Eine Analyse aus der neuen
       > taz.berlin-Wochenendausgabe.
       
 (IMG) Bild: Sitzt sie bald auf einem anderen Stuhl? Berlins Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen, Dilek Kolat (SPD).
       
       Seit einem Jahr regiert Rot-Schwarz nun die Stadt. Eines ist dem
       Regierenden Bürgermeister in dieser Zeit gründlich gelungen: Er hat sich
       selbst demontiert. Klaus Wowereit ist angeschlagen wie nie. Sollte er das
       Flughafendebakel politisch nicht überstehen, muss sich die SPD nach
       Alternativen umsehen.
       
       Die Frage nach einem Plan B stellte sich für die SPD ein ganzes Jahrzehnt
       lang überhaupt nicht. Klaus Wowereit, Regierender seit Sommer 2001, war
       fast durchweg beliebtester Politiker der Stadt. Gönnte er sich mal ein
       Tief, war er spätestens zum nächsten Wahlkampf wieder fit: Die Grüne Renate
       Künast musste das bei der Wahl 2011 erleben.
       
       Mit dem BER-Desaster aber ist Wowereit, zugleich Aufsichtsratschef der
       Flughafengesellschaft, so tief gefallen wie nie. Er liegt nur noch auf
       Platz 10 im Beliebtheitsranking der Berliner Politiker. Kein anderer
       deutscher Ministerpräsident schneidet so schlecht ab. Und die SPD leidet
       mit ihm: Sie rutschte im Herbst erstmals seit zweieinhalb Jahren hinter die
       CDU. Wer also soll Wowereit folgen, falls er im Flughafensumpf versinkt?
       Oder im Herbst 2013 den (Aus-)Weg in eine Bundesregierung mit
       SPD-Beteiligung findet?
       
       Eigentlich wäre diese Frage schnell beantwortet. Denn beliebtester
       Politiker ist auch ohne Wowereit einer, der für die SPD im Senat sitzt.
       Doch Finanzsenator Ulrich Nußbaum verweigert sich strikt gegen einen
       SPD-Eintritt. Ein Parteiloser als Spitzenkandidat aber gilt als
       ausgeschlossen – es wäre eine Bankrotterklärung für das eigene Personal der
       Sozialdemokraten.
       
       Auch die in solchen Fällen üblichen Verdächtigen, Partei- und
       Fraktionschef, kommen als Ersatz nicht infrage: Jan Stöß, erst im Juli an
       die SPD-Spitze gewählt, fehlt das Standing ebenso wie dem Fraktionschef
       Raed Saleh.
       
       ## Es ist nicht das Programm
       
       Das verschärft die Lage. Denn die Wahl 2011 hat klar gezeigt, wie viel über
       den Spitzenkandidaten läuft. Nicht mit ihrem Programm, sondern mit der
       Anziehungskraft Wowereits hat die SPD gewonnen. Künast und CDU-Mann Frank
       Henkel waren keine Gegner für ihn. Das könnte aber schon bald anders
       aussehen: Die CDU-Senatoren Thomas Heilmann und Mario Czaja schwimmen schon
       jetzt auf einer Sympathiewelle.
       
       Wer der SPD bleibt, ist eine Frau, die 2011 gern Finanzsenatorin geworden
       wäre und stattdessen das Ressort Arbeit, Integration und Frauen bekam –
       ohne dass sie sich zuvor in diesen Feldern hervorgetan hätte. Dilek Kolat,
       45, wäre ein echtes Novum. Zwar hatte die SPD 1995 mit Ingrid Stahmer schon
       mal eine Spitzenkandidatin, aber eben noch nie eine türkischstämmige. Sie
       ist nicht rundum beliebt wie Malu Dreyer, die Kurt Beck in Rheinland-Pfalz
       politisch beerben soll. Sie bringt keinen Saal zum Beben, wenn sie redet.
       Aber an ihr führt kein Weg vorbei, wenn sich Nußbaum die Sache mit dem
       Parteieintritt nicht noch mal überlegt.
       
       16 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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