# taz.de -- Interview mit dem baupolitischen Sprecher der Grünen.: "Ich schließe nichts aus"
       
       > Andreas Otto, Wohnungsbauexperte der Grünen, zieht es 2013 in den
       > Bundestag. Dort sieht er Schwarz-Grün als Option
       
 (IMG) Bild: "Die Akzeptanz, auch bei den Frauen, steigt gerade mit einem Bart"
       
       taz: Herr Otto, Rot-Schwarz ist nun ein Jahr im Amt. Ein gutes Jahr für die
       Mieterinnen und Mieter in Berlin? 
       
       Andreas Otto: Nein. Nur für die Mieter der landeseigenen
       Wohnungsbaugesellschaften hat der Senat ein Angebot gemacht …
       
       … weniger Umlage bei Modernisierung, geringere Mieterhöhungen,
       Zurückhaltung bei Neuvermietung … 
       
       Für die anderen Mieterinnen und Mieter bietet der Senat nichts. Zwar hat
       Rot-Schwarz eine Neubaudebatte angestoßen, die nicht ganz falsch ist. Diese
       Debatte verdeckt aber die Probleme, die wir im Bestand haben.
       
       Die beiden Punkte, die Sie nennen, sind immerhin mehr als das, was der
       rot-rote Vorgängersenat in zehn Jahren zustande gebracht hat. 
       
       Das waren in der Tat zehn verlorene Jahre. Aber auch Rot-Schwarz bewegt
       sich oft nicht. Alle Anträge der Grünen, etwa die Umwandlung in
       Eigentumswohnungen weiter zu erschweren, werden von SPD und CDU regelmäßig
       abgelehnt.
       
       Wie hätte es ausgesehen, wenn statt der CDU die Grünen mit der SPD koaliert
       hätten? 
       
       Wir hatten einen relativ klaren Fahrplan. Wir wollten alle
       landesrechtlichen Spielräume ausnutzen. Wir wollten eine
       Zweckentfremdungsregelung machen und eine Umwandlungsverordnung, die in den
       Milieuschutzgebieten regelt, wo umgewandelt werden darf und wo nicht. Wir
       wollten dort auch das Vorkaufsrecht anwenden. Das heißt, wenn einer partout
       die Mieter raussanieren möchte, dann kann der Bezirk einspringen.
       
       Es sind die Bezirke, die mit der Ausweisung von Milieuschutzverordnungen
       die Voraussetzungen schaffen können. Das haben bislang nur drei Bezirke
       gemacht: Mitte, Friedrichshain-Kreuzberg und Pankow. Der Senat ist da nicht
       zuständig. 
       
       Der Senat wirbt aber auch nicht dafür. Natürlich kostet eine solche Satzung
       auch Geld. Wenn ich als Bezirk ein Haus kaufen kann, dann gibt es da keinen
       Spielraum. Da ist der Senat gefordert. Aber diese Häuser werden ja später
       auch wieder verkauft, zum Beispiel an eine Genossenschaft. Das ist
       finanziell überschaubar.
       
       Hamburg macht mit diesem Instrument gute Erfahrungen. 
       
       Aus Hamburg wissen wir auch, dass es da gar nicht darum geht, möglichst
       viel zu erwerben. Es hat vielmehr einen Abschreckungseffekt.
       
       Warum ist eine SPD-Alleinregierung in Hamburg so viel aktiver als der
       Berliner Senat? 
       
       Damit hat Hamburg bereits unter Schwarz-Grün begonnen, die SPD hat das dann
       fortgesetzt. Die Hamburger haben erkannt, wie die Zeichen der Zeit stehen.
       In Berlin haben wir zehn Jahre lang mit der SPD streiten müssen, ob der
       Wohnungsmarkt entspannt ist oder nicht.
       
       Gerade im Bestand, den Sie auf die Agenda setzen wollen, gibt es wenig
       landespolitische Instrumente. 
       
       Wir haben auf dem Bundesparteitag in Hannover beschlossen, dass die Länder
       die Möglichkeit bekommen, in besonders betroffenen Gebieten eine
       Mietobergrenze festzulegen. Die soll den jeweiligen Mietspiegel nur um
       maximal 10 Prozent überschreiten dürfen.
       
       Ihr Blick nach Hamburg und Ihr Engagement beim Bundesparteitag: Es drängt
       Sie in die Bundespolitik. 
       
       Ich bin sechs Jahre im Landesparlament, wurde zweimal direkt gewählt im
       Prenzlauer Berg und weiß inzwischen, dass neben den landespolitischen
       Dingen vieles nur auf der Bundesebene vieles zu regeln ist. Deswegen ist es
       sinnvoll, dass jemand, der da Erfahrung gesammelt hat, in die
       Bundestagsfraktion geht. Auch mit dem Blick aus Berlin – und mit einem
       Ost-Hintergrund.
       
       Man kann das auch so sehen: Der Pragmatiker Andreas Otto reagiert auf den
       Linksruck in der grünen Fraktion und im Landesverband mit der
       Verabschiedung in den Bundestag. 
       
       Es ist natürlich auch eine Reaktion darauf, dass wir hier nicht regieren.
       Ansonsten schaue ich lieber nach vorne.
       
       Die Entscheidung der grünen Basis für Katrin Göring-Eckardt als
       Spitzenkandidatin bei der Bundestagswahl wird Sie sicher gefreut haben.
       Immerhin gibt es da neue Optionen für die Grünen auf Bundesebene. 
       
       Ich finde das Spitzenteam gut.
       
       Schließen Sie Schwarz-Grün 2013 im Bund aus? 
       
       Nein. Ich halte nicht viel von diesem ganzen Ausschließen. Wir sind
       Programmpartei, darum geht es.
       
       Wie groß ist die Gefahr, dass die Grünen im Abgeordnetenhaus an Profil
       verlieren, wenn Landespolitiker wie Sie oder Özcan Mutlu in den Bundestag
       gehen? 
       
       Die Bundestagsfraktion muss ja irgendwo herkommen. Wenn Leute mit ihren
       Erfahrungen in den Bundestag gehen, ist das erstmal gut. Ansonsten habe ich
       bislang im Team gearbeitet. Sowohl beim Untersuchungsausschuss zum
       Flughafen als auch im Bauausschuss. Da wird es eine Kontinuität in der
       Arbeit geben.
       
       Sechs Jahre Landesparlament und davor viele Jahre im Bezirk. Was ist Ihre
       ganz persönliche Bilanz? 
       
       In der Bezirksverordnetenversammlung Prenzlauer Berg war ich schon seit
       1990.
       
       Damals noch mit Bart. 
       
       Das ist richtig. Ich hab mir im Urlaub auch wieder einen Bart stehen
       lassen. Die Akzeptanz, auch bei den Frauen, steigt da gerade. Ich habe in
       der BVV erlebt, wie sich ein Bezirk verändert. Wie sich Berlin verändert.
       Wie sich die Mitte der Stadt verändert. Das sind alles Entwicklungen, die
       sehr viel gutes haben, aber auch Schattenseiten. Ich denke, dass ich da bei
       den guten Sachen, am einen oder anderen mitwirken konnte,
       Verkehrsberuhigung, neue Spielplätze, die Entstehung des Mauerparks.
       
       Die Sanierungsbilanz in Prenzlauer Berg ist zwiespältig. Es ist viel Geld
       geflossen. Die bauliche Sanierung ist gelungen, die meisten Bewohner sind
       aber weg. 
       
       Wir haben immer gesagt: Wir bleiben alle. Wir haben aber nicht gefragt, ob
       auch alle bleiben wollen. Am Kollwitzplatz sind nach 15 Jahren noch ein
       Drittel der alten Bewohner da, 15 Prozent in ihrer alten Wohnung. Ich weiß
       nicht, ob das anders wäre, wenn die Häuser noch wie 1990 dastehen würden.
       Die Fluktuation in Berlin ist sehr hoch. Trotz der steigenden Mieten liegt
       sie zwischen acht und neun Prozent pro Jahr. Die Leute ziehen immer noch um
       wie verrückt. Negativ am Sanierungsprozess war, dass anfänglich übliche
       Mietbegrenzungen von den Gerichten gekippt und dadurch manche Mieter
       überfordert wurden.
       
       In der Wohnungspolitik gibt es mehr Druck von unten. Die Mieterinitiative
       Kotti und Co. hat im Abgeordnetenhaus sogar eine Konferenz zum sozialen
       Wohnungsbau organisiert. 
       
       Da wurde deutlich, dass in machen Fällen die Jobcenter Aufforderungen zum
       Wohnungswechsel verschicken, obwohl die Mieter in einer vom Land
       geförderten Sozialwohnung leben. Das ist nicht im Sinne des Erfinders. Wir
       wollen solche Härten abfedern und daneben auch neue Sozialwohnungen bauen.
       
       Ist Ihre Kandidatur für den Bundestag auch der Einschätzung geschuldet,
       dass Rot-Schwarz bis 2016 hält? 
       
       Ich mache meinen persönlichen Fahrplan nicht vom Schicksal eines Klaus
       Wowereit abhängig.
       
       23 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Rada
       
       ## TAGS
       
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