# taz.de -- Ein Jahr Rot-Schwarz: Pseudo-Rockys in den Seilen
       
       > Die Berliner Alphamännchen Wowereit und Henkel ziehen eine positive
       > Jahresbilanz für Rot-Schwarz und sprechen sich boxerische
       > Nehmerqualitäten zu.
       
 (IMG) Bild: Auch sie sind Berlin: Frank Henkel und Klaus Wowereit
       
       Flughafen-Desaster, NSU- und Schredder-Affäre: Das Timing für eine Bilanz
       des ersten Jahres von Rot-Schwarz könnte besser sein. Dem Regierenden
       Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und CDU-Innensenator Frank Henkel ist
       das auch klar, und darum drehen sie das alles erst mal um. „Wir haben beide
       gezeigt, dass wir Nehmerqualitäten haben“, sagte Henkel am Dienstag. Und
       Wowereit fügte hinzu: „Austeilen können wir auch.“
       
       Nehmerqualitäten, das klingt nach den „Rocky“-Filmen: Immer auf die
       Schnauze kriegen von den Bösen dieser Welt, bis der andere zu müde zum
       Schlagen ist und dann selbst eine reinkriegt. So wollen Wowereit und Henkel
       offenbar gesehen werden. K. o. sind sie trotz Rücktrittsforderungen und
       -spekulationen zwar noch nicht – aber sie stehen mit den Rücken an den
       Seilen.
       
       Die Rocky-Attitüde, sie hatte sich schon vergangene Woche im
       Abgeordnetenhaus angekündigt. Dort war Henkel weit davon entfernt, sich
       kleinlaut zu geben, ging vielmehr in die Offensive, immer bereit, eine
       Gerade oder einen Haken rauszuschießen. Henkel hat tatsächlich mal geboxt,
       als 17-, 18-Jähriger bei Post SV. Von Wowereit ist dergleichen nicht
       überliefert. Aber manchmal lernt in einer Koalition der Senior- vom
       Juniorpartner.
       
       ## Da schwingt nix auf
       
       „Berlin im Aufschwung“ ist eine Pressemitteilung überschrieben, die die
       beiden Möchtegern-Rockys vor der Pressekonferenz haben verbreiten lassen.
       Die Koalition der Infrastruktur wollte Rot-Schwarz sein. Beim Flughafen BER
       ging das völlig daneben, da schwingt sich noch gar nichts auf. Aber da sei
       ja nun der Weiterbau der A 100 ab März. Blöd bloß, dass den nicht die
       Koalition möglich gemacht hat, sondern erst das Bundesverwaltungsgericht
       und am Freitag der Bundestag, der die versprochenen rund 400 Millionen
       tatsächlich beschloss. Auch dass mehr Steuern fließen und Berlin weit
       weniger neue Schulden machen muss, hat wenig mit der Koalition zu tun.
       
       Beim Wirtschafts- und Jobwachstum ist Berlin tatsächlich Spitze. Fraglich
       ist bloß, ob Wowereit und Henkel daran ihren Anteil haben oder ob dieses
       Wachstum ohne sie nicht noch höher ausgefallen wäre – es ist eben kein
       wissenschaftliches Experiment mit Kontrollgruppe.
       
       Weitere echte oder vermeintliche Erfolge lassen Wowereit und Henkel auf
       acht Seiten aufzählen, etwa zur S-Bahn: Da habe der Senat mit seiner
       Teilausschreibung „die Zukunft der S-Bahn gesichert“. Fakt ist hingegen,
       dass nötige neue Wagen nicht fertig sein werden, wenn 2017 der aktuelle
       Vertrag ausläuft. Sichere Zukunft geht anders.
       
       Auch das Eigenlob über die neue Liegenschaftspolitik stinkt: Nach dem
       Beschluss darüber gibt es im Senat nicht weniger Streit als vorher. Auf
       Zoff zwischen SPD-Regierungsmitgliedern angesprochen, sagte Wowereit:
       „Einen Austausch wird es nicht geben. Die Senatoren machen gute Arbeit.“
       Selbst an den Seilen stehen und andere rausschmeißen, das ginge auch nicht
       wirklich.
       
       27 Nov 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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