# taz.de -- Allianz zwischen Nestlé und Chi-Med: 2.000 Jahre altes geheimes Wissen
       
       > Nestlé kooperiert mit Chi-Med. Die Schweizer erhalten so Zugriff auf eine
       > botanische Bibliothek für Traditionelle Chinesische Medizin.
       
 (IMG) Bild: Mit dem Einstieg in die Chinesische Medizin schielt der Schweizer Lebensmittelkonzern in erster Linie auf den Markt in China.
       
       PEKING taz | Als esoterischer Firlefanz sind chinesische Kräutertränke,
       Akupunkturnadeln und Qigong-Behandlungen schon lange nicht mehr verschrien.
       Die Nachfrage nach Traditioneller Chinesischer Medizin (TCM) wächst
       weltweit. Nun hat das Lebensmittelunternehmen Nestlé die jahrtausendealte
       Heilkunde für sich entdeckt.
       
       Der Schweizer Nahrungsmittelmulti arbeitet an einem Joint Venture seiner
       Gesundheitssparte mit dem Pharmakonzern Hutchison China Meditech (Chi-Med)
       des Hongkonger Industriemoguls Li Ka-Shing. Nutrition Science Partners
       Limited soll das Unternehmen heißen, das die Partner je zur Hälfte halten.
       Die Firma soll Medikamente auf Basis der Traditionellen Chinesischen
       Medizin herstellen.
       
       Zunächst einmal wollen die Partner mit dem neuen Unternehmen Tabletten und
       Tropfen gegen Magen-Darm-Beschwerden vertreiben. In diesem Bereich ist die
       Wirkung der chinesischen Heilkunde aus schulmedizinischer Sicht weitgehend
       nachgewiesen.
       
       Doch Nestlé will schon bald auch chinesische Arzneimittel verkaufen, die
       bei Stoffwechselstörungen oder neurologischen Erkrankungen wie etwa
       Alzheimer angewandt werden. Die Wirkung der traditionellen Heilmethoden bei
       diesen Krankheiten ist sehr viel zweifelhafter.
       
       Die Chinesische Medizin hat eine Tradition, die mindestens zweitausend
       Jahre zurückreicht. Zu den fünf Säulen dieser Alternativmedizin zählen
       Kräutermischungen, Akupunktur, Massagetechniken, Bewegungsübungen wie
       Qigong und Tajiquan und eine nach „heiß“ und „kalt“ unterteilte
       Ernährungsweise.
       
       ## Wenig Nebenwirkungen
       
       Der Vorteil an Chinesischer Medizin: Die Medikamente zeigen oft nur wenig
       Nebenwirkungen. Denn die fernöstliche Heilkunde beruht auf
       jahrtausendealter Erfahrung. Viele westliche Schulmediziner hingegen
       bestreiten die Wirksamkeit. Einiges sei auf Placeboeffekte zurückzuführen.
       
       Dennoch ist die Traditionelle Chinesische Medizin auch über China hinaus
       verbreitet. Und auch in vielen Ländern Europas wenden immer mehr Ärzte
       Akupunktur und chinesische Massagetechniken zur Behandlung an. In
       Deutschland erkennen die Krankenkassen Akupunktur bei chronischer
       Kniegelenksarthrose und bei Rückenschmerzen als Leistung an. Die
       Forschungsgruppe Akupunktur und Chinesische Medizin zählt mit über 2.300
       Mitgliedern zu den großen Ärzteverbänden in Deutschland.
       
       Mit dem Einstieg in die Chinesische Medizin schielt Nestlé in erster Linie
       auf den Markt in China. Die gesamte Gesundheitsbranche in der Volksrepublik
       boomt und ist allein 2011 um über 30 Prozent gewachsen. Rund ein Viertel
       der ärztlichen Behandlungen erfolgt nach traditioneller Art.
       
       ## Pro Kreisstadt ein Krankenhaus
       
       Der laufende zwölfte Fünfjahresplan der chinesischen Führung sieht vor,
       dass bis 2015 jede Kreisstadt über mindestens ein Krankenhaus eigens nur
       für Chinesische Medizin verfügt und landesweit jedes Krankenhaus eine
       eigene TCM-Abteilung betreibt.
       
       Mit dem Joint Venture sichern sich die Schweizer jedoch zugleich den
       Zugriff auf die geheime botanische Bibliothek für Traditionelle Chinesische
       Medizin von Chi-Med mit Informationen über 50.000 pflanzliche Extrakte von
       1.200 aufgelisteten Heilpflanzen. „Die neue Partnerschaft verschafft Nestlé
       Zugang zu einem der führenden Horte der traditionellen chinesischen
       Medizin“, verkündet Luis Catarell, Chef der Nestlé-Gesundheitssparte,
       stolz. 2.000 Jahre altes Wissen gehe an Nestlé über.
       
       2 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Lee
 (DIR) Felix Lee
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Nestlé
 (DIR) Nebenwirkungen
 (DIR) Medikamente
 (DIR) Universitätsklinikum
 (DIR) Schwerpunkt Pestizide
 (DIR) Nestlé
 (DIR) Nestlé
 (DIR) Nestlé
 (DIR) Pizza
 (DIR) Lebensmittel
 (DIR) Nestlé
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Traditionelle Chinesische Medizin am UKE: Nadeln gegen „Frozen Shoulder“
       
       Das 2010 gegründete Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin am
       Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf vereint Forschung, Behandlung und
       Lehre.
       
 (DIR) Greenpeace-Untersuchung: Pestizide in chinesischen Heilkräutern
       
       In Importländern für chinesische Medizin wurden Giftstoffe in Heilkräutern
       festgestellt. Laut Greenpeace in teils bedenklichen Konzentrationen.
       
 (DIR) Die Verbrechen von Nestlé: Der Mord sei „verjährt“
       
       Nestlé räumt die illegale Bespitzelung von Attac ein. Das Verfahren um die
       Mitverantwortung an der Ermordung eines Gewerkschaftlers geht weiter.
       
 (DIR) Kartellamt bestraft Nestlé: Millionenstrafe für Milliardenkonzern
       
       Weil sich Nestlé mit anderen Firmen über Preise abgesprochen hat, wurde der
       Konzern vom Kartellamt bestraft. Doch das Bußgeld wird Nestlé kaum stören.
       
 (DIR) Nestlé wegen Spitzelei verurteilt: Kleine Genugtuung für Attac
       
       Ein Schweizer Zivilgericht verurteilt Nestlé, weil Globalisierungskritiker
       ausspioniert wurden. Der Konzern bedauert das Urteil, nicht das Vorgehen.
       
 (DIR) Rückruf bei Nestlé-Tochter: Metallteile in der Tiefkühlpizza
       
       Die Firma Wagner ruft neun Millionen TK-Pizzen aus verschiedenen
       Produktlinien zurück. Zwei Kunden entdeckten im Teig Dinge, die da nicht
       hineingehören.
       
 (DIR) Übersüßte Frühstücksflocken: Zwei Zuckerbomben weniger
       
       Hipp und Real beenden die Produktion von überzuckerten Frühstücksflocken
       für Kinder. Die Konkurrenz bleibt bei Zuckergehalten von 40 Prozent und
       mehr.
       
 (DIR) Ermordeter Gewerkschafter: Nestlé-Manager unter Verdacht
       
       In den Mord an einem kolumbianischen Gewerkschaftler könnten Nestlé-Manager
       verwickelt sein. Nach langer Verzögerung beginnt der Prozess in der
       Schweiz.
       
 (DIR) Heilkräuter aus China: Fragwürdige Pflanzenkraft
       
       Heilkräuter sind die Säule der Traditionellen Chinesischen Medizin. Doch
       die aus Fernost importierten Fertigmixturen sind nicht immer sicher.