# taz.de -- Ski-Alpin-Fahrerin Lindsay Vonn: Gefangen in der Show
       
       > Die Rückkehr von Lindsey Vonn ist das große Thema an diesem Wochenende.
       > Nach durchwachsenen Ergebnissen wird gerätselt, wie es ihr wirklich geht.
       
 (IMG) Bild: Auf der Piste liegt die Wahrheit: Lindsay Vonn beim Training in St. Anton.
       
       ST. ANTON taz | Wenn Lindsey Vonn im Ziel abschwingt, ist sie meist ganz
       sie selbst. Sie reagiert, wie sie sich gerade fühlt. Einen Augenblick, ein
       paar Sekunden lang verzichtet sie auf Show, ganze ohne Maske präsentiert
       sie sich der Öffentlichkeit.
       
       Die amerikanische Skirennläuferin ist am Wochenende in St. Anton nach fast
       vierwöchiger Auszeit zurückgekehrt in den Weltcup, am Samstag Sechste in
       der Abfahrt geworden und gestern im Super-G Vierte. Resultate, die bei der
       Dominatorin der schnellen Disziplinen gewöhnlich keine große Begeisterung
       auslösen. Zwar lag Vonn beim Super-G zunächst in Führung, aber sie wusste,
       dass die Leistung wohl nicht reichen würde für den Sieg. Sie lächelte.
       
       Sie wog den Kopf hin und her, als ob sie sagen wollte: Na ja, ganz okay,
       aber nichts Großartiges. Das war die Leistung von Tina Maze, der Erfolg vor
       der Österreicherin Anna Fenniger und Fabienne Suter aus der Schweiz. Die
       Slowenin ist nun die sechste Skirennläuferin nach Petra Kronberger,
       Pernilla Wiberg, Anja Pärson, Janica Kostelic und Lindsey Vonn, die Siege
       in allen fünf Disziplinen schaffte.
       
       Am Samstag reagierte Vonn sehr ähnlich. Maria Höfl-Riesch vermutete nach
       der Abfahrt allerdings, dass die Kollegin wohl nicht ganz zufrieden sein
       werde. „Ihr fehlt aber noch die Zeit auf Ski, deshalb ist es ein
       ordentliches Comeback“, findet die Deutsche, die ihre eigene Leistung nicht
       so gut fand. Dem enttäuschenden 19. Platz in der Abfahrt folgte ein fünfter
       im Super-G.
       
       ## Abreibung im Schnee
       
       Kaum schnallte Lindsey Vonn am Wochenende die Ski ab, war sie wieder
       Lindsey Vonn, das perfekte Showgirl. Nach der Abfahrt eilte sie zu ihrer
       Teamkollegin Alice McKennis, drückte und herzte die Führende, weil sie
       schon ahnte, dass wohl keine mehr schneller sein würde. Später bekam die
       Überraschungssiegerin noch eine Abreibung von der berühmten Landsfrau im
       Schnee. Ausgelassen feierte das amerikanische Team den Premierenerfolg,
       mittendrin Vonn.
       
       Sie schien am Samstag nur deshalb die kleine amerikanische Schneeparty zu
       verlassen, um der Skiwelt mitzuteilen, wie gut es ihr geht. Mitte Dezember
       war sie ausgestiegen aus dem Weltcup, nachdem sie in Val d’Isere in der
       Abfahrt gestürzt war. Die Kraft fehle nach der Darminfektion im November,
       hatte Vonn erklärt. Aber die Pause gab trotzdem Rätsel auf, weil eben kurz
       davor das vielbeachtete Interview veröffentlicht worden war, in dem Vonn
       über ihre psychischen Probleme gesprochen hatte.
       
       Daheim in Colorada arbeitete Vonn an ihrer Kondition. Anfang Januar kehrte
       sie nach Europa zurück und bereitete sich auf einem Übungshang in
       Hinterreit im Salzburger Land auf ihr Comeback vor. In St. Anton war ihr
       Umfeld mehr darum bemüht, sie zu schützen, als sie selbst. Der Sprecher des
       amerikanischen Verbandes zog sie stets schnell von den Journalisten weg.
       Nach dem Training am Donnerstag durfte sie 1:15 Minuten reden, am Samstag
       bekam die Olympiasiegerin neben ein paar Fernsehinterviews etwas mehr als
       zwei Minuten Zeit, und am Sonntag waren es rund drei Minuten, aber nur,
       weil sich Lindsey Vonn der Rückzugsaufforderung des Sprechers entzog.
       
       Immer wieder betonte sie, wie „extrem glücklich“ sie sei. Weil sie zurück
       ist im Weltcup und in der amerikanischen Mannschaft. Weil am Samstag eine
       Landsfrau gewonnen hat. Sie freute sich über „zwei solide Leistungen“ und
       versprach, dass es in Cortina d’Ampezzo am kommenden Wochenende „sicher
       besser“ wird. Ihre Reden klangen auswendig gelernt, sie leierte die Sätze
       herunter. „Ich fühle mich großartig“, sagte die 28-Jährige. Aber es gibt
       vermutlich nicht viele Menschen, die das beurteilen können. Nur einmal gab
       sie ausführlich Auskunft, in einem lange vereinbarten Interview der Neuen
       Zürcher Zeitung. Aber niemand weiß, ob es auch ein ehrliches war.
       
       13 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Elisabeth Schlammerl
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ski Alpin
 (DIR) Ski Alpin
 (DIR) Schladming
 (DIR) Ski Alpin
 (DIR) Ski Alpin
 (DIR) Ski Alpin
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Ski Alpin: All American Girl
       
       Lindsay Vonn kehrt in Lake Louise zurück in den Skizirkus. Dort wird die
       US-Amerikanerin dringend gebraucht – aus Marketinggründen.
       
 (DIR) Ski-WM der Geschäfte: Das Silber der Alpen
       
       In Schladming herrscht geschäftiges Treiben. Fragen nach den Kosten des
       alpinen Events gehen im patriotischen Taumel unter.
       
 (DIR) Tiroler Fotograf über die Alpine Ski-WM: „Die Herrschaft der Mittelmäßigkeit“
       
       Fotograf Lois Hechenblaikner über die Verunstaltung der Berge, „alpine
       Metastasen“ im WM-Ort Schladming und Anfeindungen von seinen Landsleuten.
       
 (DIR) Ski-Abfahrtstrecke „Streif“: The Risky Horror Picture Show
       
       85 Prozent Gefälle, 70-Meter-Sprünge: Die legendäre Abfahrtspiste von
       Kitzbühel fasziniert gerade wegen der vielen kapitalen Stürze.
       
 (DIR) Saisonauftakt Ski Alpin: Bisschen mau
       
       Beim Weltcup macht Maria Höfl-Riesch vor allem durch ihr Outfit von sich
       reden – und ihre Konkurrentin Lindsay Vonn, weil sie mit Männern Schuss
       fahren will.