# taz.de -- Gerüchte um russische Fußball-Profis: Schwule Fußballer sind nicht schwul
       
       > Zwei russische Nationalspieler posten Fotos, die suggerieren, sie seien
       > ein Paar. Nach Beschimpfungen heißt es nun: Alles war nur ein
       > Urlaubsspaß.
       
 (IMG) Bild: Konzentriert sich auf sein Sportgerät: Alexsandr Kokorin (links).
       
       MOSKAU taz | Nein, sie sind kein Paar. Aleksandr Kokorin, Stürmer in
       Diensten von Dynamo Moskau und eines der größten Talente des russischen
       Fußballs, hat klargestellt, dass er und Pawel Mamajew, Verteidiger von ZSKA
       Moskau, [1][nicht schwul] und in diesem Sinne auch nicht zusammen sind.
       [2][Urlaubsbilder] aus den USA, auf denen sich die beiden als liebendes
       Paar inszeniert haben und die auf dem Sportportal [3][sport.ru]
       veröffentlicht wurden, haben weltweit für Aufregung gesorgt.
       
       Die einen haben vom mutigen Outing eines Fußballerpaars gesprochen, andere
       von Beginn an Zweifel an der Männerliebe gehegt. Letzteren hat Kokorin nun
       in einem Interview mit der Sportzeitung Sowjetskij Sport recht gegeben.
       Ihre Freundinnen hätten die Bilder geschossen, meinte er und zum engen
       Verhältnis zu Mamajew: „Er ist für mich wie ein Bruder.“
       
       Nachdem die Kicker um die Jahreswende die scheinbar eindeutigen Fotos ihres
       gemeinsamen Urlaubs in Miami im Netz selbst veröffentlicht hatten – ein
       Bild zeigt einen stürmischen Kuss von Kokorin auf die Wange von Mamajew –,
       wollte die Diskussion in Russlands Internet-Foren über die beiden Stars
       nicht mehr abbrechen. In ihrer Mehrzahl sind die Kommentare missbilligend
       und beleidigend.
       
       Immer wieder fällt der Begriff „Pediki“, der Kinderschänder und
       Homosexuelle in einen Topf wirft. Für den Moskauer Blogger Luka Schuwalow
       steht das Verhalten der beiden für den fortschreitenden Zerfall der Gattung
       Homo Sapiens. „Und ich dachte immer, in unserem Fußball spielen nur
       Männer“, kommentiert User Farchard Belastennij.
       
       ## „Wohin driftet unsere Welt ab“
       
       Sabina aus Kasan versteht die Welt nicht mehr: „Wohin nur driftet unsere
       Welt ab. Ich versteh das nicht.“ Und Artjem Ostapenko hat es schon immer
       gewusst: „Seht euch Kokorin doch an. Sieht er nicht schon aus wie ein
       Schwuler?“ „Wie ein wildes Tier ist ein schwuler Fußballer“, meint ein
       anderer. Wohlmeinende Postings sind selten. Immerhin ein User empfiehlt
       eine Reise nach Schweden: Das sei das nächstgelegene Land, in dem Schwule
       heiraten könnten.
       
       Doch von Anfang an gab es auch Zweifel. Von einer gezielten Provokation der
       beiden jungen Männer (21 und 24) war die Rede. Mit ihren Fotos aus Miami
       ist beiden Sportlern, die den ganz großen Sprung an die Spitze des
       russischen Fußballs noch nicht geschafft haben, etwas gelungen, wovon ihre
       Kollegen nur träumen: sie waren zwei Wochen lang Gesprächsthema Nummer eins
       im russischen Fußball.
       
       Es wurde wild spekuliert. Manch einer vermutete in den Bildern eine
       dezidierte Kritik am Verhalten eines Teils der Fans des russischen Meisters
       Zenit St. Petersburg. Die hatten einen Aufruf verfasst, in dem sie den Klub
       aufgefordert haben, keine schwarzen oder schwulen Fußballer zu
       verpflichten.
       
       Es passte nur allzu gut ins Bild, dass über einen Transfer von Kokorin nach
       St. Petersburg spekuliert wurde. Auch diesem Gerücht widersprach Kokorin
       nun. Auf der ersten Pressekonferenz nach der Winterpause meinte er, dass er
       bei Dynamo bleiben wolle.
       
       Russlands Schwulen- und Lesben-Szene beobachtete den Fall Kokorin-Mamajew
       mit Interesse. „Ich will mich nicht dazu äußern, ob zwischen den beiden
       Fußballern mehr läuft als nur einfach eine Freundschaft“, erklärte Igor
       Jasin vom „Marsch für Gleichberechtigung“ gegenüber der taz. „Doch
       interessant an der Sache ist, was anschließend im Internet und den Medien
       abgelaufen ist. Das ist zwar nicht nur hoffnungslos. Doch es war zu sehen,
       wie stark die Homophobie im russischen Sport und in Russland überhaupt
       ist.“
       
       16 Jan 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.sovsport.ru/gazeta/article-item/581422
 (DIR) [2] http://www.sports.ru/tribuna/blogs/socialfootball/403100.html
 (DIR) [3] http://sport.ru
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Clasen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwul
 (DIR) EMtaz Meinung
 (DIR) Homophobie
 (DIR) AC Mailand
 (DIR) Homosexualität
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) EMtaz: Kolumne Queering Soccer: Spielermänner? Gibt es einfach nicht
       
       Was für eine Nerverei: Schon wieder schwule Sachen, jetzt auch noch zur EM.
       Aber ja doch: Was sein muss, muss sein.
       
 (DIR) Homophobie im Fußball: Urteil gegen Diskriminierung
       
       Fußballvereine sind Arbeitgeber. Als solche müssen sie den Normen der
       Gleichbehandlung genügen, entschied der Europäische Gerichtshof gegen eine
       homphobe Clubgröße.
       
 (DIR) Abwechslungsreiche Fußball-Winterpause: Die Farbe des Herzens
       
       Fußballfreie Zeit? Von wegen. In den Hauptrollen: Kevin-Prince Boateng,
       Marko Marin, Mario Balotelli, West Ham United und zwei kuschelnde russische
       Kicker.
       
 (DIR) Schwuler Fußballer Justin Fashanu: „Er lebt in mir“
       
       Der schwule Fußballprofi Justin Fashanu nahm sich 1998 das Leben. Seine
       Nichte Amal pflegt sein Vermächtnis und will andere Fußballer zum Outing
       ermutigen.
       
 (DIR) Spielerinnen über Frauenfußball: „Lesbische Spielerinnen sind besser“
       
       Die Jordanierin Mis'da Ramounieh und die Südafrikanerin Marcia Diketwane
       sind Fußballerinnen. Ein Gespräch über Frauen und Fußball, den Hidschab und
       Homosexualität.
       
 (DIR) Faninitiative gegen Homophobie: Das verbesserte Kurvenklima
       
       Die Initiative „Fußballfans gegen Homophobie“ will bald mehr anbieten als
       ein buntes Banner. Man will sich professionalisieren.