# taz.de -- „Westfälische Rundschau“: Zensur in eigener Sache
       
       > Hunderte demonstrieren gegen die Redaktionsabwicklung der „Westfälischen
       > Rundschau“. Die Leser der betroffenen Zeitung erfahren davon nichts.
       
 (IMG) Bild: Die Überschriften in der „Westfälischen“ sind hoffentlich kreativer als die Protestplakate …
       
       KÖLN taz | Eine Redaktion wird abgewickelt, aber die Leser sollen es nicht
       mitbekommen. Wer sich am Wochenende auf den Internetseiten der
       Westfälischen Rundschau (WR) umschaute, konnte dort allerlei mehr oder
       weniger Interessantes finden – nur nichts in eigener Sache. Keine Silbe
       über die Demonstration, die am Samstag für den Erhalt des traditionsreichen
       Blattes durch Dortmund zog. Die WAZ-Gruppe will nicht, dass in ihren
       Zeitungen kritisch über die geplanten „Umstrukturierungen“ berichtet wird.
       
       Am vergangenen Dienstag hatte die WAZ-Geschäftsführung bekannt gegeben,
       dass sie künftig keinen Bedarf mehr an einer eigenständigen WR-Redaktion
       hat und das Blatt ab Februar lieber mit Fremdinhalten füllen lässt. 120
       WR-Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz. Hinzu kommen rund 150 freie
       Journalisten, die die WR als Auftraggeber verlieren werden.
       
       Der Protest dagegen ist groß. „Eine Zeitung ohne Redaktion ist keine
       Zeitung!", empörte sich nicht nur der nordrhein-westfälische
       DGB-Vorsitzende Andreas Meyer-Lauber. In den Zeitungen des WAZ-Konzerns
       erfährt man davon jedoch nichts. Wie es heißt, sollen extra vom Verlag
       abgestellte Kontrolleure darüber wachen, dass nichts Unbotmäßiges
       erscheint. Selbst fertig gebaute Seiten sollen in den Mülleimer wandern.
       
       In einer Mail gab der stellvertretende WR-Chefredakteur Lars Reckermann am
       vergangenen Donnerstag die Anweisung, dass „aus übergeordnetem Interesse“,
       aber auch „mit Blick auf Verhandlungen, die zumindest noch einigen Kollegen
       die Möglichkeit geben könnten, weiterzuarbeiten“, im Lokalen
       „Berichterstattungen die WR betreffend nicht stattfinden“ dürften. In der
       Redaktion herrsche ein Klima der Angst und Verunsicherung, berichtet ein
       Insider.
       
       ## DGB sieht Zensur
       
       Entsprechend der Direktiven von oben berichteten weder die WR noch die
       anderen Blätter der WAZ-Gruppe über Pressekonferenzen zur geplanten
       WR-Abwicklung, die der DGB in mehren Städten veranstaltete. Als „Zensur“
       bezeichnete der DGB die Nichtberichterstattung: „Wenn die neue Ausrichtung
       in der WAZ darin besteht, statt informierendem Journalismus Maulkörbe zu
       verteilen, steht nicht nur die Anzahl der Redaktionen auf dem Spiel“,
       kritisierten die Vorsitzenden der DGB-Regionen Dortmund-Hellweg und
       Ruhr-Mark, Jutta Reiter und Jochen Marquardt, in einer gemeinsamen
       Erklärung.
       
       In seinem Schreiben an die Lokalredaktionen hatte WR-Vizechef Reckermann
       versprochen, dass in der Freitagsausgabe wenigstens im überregionalen
       Mantel Stellungnahmen zum geplanten Redaktionsabbau abgedruckt würden.
       Unter der Überschrift „Hohe Anteilnahme an Redaktions-Schließung“ sollten
       die empörten Reaktionen von Bürgermeistern, Landtags- und
       Bundestagsabgeordneten sowie von NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider
       eigentlich auf Seite 3 erscheinen.
       
       Doch zu sehen bekamen sie nur jene wenigen Leser, die die WR per Post
       zugeschickt bekommen. In allen anderen Ausgaben mit einem späteren
       Drucktermin war die Seite kurzerhand ausgetauscht worden. Die
       Verlagsführung soll die „Unausgewogenheit“ von Meinungen moniert haben.
       
       Entsprechend der Zensurlinie des Hauses unerwähnt bleibt auch ein Offener
       Brief, den der WR-Betriebrat an die WAZ-Geschäftsführung geschrieben hat.
       Darin fordert die Arbeitnehmervertretung, die angekündigte Schließung der
       WR-Redaktion wieder rückgängig zu machen. Der Betriebsrat bezweifelt die
       vom WAZ-Konzern angegebenen Verlustzahlen und glaubt, „dass politische
       Hintergründe zu dieser falschen und katastrophalen Entscheidung geführt
       haben“.
       
       An der von den Journalistengewerkschaften dju und DJV organisierten
       Demonstration gegen den geplanten Kahlschlag bei der WR nahmen am Samstag
       in Dortmund laut Veranstalterangaben rund 1.200 Menschen teil, darunter
       auch NRW-Medienministerin Angelica Schwall-Düren. „Demokratie braucht vor
       allem im Lokalen Meinungsvielfalt, insofern ist die Schließung der
       WR-Redaktionen nicht nur eine unternehmerische Entscheidung“, appellierte
       sie an die gesellschaftliche Verantwortung der WAZ-Gruppe.
       
       20 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
 (DIR) Pascal Beucker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) WAZ
 (DIR) Demonstrationen
 (DIR) Zensur
 (DIR) Schwerpunkt Zeitungskrise
 (DIR) WAZ
 (DIR) WAZ
 (DIR) WAZ
 (DIR) Zeitungssterben
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Schleichwerbe-Verdacht: Konkrete Empfehlungen
       
       In den Frauenzeitschriften der WAZ-Gruppe werden auffällig häufig Produkte
       erwähnt, deren Hersteller auch bezahlte Anzeigen schalten.
       
 (DIR) Stellenstreichungen im Ex-WAZ-Konzern: Das ist kein Liebeslied
       
       200 Stellen will die Funke-Mediengruppe streichen. Die Zahl der Redakteure
       hat sich bei einigen Titeln damit seit 2009 halbiert.
       
 (DIR) Schließung der „WR“-Redaktion: Proteste in Dortmund
       
       Rund 1.000 Menschen demonstrieren in Dortmund gegen die Schließung der
       Redaktion der Westfälischen Rundschau. 120 Mitarbeiter sollen ihren Job
       verlieren.
       
 (DIR) „Westfälische Rundschau“: Noch ein Trauerfall
       
       Der WAZ-Konzern schließt die Redaktion der „Westfälischen Rundschau“, rund
       120 Mitarbeiter sind betroffen. Die Tageszeitung soll aber weiterhin
       erscheinen.