# taz.de -- Überwachung auf Demos: Senat forciert Vermummung
       
       > Rot-Schwarz will der Polizei das uneingeschränkte Filmen von Demos
       > ermöglichen. Die Opposition kritisiert das als Eingriff in die
       > Versammlungsfreiheit.
       
 (IMG) Bild: So stellt also sich der Demonstrant die spähbegierige Polizei vor.
       
       Die Polizei soll in Berlin schon bald Demonstrationen filmen dürfen, ohne
       dass es hierfür einen konkreten Anlass gibt. Kritik an einem entsprechenden
       Gesetzentwurf von Innensenator Frank Henkel (CDU) kommt von den
       Oppositionsfraktionen im Abgeordnetenhaus. Sie denken im Gegenzug über
       Lockerungen des Vermummungsverbots nach. „Wir wollen ein liberaleres
       Versammlungsrecht und nicht, wie der Senat, mehr Überwachung“, sagte der
       Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux der taz.
       
       Am Mittwoch soll der Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses über den
       Gesetzentwurf beraten. Der erlaubt der Polizei, Versammlungen und Aufzüge
       per Kamera aufzunehmen, um den eigenen Einsatz zu koordinieren. Dies war
       zwar schon in der Vergangenheit wiederholt geschehen, im vergangenen Jahr
       aber kassierte die Polizei dafür eine Rüge des Verwaltungsgerichts. Unter
       anderem seien Aufnahmen der „Freiheit statt Angst“-Demonstrationen 2009 und
       2010 ohne rechtliche Grundlage erfolgt.
       
       Solch eine Grundlage wollen SPD und CDU nun schaffen, wie im
       Koalitionsvertrag vorgesehen. „Ich kann die Bedenken nachvollziehen“, sagte
       der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Thomas Kleineidam, zur
       Kritik, die auch von außerparlamentarischen Gruppen wie der Humanistischen
       Union und dem Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein kommt. Da das
       Gesetz aber die Speicherung der Aufnahmen ausdrücklich verbiete, sei es
       unproblematisch. „Die Einsatzleitung der Polizei hat durch dieses
       Instrument einen guten Überblick, was vor Ort passiert“, begründete
       Kleineidam die Notwendigkeit der Regelung.
       
       Dem widersprach der Grüne Lux: „Die Polizei kann sich per Funk mit ihren
       mobilen Beamten auf Motorrädern und Fahrrädern verständigen, das muss
       reichen.“ Andernfalls sei nicht ausgeschlossen, dass die Polizei mit ihren
       Kameras Personen individuell identifiziert. Das aber darf sie nicht, außer,
       es besteht ein konkreter Anlass, etwa Gewalttaten in der Versammlung.
       
       Es sei zu beobachten, dass immer mehr Teilnehmer von Demonstrationen zu
       Verkleidung oder Vermummung griffen, um nicht grundlos von der Polizei
       gefilmt zu werden, sagte Lux. Deshalb sei es überlegenswert, das
       Vermummungsverbot zu lockern. „Derzeit hat die Polizei keine Wahl und muss
       bei Vermummungen eingreifen.“ Eine Kann-Regelung sei aber viel flexibler.
       „Dann kann die Polizei konkret auf gewalttätige Vermummte reagieren,
       anstatt alle immer unter Generalverdacht zu stellen.“
       
       Zustimmung kam von Pirat Oliver Höfinghoff: „Das wäre ein sinnvoller Weg,
       um die Sorgen der Leute ernst zu nehmen.“ Der rot-schwarze Gesetzentwurf
       sei ein massiver Eingriff in die Versammlungsfreiheit, der Menschen davon
       abhalten könne, zu Demonstrationen zu gehen. Innensenator Henkel wolle das
       Gesetz noch schnell vor dem anstehenden 1. Mai durchdrücken, obwohl
       wesentliche Passagen einer fachlichen wie juristischen Überprüfung
       bedürften. So ist im Gesetztext die Rede davon, dass die Polizei filmen
       dürfe, „wenn dies wegen der Größe oder Unübersichtlichkeit der Versammlung
       oder des Aufzugs im Einzelfall zur Lenkung und Leitung des Polizeieinsatzes
       erforderlich ist“. Höfinghoff kritisierte, dass die „Begriffe ’Größe‘ und
       ’Unübersichtlichkeit‘ geradezu einladen, das Recht sehr weit auszudehnen“.
       
       21 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Puschner
       
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