# taz.de -- Empörte Opferverbände: Blumenthal feiert Groß-Bremen
       
       > Blumenthal will die Eingemeindung zu Bremen während der Nazizeit auf
       > einem ehemaligen KZ-Gelände feiern.
       
 (IMG) Bild: Gedenkstein auf Bahrsplate: Auf ehemaligem KZ-Gelände soll die NS-Eingemeindung gefeiert werden-
       
       Selten wurde auf die Planung einer Feier in Bremen so harsch reagiert:
       Blumenthal will 2014 ein Jubiläum begehen und beantragt dafür einen Etat
       beim Kultursenator. Als „schlichtweg neben der Spur“ bezeichnet das die
       Linksfraktionschefin Kristina Vogt. Die Grüne-Abgeordnete Maike Schäfer aus
       Bremen Nord nennt es einen „schwer erträglichen und zutiefst beschämenden
       Vorschlag“. Was ist der Grund für die Empörung?
       
       Nun: Feiern wollen die Beiratsfraktionen von SPD und CDU, dass Blumenthal
       seit 75 Jahren Teil Bremens ist. Nur: Diese Eingemeindung verantworteten
       die Nationalsozialisten, Adolf Hitler unterschrieb die „Vierte Verordnung
       über den Neuaufbau des Reichs“ im September 1939. In der ging es auch um
       Vegesack und Burglesum. Aber nur dem Blumenthaler Beirat ist das 250.000
       Euro wert – in eine „Beachparty“, einen „Festakt“ und ein „Fest für
       Jedermann auf der Bahrsplate“, so zählt der Antrag auf, soll das Geld
       investiert werden. Ausgerechnet auf der heutigen Grünfläche der Bahrsplate.
       Dort befand sich erst ein Kriegsgefangenenlager und, von 1944 bis 1945, ein
       Außenlager des KZ-Neuengamme. Bekannt sind die Namen von 134 Häftlingen,
       die an Entkräftung starben oder hingerichtet wurden.
       
       „Kein Anlass zu feiern“, sagt Raimund Gaebelein, Landesvorsitzender der
       Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschistinnen und
       Antifaschisten (VVN). Er könne die Eingemeindung nur unter dem
       Gesichtspunkt betrachten, was sich ein paar Jahre später dort ereignet
       habe: „Es diente im Grunde der Kriegswirtschaft, die Industrieproduktion
       sollte nicht von irgendwelchen Gemeindegrenzen behindert werden.“
       Blumenthal gehörte wie Vegesack und Burglesum zur preußischen Provinz
       Hannover. Bremens NSDAP-Bürgermeister Johann Heinrich Böhmcker wollte die
       Ausdehnung, wegen der Industrie- und Siedlungsgebiete.
       
       Die KZ-Häftlinge von der Bahrsplate mussten bei der Bremer Werft Deschimag
       U-Boot-Teile ausstanzen und vermutlich am Bunker Valentin mitbauen. Sie
       kamen aus Polen, der Sowjetunion und aus Belgien. Jedes Jahr kommen
       Angehörige zu dem Gedenkstein auf der Bahrsplate, der die Namen ihrer toten
       Verwandten trägt. „Erwarten Ortsamt und Beirat vielleicht auch noch, dass
       Angehörige an den Feiern zur Schaffung der Voraussetzungen für die
       Deportation ihrer Väter, Brüder und Onkel teilnehmen?“, fragt Gaebelein in
       einer Stellungnahme.
       
       Von dieser Kritik fühlen Ortsamt und Beirat sich missverstanden.
       „Böswillig“ sei etwa sei ein Artikel und Kommentar in der Norddeutschen,
       der die Kritik formuliert. Dieser verunglimpfe „einen harmlosen Plan“,
       heißt es auf der Webseite des Blumethaler Ortsamtes. Alex Schupp,
       stellvertretender Sprecher der SPD-Beiratsfraktion, erklärt:
       „Selbstverständlich werden bei diesen Veranstaltungen auch die Nutzung der
       Bahrsplate während des nur zwölf Jahre herrschenden Regimes des
       ’1000-jährigen Reiches‘ und die Nutzung nach 1945 Themen sein.“ Ein Grund
       dort nicht zu feiern sei das allerdings nicht. SPD-Mann Schupp versucht die
       Bürger zu beruhigen: „Es wird keine Verherrlichung etwaiger Nazi-Größen
       geben. Ebenso wenig wie der besonderen Umstände.“ Ähnlich hatte es auch
       Ortsamtsleiter Peter Nowack (SPD) in einem Brief formuliert. Ralf Schwarz,
       Sprecher der CDU-Beiratsfraktion, will sich nicht „in eine Ecke drängen
       lassen“. Die Pläne zur Eingemeindung seien schon 1921, zur Zeit der
       Weimarer Republik geschmiedet worden. Es sei kein Grund die Feier
       abzusagen, „nur weil es die Nazis eingeführt haben“. Sondern: das sei „von
       irgendwelchen Parteien polemisch herbeigezogen“.
       
       Ganz unvorbereitet trifft die Kritik den Beirat jedoch nicht: In der
       Begründung des Antrags an Kultursenator und Bürgermeister Jens Böhrnsen
       (SPD) heißt es gleich zu Beginn, gefeiert werden solle „allen Unkenrufen
       zum Trotz“.
       
       Böhrnsen sagte dazu: „Ich habe vor einiger Zeit ein Mahnmal auf der
       Bahrsplatte eingeweiht. Deshalb erscheint mir das für mich nicht der
       richtige Ort für ausgelassene Feiern ungetrübter Fröhlichkeit sein zu
       können.“
       
       22 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
       
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