# taz.de -- Wohnungsbauoffensive in Hamburg: Das Sozialwohnungsloch
       
       > In Hamburg wird nach Jahren der Stagnation wieder kräftig gebaut - auch
       > Sozialwohnungen. Trotzdem explodieren die Mieten weiter und geht immer
       > mehr preiswerter Wohnraum verloren.
       
 (IMG) Bild: Haus am Hamburger Mümmelmannsberg
       
       HAMBURG taz | „Wir können den Verlust der Sozialwohnungen nicht durch
       Neubauten neutralisieren – das ist unmöglich“, stöhnt Matthias Kock,
       Amtsleiter in Hamburgs Stadtentwicklungsbehörde. Gerade hat seine Chefin,
       Senatorin Jutta Blankau (SPD), mit stolzgeschwellter Brust bilanziert, dass
       Hamburg im Rahmen seiner Wohnungsbauoffensive 2012 wie auch schon 2011 den
       Neubau „von mehr als 2.000 Sozialwohnungen gefördert hat“, da muss ihr
       Spitzenmann auf Nachfrage Wasser in den Wein gießen.
       
       Obwohl die SPD-Regierung von Bürgermeister Olaf Scholz weit mehr Wohnungen
       mit Mietpreisbindung fördert, als es die CDU in den zehn Jahren davor getan
       hat, und durch Modernisierungszuschüsse im Bestand hunderte von
       Mietpreisbindungen vertraglich absichert, ist der Saldo negativ. „Wir haben
       2012 unter dem Strich 3.000 Sozialwohnungen verloren“, räumt Kock
       zähneknirschend ein.
       
       Zahlen, die der SPD-Senat ungern preisgibt, gewann Scholz 2011 die Wahlen
       doch vor allem mit dem Versprechen, den Wohnbau erheblich zu forcieren,
       preiswerten Wohnraum zu schaffen und so den angespannten Hamburger
       Wohnungsmarkt zu entspannen. Um das zu erreichen, schloss Blankau einen
       Pakt mit der Wohnungswirtschaft und verpflichtete die sieben Hamburger
       Bezirke auf ehrgeizige Neubauzahlen.
       
       Unablässig produziert die Senatsmaschinerie seitdem Erfolgszahlen: Die Zahl
       der Baugenehmigungen stieg 2012 auf 8.731 Wohneinheiten und damit rapide,
       die der tatsächlich fertiggestellten Wohnungen auch. Hamburgs städtischer
       Wohnungskonzern Saga / GWG hat nach Jahren erlahmter Bautätigkeit beim
       Neubau wieder Fahrt aufgenommen und die Förderung von Sozialwohnungen liegt
       weit über der Marke der Vorjahre. Die Mieten in der Hansestadt aber
       explodieren unverdrossen weiter, erreichen fast schon Münchner Niveau.
       Schon droht der im Herbst erscheinende neue Mietenspiegel die nächste
       Mietpreisspirale in Gang zu setzen. Dann werde, befürchtet Siegmund Chychla
       vom Mieterverein zu Hamburg, die Hansestadt die bayerische Metropole als
       Deutschlands teuerste Stadt zum Wohnen ablösen.
       
       Ein Paradoxon, das bei näherer Betrachtung gar keines ist. Denn in ihren
       Erfolgsbilanzen unterschlägt die Stadtentwicklungsbehörde gern die Abgänge:
       Werden für neue Wohnungen alte abgerissen, tauchen die in den offiziellen
       Statistiken nicht auf. Und auch dass derzeit massenhaft Sozialwohnungen aus
       der Mietpreisbindung laufen und fortan zu marktüblichen Konditionen
       vermietet werden können, wird gerne unterschlagen.
       
       „400.000 Hamburger Haushalte haben aufgrund ihres geringen Einkommens einen
       Anspruch auf geförderten Wohnraum, doch es gibt nur 100.000
       Sozialwohnungen. Allein 2013 laufen über 10.000 Wohnungen aus der
       Sozialbindung“, hat Heike Sudmann, Abgeordnete der Linkspartei
       nachgerechnet. Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger Jahre seien
       Wohnungsbauprogramme mit bis zu 20.000 Wohnungen aufgelegt worden, deren
       Sozialwohnungen jetzt aus der Bindung laufen, erklärt Amtsleiter Kock.
       
       Dazu kommt: während bei diesen Bauten Mietpreisbindungen von 40 Jahren
       keine Seltenheit waren, laufen die heute geförderten Sozialwohnungen meist
       schon nach 15 Jahren aus der Mietpreis- und Belegungsbindung, die
       garantiert, dass nur sozial schwächere Haushalte Zugriff auf die
       bezahlbaren Wohnungen haben.
       
       „Längere Bindungen kriegen wir nicht durch, da spielt die Bauwirtschaft
       nicht mit“, klagt Kock. Ralf Sommer, Vorstand der Wohnungsbaukreditanstalt,
       bestätigt das, wenn er sagt: „Wir brauchen Förderbedingungen, zu denen
       Investoren Ja sagen können.“ Zu längeren Laufzeiten aber sagen sie
       eindeutig nein.
       
       29 Jan 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
       ## TAGS
       
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 (DIR) Hamburg
       
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