# taz.de -- Yoko Ono's Sky-Piece-Performance: Theatralische Gefangennahme
       
       > Aus Anlass ihrer Einzelausstellung in der Schirn Kunsthalle performte
       > Yoko Ono ihr Sky-Piece-To-Jesus-Christ. keine Allegorie des Willens,
       > sondern eine der Unterwerfung.
       
 (IMG) Bild: Yoko Ono, Sky Piece to Jesus Christ, 2013. Aufgeführt am 13. Februar im ehemaligen Dominikanerkloster Frankfurt am Main.
       
       Was der Sinn des Ganzen sei, fasst Yoko Ono in einer Fragestunde vor
       achthundert Leuten in der evangelischen Aula eines früheren
       Dominikanerklosters in Frankfurt am Main so zusammen: Dass wir uns immer
       noch bemühen, die Musik zu spielen, auch wenn einiges uns daran hindert.
       Die Fesselung wäre dann also eine Allegorie des guten Willens zur schönen
       Form.
       
       Die esoterischen Wellen, die von Ono ausgehen, überdecken aber eine andere
       Geschichte. Sie lässt ein junges Orchester auftreten, das vertraute
       klassische Stücke spielt, ohne Dirigent. Die elf Musiker(innen) werden
       heimgesucht von sieben Ladies, die von Tischen, die mit Mullbinden bestückt
       sind, diese einzeln abfischen und mal bei dieser und mal bei jenem das
       weiße Gewebe vom Kopf her rollen, die Musiker(innen) verhüllen und
       schließlich ihre Instrumente auch, was zwischenzeitlich androgyne Effekte
       zeitigt.
       
       Die Frage, die lange im Raum steht, ist, wie diese Kollaboration von
       künstlerischer Praxis des Spiels, einerseits, und theatralischer
       Gefangennahme, andererseits, enden möge. Werden die Musiker zunächst falsch
       spielen, weil sie ihre Noten nicht mehr sehen, und dann noch falscher
       spielen, weil sie ihre Finger nicht mehr bewegen können?
       
       Das kleine Drama wird dialogisch gelöst. Man geht es vorsichtig an, lässt
       sie zunächst noch musizieren, im Takt und alles, dann lassen sie alle
       Klänge, bevor die Sache entgleist, rapide verstummen. Als geblendete,
       gebundene Schar von Spielern, werden sie am Ende, sehr biblisch wirkt das,
       von der Bühne geführt, und die Meisterin Ono ist hier als Begleiterin zur
       Stelle, um ihre alle anderen als bösen Absichten auszustellen.
       
       Man merkt sehr deutlich, dass dies einer gedachten Kunstform entsprungen
       ist und zur Verfremdung im Konkreten führt, wenn das Konzept zur Aufführung
       gelangt. Ich musste an Joseph Beuys denken, dem jemand eine blutige Nase
       schlug, als er wie ein Sektenspinner ein Kreuz vor sich hertrug. Yoko Ono
       entzieht sich jeder Konfrontation, obwohl, wie sie bekennt, ihr
       Kindheitsbild von den Kriegern aus dem Schulbuch bestimmt ist, die sieben
       Hindernisse und acht Höllen durchlaufen, bevor sie jemandem überzeugend
       dienen können.
       
       ## Eine westliche Ikone?
       
       Das archaische Bild der Prüfung und Läuterung, das sie aus dem Kriegsjapan
       einst mitgebracht hatte ins „abstrakte“ New York, verkehrt sie hier – eine
       Volkspädagogin, die über ihre Sonnenbrille schielt -, in das
       zenbuddhistische Schema vom Leben im Augenblick, das jederzeit im Kleinen
       gefeiert wird, und doch offen bleibt hin zur großen Form.
       
       Diese Orchesterperformance – der Titel, „Sky Piece to Jesus Christ“, verrät
       eine heute kaum mehr deutliche, ursprüngliche Ambition – mit Mitgliedern
       der Jungen Deutschen Philharmonie in Frankfurt verweist, ganz anders als
       sie selbst es nahelegt, auf ein Schweigegebot, auf lähmende Mächte. Es ist
       keine Allegorie des Willens, sondern eine der Unterwerfung, wenn auch als
       Protest. Die sanfte und verniedlichende Deutung des Geschehens bleibt wohl
       ihre japanische Erbschaft.
       
       Ob „Y.O.“ wirklich eine westliche Ikone geworden ist in dem Maß, wie das
       große Publikum in Ergebenheit und Ergebenheitsadressen annimmt, darf
       bezweifelt werden. Sie, erschreckend alterslos, antwortet unter der
       Gurumaske östlicher Weisheit.
       
       18 Feb 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulf Erdmann Ziegler
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Yoko Ono
 (DIR) Performance
 (DIR) Yoko Ono
 (DIR) Yoko Ono
 (DIR) Yoko Ono
 (DIR) Yoko Ono
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Retrospektive zu Yoko Ono: Gut, dass sie so weit gegangen ist
       
       Yoko Ono stiftete mit ihren Alben eine Verbindung zwischen Pop und
       konzeptueller Kunst. Lange bevor alle anderen darauf kamen – und lauter.
       
 (DIR) Yoko Ono-Konzert in Berlin: Groovy und charmant
       
       Zum 80. Geburtstag gab Yoko Ono ein umjubeltes Konzert in der Berliner
       Volksbühne. Stars von Peaches bis Rufus Wainwright waren zu Gast.
       
 (DIR) Yoko Ono Ausstellung in Frankfurt: Zart, schön und sinnlich
       
       Stell dir vor, du kannst eine aufregende Künstlerin wiederentdecken. Die
       Schirn widmet Yoko Ono zum 80. Geburtstag eine umfassende Retrospektive.
       
 (DIR) Yoko Ono wird 80: Eine funkelnde Stimme
       
       Sie sang nicht nur mit John Lennon: Yoko Onos musikalisches Werk von der
       europäischen Avantgarde über Pop zu New Wave.